Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glücksregeln für den Alltag

Glücksregeln für den Alltag

Titel: Glücksregeln für den Alltag
Autoren: Howard C. Cutler Dalai Lama
Vom Netzwerk:
damit man bei seiner Arbeit ein größeres Gefühl von Autonomie oder Unabhängigkeit bekommt?“
    „Nicht auf Anhieb“, antwortete der Dalai Lama. „Natürlich wird das ganz und gar von den individuellen Umständen eines Menschen abhängen, von der Stellung, die er hat.“
    „Aber Sie haben keine allgemeinen Vorschläge dazu?“
    Er dachte einen Augenblick lang nach. „Nehmen wir zum Beispiel einen Gefangenen. Natürlich ist es besser, nicht im Gefängnis zu sein, aber selbst in dieser Situation, wo ein Mensch seiner Freiheit beraubt ist, entdeckt er möglicherweise, dass er trotzdem noch in der Lage ist, in bestimmten kleinen Dingen eine Wahl zu treffen. Und selbst wenn jemand im Gefängnis ist und dort sehr strenge Regeln herrschen, kann er bestimmte spirituelle Übungen praktizieren und versuchen, dadurch seine geistige Frustration zu lindern und einen gewissen inneren Frieden zu erreichen. Er arbeitet somit an seiner inneren Entwicklung. Und tatsächlich habe ich gehört, dass es hier in Indien ein Programm gibt, in dem Gefängnisinsassen Meditation gelehrt wird.
    Und so meine ich, wenn Menschen dies unter den extremen Bedingungen eines Gefängnisses tun können, sollten sie auch in der Lage sein, an ihrem Arbeitsplatz herauszufinden, wo sie, wenn auch geringfügige, eigene Entscheidungen über ihre Arbeitsweise treffen können. Natürlich ist nicht zu leugnen, dass jemand, der an einem Fließband arbeitet, wenig Möglichkeiten hat, seine Aufgaben abwechslungsreich zu gestalten. Aber er kann dennoch darüber entscheiden, welche Haltung er ganz allgemein einnimmt: wie er mit seinen Kollegen umgeht, ob er bestimmte seelische Eigenschaften oder geistige Stärken zum Einsatz bringt, um die Einstellung zu seiner Arbeit zu ändern - auch wenn das bei dieser Art von Arbeit nicht leicht sein mag. Meinen Sie nicht auch? Vielleicht könnte das hilfreich sein.
    Wenn von strengen Regeln und fehlender Freiheit die Rede ist, so heißt das nicht, dass man von Menschen verlangen darf, alles zu akzeptieren, was andere ihnen auftragen. In den Fällen, wo arbeitende Menschen ausgebeutet werden, wo der Arbeitgeber nur an seinen Profit denkt, zu geringe Löhne zahlt und überdies noch eine Menge Überstunden fordert, oder wo von einem Menschen verlangt wird, dass er unziemliche oder unmoralische Dinge tut, da sollte er nicht einfach denken: ,Nun denn, das ist eben mein Karma“ und sich passiv verhalten. Hier genügt es nicht zu denken: ,Ich sollte mich einfach damit abfinden.“
    Ich glaube, wenn man mit Ungerechtigkeit konfrontiert wird, dann ist Untätigkeit die falsche Reaktion. In den buddhistischen Schriften findet man die Ausdrücke ,falsche Toleranz’ oder auch ,falsche Nachsicht’. Im Fall der Tibeter, denen seitens der Chinesen Ungerechtigkeit geschieht, bedeutet falsche Geduld oder Nachsicht im Allgemeinen die Fähigkeit des Duldens, die manche Menschen haben, wenn sie in eine sehr destruktive, negative Tätigkeit eingebunden sind. Das ist eine falsche Nachsicht und Duldsamkeit. Und ähnlich ist es auch am Arbeitsplatz: Wenn hier viel Ungerechtigkeit und Ausbeutung herrscht, dann ist passive Toleranz die verkehrte Reaktion. Angemessen ist es dann vielmehr, aktiv Widerstand zu leisten und den Versuch zu machen, diese Umstände zu ändern, statt sie einfach zu akzeptieren. Dann sollte man etwas unternehmen.“
    „Was?“, fragte ich.
    „Natürlich hängt dies wiederum von der jeweiligen Situation ab“, erwiderte der Dalai Lama sachlich. „Aber vielleicht kann der Betreffende mit seinem Chef sprechen, mit der Firmenleitung und versuchen, diese Dinge zu ändern.“
    „Und wenn das nichts bringt?“
    „Dann sollte man sich auflehnen und rebellieren!“ Er lachte. „Das ist es, was ich im Allgemeinen in solchen Fällen rate. Man muss sich aktiv der Ausbeutung widersetzen. Und manchmal kommt man wohl nicht umhin, seinen Job zu kündigen und sich einen anderen zu suchen.“
    „Auch in der heutigen Welt gibt es immer noch Ausbeutung“, stimmte ich ihm zu. „Aber in vielen Fällen geht es gar nicht um krasse Ausbeutung. Es ist vielleicht eher so, dass der Job sehr anstrengend ist. Wenn die Konjunktur lahmt, sind die Unternehmen oft gezwungen, Ausgaben zu reduzieren und Arbeitnehmer zu entlassen. Dann müssen die Arbeitnehmer, die noch übrig sind, immer mehr Aufgaben übernehmen. Folglich wird die Arbeit für diejenigen aufreibender, die in den Unternehmen bleiben. Haben Sie einen Vorschlag, wie man mit einer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher