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Glut der Gefuehle - Roman

Glut der Gefuehle - Roman

Titel: Glut der Gefuehle - Roman
Autoren: Jo Goodman Eva Malsch
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beobachtete, wie seine Mutter ihre Aufmerksamkeit auf die nächste Generation lenkte. Eigentlich müsste er Niles bedauern. Doch er wusste, Emma würde ihren Sohn vor der großmütterlichen Fürsorge retten.
    Und was Emma betraf – ihrer losen Zunge verdankte er den Wortschwall seiner Mutter, weshalb sie ihm ganz sicher nicht leid tat. »Da sich niemand für meine Version der Ereignisse im Drury Lane interessiert, würde ich gern wissen, wie du davon erfahren hast, Emma. Noch dazu in so kurzer Zeit! Ich bin eben erst aufgestanden.«
    Bereitwillig erklärte Emma, ihr Mann habe beim Frühstück davon erzählt. Während seines Morgenritts im Hyde Park war er Lord Hastings begegnet, der den Zwischenfall erwähnt hatte. Etwas später war Lady Rowena Douglass zu Besuch gekommen und hatte eine ähnliche
Geschichte zum Besten gegeben. »Wie den Kritiken zu entnehmen ist, muss Miss Parr sehr talentiert sein«, fügte Emma hinzu. »Findest du das auch, South?«
    »Allerdings.«
    »Wie gern würde ich sie sehen|...«, seufzte Emma. »Welsley hat versprochen, mit mir ins Drury Lane gehen. Aber weil du dort so viel Aufsehen erregt hast, meint er, damit müssten wir vorerst warten. Ausgerechnet jetzt, wo ganz London verrückt nach India Parr ist, muss ich mich gedulden, bis Gras über die Sache wächst!«
    South schwieg. Wenn der Oberst seinen Auftrag nicht widerrief, würden bald noch weit unerhörtere Klatschgeschichten kursieren.

Zweites Kapitel
    Fünf Tage später saß South erneut im Drury Lane. Hier hatte der grandiose Edmund Kean vor vier Jahren sein bejubeltes Debüt als Shylock gegeben – nun begeisterte sich das Publikum für India Parr. Sogar Kean selbst, der seine Kollegen niemals großzügig mit Lob bedachte, sprach in den höchsten Tönen von der Kunst der jungen Schauspielerin.
    Im Gegensatz zu der verehrten Sarah Siddons, die ein Vierteljahrhundert zuvor zum ersten Mal die Drury-Lane-Bühne betreten hatte, spezialisierte sich Miss Parr nicht auf tragische Rollen, obwohl sie solche Heldinnen hervorragend darstellte. Sie besaß gleichzeitig ein ganz besonderes komisches Talent.
    Bei dieser Aufführung war South nur ein Gesicht in der Menge, denn er saß nicht in Eastlyns Loge, sondern sechs Reihen von der Bühne entfernt. Unbehaglich zwängte er seine breiten Schultern zwischen eine verschwenderisch parfümierte Matrone zu seiner Linken und einen narzissengelb gekleideten Dandy zur Rechten. Dass er diese Unannehmlichkeiten ertrug, bewies seinen Respekt vor India Parrs Begabung.
    Mit Bedauern erinnerte er sich an seine Kritik, jene Vorstellung, die er in der Gesellschaft seiner Freunde gesehen hatte, sei nicht besonders amüsant gewesen. In Gedanken entschuldigte er sich erneut bei Miss Parr. Das
Stück des französischen Autors war in der Tat witzig, und das Publikum lachte freimütig über die anzüglichen Scherze.
    Am Ende der Aufführung stand Southerton wie alle anderen Zuschauer auf und applaudierte enthusiastisch. Anmutig knickste India Parr, einen Schritt vor dem übrigen Ensemble. Den Kopf gesenkt, nahm sie die Huldigungen fast demütig entgegen.
    Alle Herzen hatte sie erobert, und eine weitere Geste wäre überflüssig gewesen. Trotzdem trat sie näher an das Rampenlicht heran, klatschte dem Publikum Beifall, und das Haus tobte.
    Während die Schauspieler hinter den Kulissen verschwanden und die Leute das Theater verließen, setzte sich South an den Rand des Mittelgangs. Schließlich war er allein im Zuschauerraum. Die langen Beine ausgestreckt, wartete er eine halbe Stunde, bevor er Miss Parrs Garderobe aufsuchte.
    Inzwischen hatte sich die Verehrerschar kaum verringert. Da South seinen Gehrock in diesem Gedränge nicht beschädigen wollte, geduldete er sich erneut und lehnte sich im Flur an die Wand. Die Garderobiere, die vor wenigen Abenden die anderen Gentlemen so hilfsbereit fortgescheucht hatte, war anscheinend woanders beschäftigt oder hatte sich auf India Parrs Wunsch hin entfernt. Vielleicht genoss sie irgendwo ein Gläschen Gin. Wie South sich entsann, hatte sie bei der ersten Begegnung ganz schwach nach Alkohol gerochen. Was immer sie auch tun mochte, er begrüßte ihre Abwesenheit, da er nicht hoffen durfte, dass Mrs Garrety sein Anliegen unterstützen würde. Dafür bräuchte er eine jüngere Komplizin.
    Und so wartete er. Bald wurde seine Beharrlichkeit belohnt, denn ein etwa zwölfjähriger Junge rannte den Korridor
entlang, in jeder Hand ein Paar Stiefel. Vor seiner Brust hing ein
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