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Glückskekssommer: Roman (German Edition)

Glückskekssommer: Roman (German Edition)

Titel: Glückskekssommer: Roman (German Edition)
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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dass du Models suchst und eine Modenschau machst.«
    »Weil …« Mir wird heiß und kalt, weil ich schon wieder etwas ganz Wichtiges vergessen habe.
    »… ihr überhaupt keine Werbung dafür macht«, sagt Nelly.
    »Fataler Fehler, nicht wahr?«
    Die 14-Jährigen von heute sind verdammt clever. Wie konnte ich übersehen, dass wir unsere Modenschau auch anpreisen müssen? Ich komme mir uralt vor.
    »Ich helfe dir«, sagt Nelly und grinst verschmitzt, als sie aus dem Laden rauscht. Sie ist süß, aber wie das gehen soll, weiß ich auch nicht.
     
    *
     
    Einen Tag später weiß ich es.
    In unserer Werkstatt gibt es nämlich eine Invasion. Gegen 15 Uhr rottet sich plötzlich eine Horde Teenager vor der Werkstatt zusammen. Alle gucken durch die Scheibe in den Laden, wispern und tuscheln. Ich bin nicht sicher, ob ich mich fürchten oder einfach winken und grinsen soll.
    »Was machen die da?«, fragt Jola. Sie guckt auch ein bisschen ängstlich. Bestimmt hat sie auch die Schlagzeilen über Jugendgewalt in den deutschen Großstädten gelesen.
    »Keine Ahnung«, sage ich. »Aber sie sehen nicht gefährlich aus.«
    Es sind fast ausnahmslos Mädchen, die eher unsicher als aggressiv wirken.
    Nach ein paar Minuten wird das Rätsel aufgelöst. Die Türglocke geht und Nelly kommt herein. Mit ihr quillt der ganze Schwarm Quasselstrippen in die Werkstatt. Margret, die im Abstellraum war, schlägt fast lang hin vor Überraschung.
    »Was macht ihr denn hier, Kinder?«, fragt sie.
    »Wir wollen uns bewerben«, sagt Nelly und übernimmt selbstbewusst die Wortführung. »Für Rosas Modenschau.«
    Sie strahlt mich an und hinter ihr kichern, wispern und quietschen die ganzen süßen Teenager-Mädchen. Spontan falle ich Nelly um den Hals.
    »Das meint ihr nicht ernst, oder?«
    »Doch«, antwortet meine kleine Freundin. »Ich habe ihnen von deinen coolen Fummeln erzählt, und alle wollen mitmachen. Außerdem haben wir Flyer am Computer gemacht und ausgedruckt. Und die werden wir in den nächsten Tagen verteilen. Damit auch wer kommt, wenn wir modeln.«
    Mir bleibt der Mund offen stehen. »Ihr habt was?«
    Eine hübsche Brünette tritt vor. »Hier«, sagt sie und hält mir ein Bündel Papier hin. »Das sind meine.«
    Ich halte einen quietschbunten Zettel in den Händen, den ein Model auf dem Laufsteg schmückt – ›Kommt zu Rosas Modenschau‹, alles komplett mit Datum, Ort und Zeit. Es sieht cool aus und hat wahrscheinlich richtig Arbeit gemacht. Ich bin platt.
    »Ich habe ein Praktikum in einer Werbeagentur gemacht«, sagt die Brünette stolz.
    »Danke«, hauche ich.
    Ich habe schon wieder meine Not, die Tränen der Rührung zu unterdrücken. Eine nach der anderen überreichen sie mir ihre Flyer. Keiner gleicht dem anderen. Nur eines eint sie. Sie sind mit Ideenreichtum, Witz und dem einen oder anderen Rechtschreibfehler ausgestattet.
    »Und? Dürfen wir jetzt mitmachen?«, fragt Nelly.
    »Ihr dürft«, sage ich.
    Ein kollektiver Jubelschrei ist die Antwort.
    »Aber das ist eine ernste Sache«, sagt Margret durch den Lärm. »Ihr müsst zuverlässig und pünktlich sein und vorher ein paar Mal zum Anmessen kommen.«
    Ganz selbstverständlich übernimmt sie die Organisation der Anproben. Sie schreibt sich die Namen und Handynummern der Mädchen auf, außerdem wann sie Zeit haben und vorbeikommen können. Jola nimmt Maß. Ich schaue dem aufgeregten Treiben noch ein wenig ungläubig zu und überlege dabei, welches Mädchen welches Kleidungsstück tragen kann.
    Das sind meine Models! So langsam wird es real. Ich, Rosa Redlich, mache eine Modenschau mit einem kichernden Haufen Schülerinnen, vor einem Restaurant mitten im Wedding, mit 20 Sorten kunterbunter Flyer aus dem Computer und einem Laufsteg aus altem Bauholz.
    Ich bin verrückt!
    Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird es einfach nur schlecht oder es wird der Hammer. Zurück kann ich jetzt nicht mehr. Und das ist auch gut so!
     
    *
     
    Von diesem Tag an ist die Werkstatt ein Hühnerstall. Oder ein Taubenschlag. Die Tür geht den ganzen Tag auf und zu. Zu den Mädchen, die alle brav und pünktlich wie die Schweizer Uhren zur Anprobe kommen, gesellen sich neugierige Nachbarinnen und die Mütter der Kinder, die ungläubig fragen kommen, ob das denn alles der Wahrheit entspräche, was ihre Töchter zu Hause erzählen. So manch eine Frau setzt sich fest, quatscht eine Weile oder hilft beim Knöpfe annähen. Meist dauert es nicht lange, bis eine von uns rüber ins ›Schraders‹
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