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Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Titel: Girl Parts – Auf Liebe programmiert
Autoren: John M. Cusick
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selbst hinzugefügt hatte – keine Körperteile, sondern Gedanken und Ideen. Erfahrungen. Alles, was sie bei ihrer Geburt gewesen war – was sie wollte, was sie fühlte, wie sie sich selbst wahrnahm –, all das gehörte ihnen. Doch von diesem Augenblick an gehörte jede Entscheidung, die sie traf, alles, was sie sah und in sich aufnahm, zu einer neuen Person. Der Person, zu der ich mich entwickle , dachte Rose. Zu mir.
    »Ich möchte es haben.«
    May zögerte, bevor sie antwortete. »Für Charlie?«
    Rose schüttelte den Kopf. Nicht für Charlie, nicht für David. Sie brauchte es nicht zu erklären.
    »Gratuliere, Rose.« May legte ihr einen Arm um die Taille. »Du hast den Test gerade bestanden.«
    ***
    Charlie war eine einsame Straße unter dem Highway entlanggelaufen, an einem leer stehenden Lokal und einem staubigen Grundstück vorbei. Ihm wurde bewusst, dass er neben einer Backsteinmauer an der Leichtathletikbahn bergauf marschierte. Er setzte sich dort auf die Tribüne und blickte über die graugrüne Grasfläche. Eine Gruppe Mädchen in kurzen Hosen und Kniestrümpfen kam den Zugangsweg hinuntergesprungen. Sie beachteten ihn nicht.
    Vielleicht ziehe ich in eine Großstadt , dachte Charlie. Oder in ein anderes Land. Wo es einfacher ist, unsichtbar zu sein.
    In der Ferne grollte Donner, und ein paar Mädchen schauten besorgt zum Himmel hinauf. Sie joggten in lockerer V-Formation um den Platz. Sie waren langbeinig und sexy. Regen begann auf die staubige Bahn zu prasseln. Tropfen klatschten auf die Metalltribüne. Die Mädchen kehrten gerade in einer Schleife zurück zu Charlie, als Rose den Weg vom Eingangstor entlangkam. Sie sah Charlie auf der Tribüne sitzen und rannte mit über den Schultern wippenden Haaren zu ihm. Ein paar Meter von ihm entfernt blieb sie stehen und band ihre Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz zurück. Sie war fast nicht wiederzuerkennen im Vergleich zu dem verwirrten Androiden, der in jener Nacht vor über einem Monat neben ihm gekniet hatte.
    »Hey, ich habe dich gesucht.«
    »Ich bin eine Runde spazieren gegangen.«
    Sie setzte sich neben ihn und legte die Hände zwischen den Knien zusammen. Sie erzählte ihm von May, von der Prüfung und von den weiblichen Geschlechtsteilen, die May einbauen würde.
    »Dann bist du wirklich einzigartig«, war das Einzige, was ihm dazu einfiel.
    »Dann bin ich wie alle anderen.«
    »Du wirst nie wie alle anderen sein.«
    Rose nickte. »Das stimmt. Ich werde immer anders sein.«
    »Besonders.«
    »Ja.«
    »Umso besser.«
    Rose lachte leise. Sie legte den Arm um Charlie, aber Charlie brachte kein Lächeln zustande. Rose würde sich verändern. Sie hatte sich verändert. Sie wuchs und erweiterte sich. Und er, Charlie, blieb derselbe. Es gab keine May Poling für Menschen, niemanden, der ihm verschaffte, was ihm fehlte, ihn ein wenig besser machte.
    »Denkst du, ich sollte es lassen?«
    »Nein, ich finde es auf jeden Fall gut.«
    Die Mädchen rannten auf der Bahn vorbei, und Rose folgte ihnen mit den Augen. »Also dann.« Sie nickte, nicht mehr als ein winziges Senken des Kinns, und kletterte von der Tribüne. »Ich treffe dich in einer Stunde wieder.«
    »In einer Stunde«, sagte Charlie. »Viel Glück.«
    »Danke.«
    Sie zögerte, und Charlie wünschte, ihm fiele noch etwas anderes zu sagen ein. Der Augenblick fühlte sich nicht an, als ginge es um ein »Bis dann«. Es fühlte sich nach Abschied an. Und dann wandte sich Rose ab und spurtete über den Platz, und für ein paar Schritte lief sie Seite an Seite mit den Mädchen in ihren taubengrauen T-Shirts, bis sie sich von ihnen löste und jenseits des Tors verschwand, ein rotes Aufblitzen.
    Rose lag auf dem Tisch. Der Himmel hinter den Jalousien hatte einen rosafarbenen Dämmerton angenommen. Sie trug ein weites Baumwollhemd, das hinten zusammengebunden war. Sie fröstelte.
    »Das kriegst du wahrscheinlich nicht einfach mit einer Taschenlampe hin«, sagte sie.
    May hatte einen Vorhang aus hellem, durchsichtigem Kunststoff um das Bett gezogen, eine antiseptische Abtrennung. Sie trug weiße Handschuhe und ein Haarnetz – das, was sie ihr Cafeteria-Bedienungs-Outfit nannte.
    »Nicht unbedingt.« Sie stellte das Glasgefäß auf dem Arbeitstisch ab. Daneben standen ein Werkzeugkoffer, dessen Inhalt sie Rose nicht sehen lassen wollte, und ein kompliziertes Schlauchgebilde, das mit einer langen, senkrechten Stange auf Rädern verbunden war, Roses Infusionsgerät.
    »Ich schläfere dich jetzt ein«,
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