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Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Titel: Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
Autoren: Elizabeth George
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der Leute hier.«
    »Und vor allem«, wiederholte Ian, »zeigt die Unterschrift aller Welt …«
    »Ganz genau«, sagte Kaveh gereizt. »Die Welt, Ian. Denk mal drüber nach. Und allen, die darin leben.«
    Vorsichtig stellte Ian sein Weinglas auf dem Tisch ab. Er sollte den Braten aufschneiden, das Gemüse anrichten, sich an den Tisch setzen und essen und es gut sein lassen. Nach dem Essen mit Kav nach oben gehen und sich im Bett austoben. Aber an diesem ganz besonderen Abend konnte er nicht anders, als seinem Lebensgefährten noch einmal zu sagen, was er ihm schon ein Dutzend Mal gesagt hatte, obwohl er sich geschworen hatte, das Thema ausgerechnet heute nicht zu erwähnen: »Du hast mich gebeten, mich zu meiner Homosexualität zu bekennen, und ich habe es getan. Für dich. Nicht für mich, denn für mich spielte es keine Rolle. Und was ich getan habe – für dich –, war für andere Leute genauso schlimm, als hätte ich ihnen einen Dolch ins Herz gestoßen. Mir war das egal, weil es das war, was du wolltest, und weil mir klar geworden war …«
    »Das weiß ich alles.«
    »Drei Jahre Heimlichtuerei ist genug, hast du gesagt. Du hast gesagt, heute Abend musst du dich entscheiden. Vor allen hast du das gesagt, Kav, und vor allen habe ich mich entschieden. Dann bin ich gegangen. Mit dir. Hast du überhaupt eine Ahnung …«
    »Natürlich habe ich eine Ahnung. Glaubst du, ich bin aus Stein? Ich habe eine Ahnung, verdammt. Aber wir reden nicht vom Zusammenleben, nicht wahr? Wir reden vom Heiraten . Und wir reden über meine Eltern .«
    »Die Leute gewöhnen sich an alles«, entgegnete Ian. »Das hast du mir doch gesagt.«
    »Die Leute, ja. Andere Leute. Sie gewöhnen sich an alles. Aber nicht meine Eltern. Wir haben das doch schon hundertmal durchgekaut. In meiner Kultur – in ihrer Kultur –«
    »Ihr gehört jetzt zu unserer Kultur. Ihr alle.«
    »So funktioniert das nicht. Man flüchtet nicht in ein fremdes Land, nimmt eine Wunderdroge und wacht am nächsten Morgen mit einem völlig neuen Wertesystem auf. So läuft das nicht. Und als einziger Sohn – als einziges Kind, Herrgott noch mal – habe ich … Verdammt, Ian, das weißt du doch alles. Warum bist du nicht mit dem zufrieden, was wir haben? Mit dem, wie es ist?«
    »Weil das, wie es ist, eine Lüge ist. Du bist nicht mein Mieter. Ich bin nicht dein Vermieter. Glaubst du im Ernst, dass sie uns das auf Dauer abkaufen?«
    »Sie kaufen mir alles ab, was ich ihnen sage. Ich lebe hier, sie leben dort. Das funktioniert, und es wird immer funktionieren. Alles andere würden sie nicht verstehen. Sie brauchen es nicht zu wissen.«
    »Warum nicht? Damit sie dir regelmäßig junge heiratsfähige Iranerinnen schicken können? Junge Frauen, die deine Eltern sofort zu Großeltern machen würden?«
    »Das wird nicht passieren.«
    »Es passiert doch bereits. Mit wie vielen haben sie dich schon zusammengebracht? Einem Dutzend? Mehr? Und wann wirst du einknicken und heiraten, weil du den Druck nicht mehr erträgst, weil dein Pflichtgefühl die Oberhand gewinnt? Und dann? Wie soll es dann weitergehen? Wirst du dann zwei Leben führen? Eins in Manchester mit ihr – wer auch immer sie sein wird – und den Kinderchen und eins mit mir und … Verdammt noch mal, sieh mich an.« Ian hätte den Tisch mit allem darauf umwerfen können. Etwas braute sich in ihm zusammen, er würde gleich explodieren. Er ging zur Tür. Er würde die Eingangshalle durchqueren und durch die Küche nach draußen gehen.
    »Wo willst du hin?«, fragte Kaveh scharf.
    »Raus. Zum See. Was weiß ich. Ich muss einfach raus.«
    »Komm schon, Ian. Jetzt sei doch nicht so. Was wir haben …«
    »Was wir haben, ist nichts.«
    »Das stimmt nicht. Komm her, dann zeig ich’s dir.«
    Aber Ian wusste, wohin das führen würde, nämlich dahin, wohin es immer führte, nur nicht zu der Veränderung, die er wollte. Er verließ das Haus, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    UNTERWEGS NACH BRYANBARROW – CUMBRIA
    Tim Cresswell fläzte sich auf dem Rücksitz des Volvo. Er versuchte nicht hinzuhören, als seine kleine Schwester ihre Mutter mal wieder anflehte, sie beide bei sich wohnen zu lassen. »Bitte, bitte, bitte, Mummy«, sagte sie. Sie versuchte, ihre Mutter davon zu überzeugen, dass ihr etwas fehlte, wenn sie ihre Kinder nicht ständig um sich hatte. Nicht dass irgendetwas, was Gracie sagte, oder die Art, wie sie es sagte, etwas bewirken würde. Niamh Cresswell hatte nicht die Absicht, ihre Kinder bei sich in
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