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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)
Autoren: Marcus Imbsweiler
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bleckte sich wie von selbst – vermutlich,
weil er mich für das Gegenteil von durchstrukturiert hielt, und das zu Recht. Oder
es lag an dem Thema, das er als Nächstes anschnitt. »Apropos«, grinste er. »Wir
haben noch nicht über die finanzielle Seite unseres Arrangements gesprochen.«
    »Weltklasse
aus der Region«, sagte ich. »So lautet mein Motto. Deshalb sind auch meine Honorare
Weltklasse.«
     
     
     
     

3
     
    Dass mein neuer Auftrag überall
und ausnahmslos auf Zustimmung stieß, hätte mich stutzig machen sollen. Mein Freund
Fatty etwa meinte, wenn das keine ruhige Kugel sei, die ich da zu schieben hätte,
dann wisse er auch nicht mehr – und er musste es wissen, sieht er doch selbst aus
wie eine Kugel, eine superruhige. Auch meine Kneipenkumpane nickten die Sache ab;
die einen, weil man da so viel an die frische Luft kam, die anderen, obwohl man so viel an die frische Luft kam. Sogar Christine, meine Ex, mit der ich unerklärlicherweise
wieder zusammenlebte, hatte nichts gegen die Harmlosigkeit des Auftrags einzuwenden,
und als sie erfuhr, dass Katinka Glück zwar jung, attraktiv, durchtrainiert und
intelligent (um nur einige der ihr nachgesagten Attribute zu verwenden), aber auch
verheiratet und zweifache Mutter war, hob sie endgültig den Daumen.
    »Sie ist
nicht jung«, widersprach ich. »Sie ist 33.«
    »Jünger
als ich.«
    »Die paar
Jährchen! Und seit wann sind Marathonläuferinnen attraktiv? Maximal 50 Kilo, keine
Brust, keinen Hintern, dünne Ärmchen … Moment, Christine, das waren deine eigenen
Worte, als wir mal zufälligerweise in eine Übertragung reinschalteten!«
    »Stehst
du etwa auf vollbusige Kanonenweiber?«
    »Nee.«
    »Na also.«
    Ich schwieg.
Keine Ahnung, worauf ich stand. Im Geist ging ich die mir bekannten Leichtathletikdisziplinen
durch, um sie nach ästhetischen Gesichtspunkten zu sortieren. Kugelstoßen und Diskuswurf
ins Kröpfchen, so viel stand fest. Sprinterinnen waren okay, Hürdensprinterinnen
noch besser, wegen der zusätzlichen Eleganz. Weitsprung? 400m-Lauf? Zehnkampf?
    »Ich weiß
nicht … Wie heißt noch mal das Ding mit der Stange?«
    »Staffellauf?«,
schlug Christine vor.
    »Mit der
Riesenstange.«
    »Stabhochsprung.«
    »Wie sehen
Stabhochspringerinnen aus? Gelenkig wahrscheinlich.«
    Christine
zuckte die Achseln. Katinka Glück hatte Familie, das genügte ihr. Ob sie in ihrer
Freizeit mit irgendwelchen Stäben hantierte, interessierte sie nicht.
    »Vielleicht
hat der olle Eichelscheid noch eine Stabhochspringerin im Angebot«, sagte ich. »Fragen
kann man ja.«
    Dazu gab
es jedoch vorerst keine Gelegenheit. Als ich an einem windigen Februarvormittag
zum ersten Mal vorm Haus der Glücks in Ziegelhausen eintraf, parkte da ein Smart
mit reichlich Werbeaufschriften, aber kein Gefährt, das zu dem gemütlichen älteren
Herrn mit dem Haarkranz gepasst hätte.
    Ich stieg
vom Rad und zog die Handschuhe aus. Der lange Anstieg vom Neckar hatte mich ins
Schwitzen gebracht. Wie von Eichelscheid und Harboth bereits angekündigt, war Katinkas
Haus das letzte einer von Schlaglöchern übersäten Straße, die in einer Wendeschleife
endete. Um das Gebäude lief ein schmaler Grünstreifen, gleich dahinter begann der
Wald. Die Häuser stammten allesamt aus den Sechziger- oder Siebzigerjahren, sie
waren weder besonders schön noch besonders groß, dafür ohne überflüssigen Firlefanz.
Zwei Stockwerke, ein Satteldach, hinten raus wahrscheinlich eine Terrasse, fertig.
Im Vorgarten waltete ein gewisses Laissez-faire-Prinzip, das sommerlichen Wildwuchs
vorausahnen ließ. Neben einem blattlosen Strauch lag ein umgekipptes rotes Bobby-Car.
    Bevor ich
läuten konnte, wurde die Tür geöffnet. Ich sah Katinkas ausgestreckte Hand und hörte
sie sagen: »Dr. Eichelscheid kommt nicht. Er hatte einen Unfall. Wir müssen uns
also ohne ihn beschnuppern.«
    Beschnuppern?
    So konnte
man es natürlich auch nennen. Schön, dass Katinka Glück auf das übliche Hallöchen-Blabla
verzichtete. Lieber gleich mitten rein in das Hier und Jetzt unserer Geschäftsbeziehung!
Auf zum Beschnuppern!
    Andererseits:
Woher wusste sie, dass es sich bei mir um ihren zukünftigen Aufpasser handelte?
Und nicht um den Stromableser? Sah man mir den Privatermittler an der Nase an?
    »Das Bobby-Car
auch«, sagte ich, ihre Hand schüttelnd. Und, als sie fragend blickte: »Einen Unfall,
meine ich. Wie geht es dem Herrn denn?«
    »Blechschaden.
Ihm ist nichts passiert. Duzen wir uns?«
    »Gern.«
    »Schön.
Dann
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