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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist
Autoren: Lindsey Davis
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Hauseingängen herum, damit ihnen ja nichts von dem Spektakel entging.
    Inzwischen war ein deutlicher Brandgeruch wahrnehmbar. Mit wildem Aufschrei war Lenia wieder in der Wohnung verschwunden. »Meine Hochzeitsgeschenke! Mein Mann! Helft mir, sie rauszubringen!« Die Geschenke hatten ganz offensichtlich Vorrang.
    Ein Gutes hatte das Ganze: Sobald jemand »Feuer« schrie, kam die Gruppe Vigiles aus meiner neuen Wohnung gestürzt. Meine Helfer von der Vierten Kohorte wurden bald von dem exzellenten Petronius entdeckt und in Aktion gesetzt. Sie warfen sich sogleich ins Zeug. Einer rannte rüber ins Wachlokal, um die Gerätschaften zu holen, die anderen wurden in die Wäscherei geschickt, wo es einen Brunnen und genügend Eimer gab. Dann rannten Petro und ich hinüber, um zu sehen, was wir für das so roh unterbrochene Brautpaar tun konnten.
    Lenia rannte kopflos im Vorraum herum, die Arme voller Geschenke. Wir schoben sie ziemlich grob nach draußen, weil mit Feuer nicht zu spaßen ist; es konnte schlimmer enden, als ihr klar war. Im zweiten Raum erwartete uns ein mitleiderregender Anblick: Das Hochzeitsbett war samt der prächtigen, purpurfarbenen Decken halbwegs durch den Boden gekracht. Mein Vermieter, noch zerzauster als gewöhnlich, klammerte sich entsetzt an die eine Ecke. Er hatte Angst, auch nur einen Muskel zu bewegen, weil das Bett dadurch vollständig abrutschen und in die Bäckerei stürzen könnte. Dort wütete nämlich das Feuer, das ausgebrochen war, als Smaractus in seiner unkontrollierbaren Leidenschaft für Lenia seine Braut so heftig bearbeitet hatte, daß die Stützen unter dem Boden nachgegeben hatten. Eine Brautfackel war über den eingesunkenen Boden gerollt und durch das Loch auf das knochentrockene Holz des Bäckers gefallen.
    »Gute Götter, Smaractus, wer hätte gedacht, daß du ein so feuriger Liebhaber bist!«
    »Halt die Klappe und hol mich hier raus!«
    Unter uns hörten wir bereits splitterndes Krachen, als die Vigiles versuchten, in die Bäckerei einzudringen. Petro und ich schoben uns auf Smaractus zu, aber die Dielenbretter gaben gefährlich nach. Wir mußten bleiben, wo wir waren, und den leidgeprüften Bräutigam beruhigen, während wir auf Helfer mit geeigneten Gerätschaften warteten. Zuerst schien der Rauch nicht so schlimm, und wir waren nicht ernstlich besorgt. Ein Kissen rutschte langsam über das schräg hängende Bett, segelte hinab ins Feuer und zeigte uns anschaulich, was mit Smaractus passieren konnte. Er quiekte auf. Allmählich wurde er regelrecht geröstet. Petronius brüllte nach Helfern.
    Es gab eine Verzögerung. Statt das Feuer sofort zu löschen, ließen sich die Vigiles durch das dramatische Geschluchze einer untröstlichen Braut von ihren Pflichten ablenken. Ich will nicht behaupten, Lenia hätte sie bestochen, aber überwältigt von Gutmütigkeit (oder so was) kamen sie heraufgaloppiert und retteten die kostbaren Hochzeitsgeschenke. Als endlich noch mehr Helfer kamen und mit Wasser und Matten gegen das Feuer in Cassius’ Laden vorgingen, brannte er bereits lichterloh. Oben bei uns schrie Smaractus in den höchsten Tönen, als die Matratze, an die er sich klammerte, Feuer fing. In dem Moment begannen Petro und ich uns ernsthafte Sorgen zu machen.
    Zum Glück tauchte ein vernünftiger Zenturio auf, der weitere Männer mit Greifhaken, Äxten und Breithacken mitgebracht hatte. Unter uns schuf eine Gruppe Platz im Holzlager, obwohl dessen eine Seite inzwischen in Flammen stand. Bevor das Feuer sie zurückzwang, gelang es ihnen, den Stützbalken unter dem Bett wieder aufzurichten, dazu noch ein paar schnell herangeschleppte Pfähle, die Smaractus bis zu seiner Rettung sichern sollten. Die damit beauftragten Vigiles drängten sich jetzt endlich mit der nötigen Schnelligkeit an Petronius und mir vorbei. Sie schleuderten eine riesige Espartomatte zu ihm hinüber und befahlen Smaractus, sich draufzuwerfen. Gerade noch rechtzeitig gehorchte er. Sie zogen. Wir halfen. Wir hatten ihn in dem Moment aus der Gefahrenzone herausgeschafft, als die Flammen durch den Boden hochschossen und das Bett verschlangen. Mit einem Satz retteten wir uns in den Vorraum und hörten den Boden unter Feuergebrüll und einem gewaltigen Funkenregen endgültig zusammenkrachen.
    Die Flammen leckten an den Wänden hinauf. Smaractus war ohnmächtig geworden. Er wurde hochgehoben, als sei er leicht wie ein Blatt, und nach draußen gebracht. Eine Woge aus Feuer und Rauch raste durch das Gebäude.
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