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GK0196 - Die Spinnen-Königin

GK0196 - Die Spinnen-Königin

Titel: GK0196 - Die Spinnen-Königin
Autoren: Jason Dark
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übergezogen und ging auf den Steg zu, der das Land mit Madame Wus Hausboot verband.
    Der Steg führte in einer schrägen Ebene dem Boot entgegen. Er war an beiden Seiten von Eisengeländern eingerahmt, an denen man sich festhalten konnte, denn die Holzbohlen waren von der Nässe stellenweise glitschig geworden.
    Manners sah das Haus- oder Wohnboot. Es war ziemlich groß und erinnerte den jungen Ingenieur an einen alten Mississippi-Dampfer ohne Schaufelräder.
    Es gab ein großes Oberdeck, auf dem sich die Ausstellungsräume befanden. Früher hatten hier die Gäste des Vergnügungsdampfers ihre Tänzchen gewagt, doch heute waren die Räume zweckentfremdet worden. Genau wie das übrige Schiff.
    Chuck Manners blieb für einen Moment auf dem Deck stehen. Der Wind fuhr durch seine Haare und spielte mit dem Kragen seines Mantels. Chuck hörte Stimmen.
    Eine Frau lachte, und dann sagte ein Mann: »Komm, Elisa, laß es gut sein. Schließlich habe ich keinen Dukatenesel in der Ecke.«
    Ein Ehepaar kam die Treppe vom Niedergang hoch. Beide in den mittleren Jahren. Der Mann trug ein Paket unter dem Arm.
    Gerade drehte sich die Frau um und rief der hinter ihr auf den Stufen stehenden Madame Wu zu: »Das war bestimmt nicht unser letzter Besuch, Madame.«
    »Sollte mich freuen.«
    Chuck Manners fühlte, wie ihn die Stimme der Chinesin elektrisierte.
    Und dann sah er die Frau.
    Madame Wu!
    Rätselhaft, durchtrieben, geheimnisvoll!
    Sie trug einen engen roten Hosenanzug aus feinster Seide. Ihr pechschwarzes Haar hatte sie nach hinten gekämmt und im Nacken zu einem Knoten gebunden. Die Figur der Frau war schlank und biegsam wie eine Gerte. Deutlich zeichneten sich ihre straffen fraulichen Formen unter dem Stoff ab. Doch das Gesicht der Frau lösten bei ihm keine erotischen Gefühle aus.
    Das Gesicht war eine kalte, schöne Maske.
    Die glatte Haut wies kein einziges Fältchen auf. Sie schimmerte wie poliertes Marmor, und der Betrachter konnte den Eindruck haben, vor einer lebensgroßen Puppe zu stehen. Die hochstehenden Wangenknochen und die geschlitzten Augen verrieten die Herkunft der Frau. Ihr Alter war kaum zu schätzen. Madame Wu konnte sowohl zwanzig als auch vierzig Jahre zählen.
    »Einen Moment bitte, Mister Manners«, sagte sie mit ihrer kühlen, unpersönlich klingenden Stimme. »Ich bin gleich für Sie da.« Sie verabschiedete sich von den Kunden, geleitete sie bis zum Steg und wandte sich dann Chuck Manners zu.
    »Es freut mich, daß Sie gekommen sind, Mister Manners.«
    Chuck schluckte. Vor Aufregung knetete er seine Finger. »Sie - Sie erinnern sich noch an meinen Namen?«
    »Wer könnte ihn je vergessen. Ich weiß schließlich, weshalb Sie hier sind. Kommen Sie.«
    Chuck fühlte die Hand der Chinesin auf seiner Schulter, und obwohl er einen Mantel trug, drang eine unerklärliche Kälte bis auf seine Haut.
    Willenlos ließ er sich mitführen.
    Madame Wu ging mit ihm unter Deck. Hier hatten früher die Schlafkabinen der Gäste gelegen. Jetzt dienten die Räume als Lager.
    Trübe Glühbirnen unter der Decke gaben wenig Helligkeit. Chuck Manners hörte, wie die Wellen gegen die Bordwand klatschten. Es war ein monotones, einschläferndes Geräusch.
    »Aber Sie wissen doch gar nicht, was ich will«, sagte Chuck Manners. Er wollte stehenbleiben, denn plötzlich fürchtete er sich vor dieser Chinesin.
    Madame Wu schob ihn weiter. »Beruhigen Sie sich, Mister Manners. Ich weiß, daß Sie das Rätsel der Spinne lösen möchten.«
    »Und woher wissen Sie das?«
    »Werden Sie gleich sehen.«
    Madame Wu ging an dem Mann vorbei und öffnete eine Tür, deren Holz mit seltsamen chinesischen Schriftzeichen versehen war.
    Einladend hielt Madame Wu die Tür auf. »Gehen Sie hinein, Mister Manners…«
    Chuck gehorchte. Er wollte erst nicht, aber dann blickte er in die Augen der Frau, in denen plötzlich gelbe Funken irrlichterten und von denen solch ein Zwang ausging, daß Manners nicht anders konnte, als zu gehorchen.
    Das Zimmer hinter der Tür war in dämmriges Halbdunkel getaucht. Je weiter sich Manners jedoch dem Raum näherte, um so stärker sah er ein grünes Licht leuchten, das ihn wie ein Magnet anzog.
    Chuck Manners ahnte nicht, daß ihn hinter der Tür das Grauen erwartete.
    Und so ging er Schritt für Schritt seinem Verderben entgegen…
    ***
    Chuck Manners verspürte plötzlich ein seltsames Kribbeln auf seiner Haut. Seine Blicke waren nur auf das grüne Licht gerichtet, das ihm wie das Ziel aller Hoffnung
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