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Glashaus

Glashaus

Titel: Glashaus
Autoren: David Gray
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den klapprigen Dienst-Opel des Kriminaldauerdienstes auf dem für die Geschäftsleitung reservierten Parkplatz vorm Redaktionsgebäude der Abendzeitung.
    Ein Pförtner in der verglasten Eingangshalle, wies ihm den Weg zum dritten Stock, wo sich die Büros der Redakteure befanden.
    Er kannte Francesca Bellinis Bild von der täglichen Kolumne auf der Titelseite: Eine Brünette mit vollen Lippen, leicht schräg stehenden Augen, gerader Nase und festem, dennoch weiblichem Kinn, die bereits auf dem schlechten Zeitungsfoto so attraktiv wirkte, dass Boyle sich ein paar Mal gewundert hatte, wieso man sie nicht längst für irgendeine hirnlose TV Show gecastet hatte.
    Sollte Becker jemals erfahren, mit wem Boyle sich hier traf, würde das jeden Deal, den sie zusammen ausgehandelt hatten, kommentarlos zunichte machen. Trotzdem war es das Risiko wert.
    „ Boyle vom Kriminaldauerdienst.“
    „ Schon von Ihnen gehört. Was kann ich für Sie tun?“
    Bellini bot Boyle einen Platz an.
    „ Kaffee? Saft? Wasser?“
    Boyle schüttelte den Kopf.
    „ Danke. Ich will Sie nicht lange aufhalten.“
    Bellinis verschlossener Gesichtsausdruck brach auf.
    „ Sparen wir uns also die Floskeln. Falls Sie gekommen sind um mich für Ihre Bosse weichzuspülen – vergessen Sie es. In Euren Laden ist der Wurm drin. Und genauso werde ich es weiterhin in meiner Zeitung schreiben. Und was Freundschaft angeht – Danke der Nachfrage, aber damit bin ich ausreichend versorgt.“
    Boyles Lächeln blieb, wo es war. Er beschloss auf Bellinis Spielchen einzugehen.
    „ Schreiben Sie wegen mir, was Sie wollen, aber tun Sie es besser gleich. Könnte nämlich sonst sein, dass Sie die Sensation des Tages verpassen.“
    Bellini lehnte sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück.
    „ Sie verwöhnen mich ja geradezu, Kommissar Boyle.“
    „ Zeit dem Vorspiel ein Ende zu machen. Wie wär’s mit: Revierchef und Stellvertreter festgenommen? Ach und wo wir schon mal dabei sind: Hauptkommissar Boyle.“
    Neugier blitzte in Bellinis Augen auf.
    „ Welches Revier? Unter welcher Anschuldigung?“
    „ Das Fünfte. Mathias Färber und Stefan Saleki. Der Haftbefehl lautet auf Nötigung, Freiheitsberaubung und schwere Körperverletzung. Jeweils in mindestens vier Fällen. Becker lässt ihn in gerade beim Amtsgericht ausschreiben.“
    „ Erklären Sie mir das genauer, Boyle. Immer wieder tauchen Gerüchte über das Fünfte auf. Nichts geschieht. Wieso gerade jetzt? Will da irgendjemand sein mieses Image mit ein bisschen schnellem Aktionismus aufbessern oder ist es Ihnen etwa plötzlich wirklich ernst mit dem Großreinemachen?“
    „ Färber und Saleki haben seit Jahren Schutzgeld kassiert. Aber Sie und ich wissen, dass der Kuchen vor ein paar Monaten neu verteilt worden ist. Und irgendwem gefiel nicht, was er da sah. Also hat er Konsequenzen gezogen und uns einen kleinen Tipp gegeben.“
    Bellini blieb distanziert. Boyle setzte nach.
    „ Und, Bellini, erzählen sie mir jetzt bloß nicht, Sie wüssten nicht, WER dieser Mann ist.“
    Nichts, das sich in Bellinis Gesicht verändert hätte.
    „ Und wo, Hauptkommissar Boyle, findet das Ereignis des Tages statt?“
    Boyle warf einen Blick auf seine Uhr.
    „ Lassen Sie es mich mal so sagen: In zwei Stunden treten Saleki und Färber im Fünften ihre Schicht an.“
    Bellini griff nach dem Telefonhörer vor sich auf dem Tisch.
    „ Ach und dieses Gespräch…“
    „ Hat nie stattgefunden. Ich weiß.“

    Zwischen Siebziger–Jahre–Hochhäusern und unter unbarmherziger Spätsommerhitze, verdorrten Rasenstücken brütete der Flachbau des Fünften Reviers still vor sich hin. Boyle sah auf seine Uhr.
    Reichlich Zeit bis Beckers Leute auftauchten um Färber und Saleki zu verhaften.
    Er hatte den Opel hinter einer rachitischen Hecke auf dem Parkplatz eines der Hochhäuser abgestellt, von dem aus er den Eingang des Fünften einsehen konnte, ohne selbst dabei gesehen zu werden.
    Als gegen zwei vorm Eingang des Fünften dann tatsächlich die Handschellen klickten, steckte sich Boyle eine Zigarette an, machte ein paar tiefe Züge und ließ zu, dass sich der Knoten in seinem Bauch allmählich entspannte.
    In Salekis Blick stand der pure Hass als ein Kollege ihm in den unauffälligen Viertürer half. Sein Kumpel Färber schien einfach nur geschockt und fertig zu sein.
    Vielleicht mochten Färber und Saleki sich immer noch vormachen, dass Boyle früher oder später wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen neben ihnen auf der Anklagebank
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