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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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humanste Methode. Du nimmst einfach eine Kapsel und zerdrückst sie
zwischen deinen Zähnen. Die Wirkung tritt sofort ein. Öffne das Etui!«
    Mein Herz
wurde schwer. »Sie möchten, dass ich mich ... dass ich mir das Leben nehme?«
    »Ganz
richtig.« Er streichelte zärtlich seine Pistole. »Weil du ja anders nicht
totzukriegen bist. Und um deine Einstellung in der Sache, sagen wir mal, etwas
zu unterstützen, werde ich deinen Freund Gideon erschießen, sobald er hier
eintrifft.« Er sah auf die Uhr. »Das dürfte in etwa fünf Minuten der Fall sein.
Wenn du sein Leben retten willst, solltest du die Kapsel daher sofort nehmen.
Du kannst aber auch warten, bis er tot vor dir liegt. Erfahrungsgemäß ist das
eine überaus starke Motivation, denk nur an Romeo und Julia ...«
    »Du bist
so böse!«, rief der kleine Robert und begann zu weinen. Ich versuchte, ihm
aufmunternd zuzulächeln, aber es misslang mir kläglich. Am liebsten hätte ich
mich zu ihm gesetzt und mitgeweint.
    »Mr
Whitman ...«, begann ich.
    »Ach, ich
bevorzuge den Grafentitel«, sagte der heiter.
    »Bitte -
Sie dürfen nicht...« Meine Stimme brach.
    »Aber
warum siehst du es denn nicht ein, du dummes Kind?« Er seufzte. »Glaub mir, ich
habe diesen Tag herbeigesehnt. Ich möchte endlich wieder zu meinem richtigen
Leben zurückkehren. Lehrer an der Saint Lennox Highschool! Das war von all den
Tätigkeiten, die ich seit 230 Jahren ausgeübt habe, wirklich das Allerletzte.
Jahrhundertelang habe ich immer nur am Puls der Macht gelebt. Ich hätte mit
Präsidenten dinieren können - mit Ölbaronen - mit Königen. Wobei die heutzutage
auch nicht mehr das sind, was sie mal waren. Aber nein, stattdessen musste ich
begriffsstutzige kleine Gören unterrichten und mich überdies in meiner eigenen
Loge vom Novizen bis in den Inneren Kreis vorarbeiten. All diese Jahre seit
deiner Geburt waren entsetzlich für mich. Weniger, weil mein Körper wieder
anfing zu altern und sich nach und nach leichte Spuren des Verfalls zeigten«,
an dieser Stelle lächelte er eitel, »sondern weil ich so . .. verletzlich war. Jahrhundertelang habe ich ohne jede Furcht gelebt. Ich bin im
Kanonenhagel über Schlachtfelder marschiert, habe mich jeder beliebigen Gefahr
ausgesetzt, immer mit dem Wissen, dass mir nichts passieren konnte. Aber nun?
Jeder Virus hätte mir den Garaus machen können, jeder verdammte Bus hätte
mich überfahren, jeder beliebige Ziegelstein mich erschlagen können!«
    In diesem
Augenblick hörte ich ein Poltern und dann kam Xemerius mit Karacho durch die
Wand geflogen. Er landete direkt neben mir auf dem Schreibtisch.
    »Wo sind
die verdammten Wächter?«, rief ich ihm zu, ohne mich darum zu kümmern, dass der
Graf mich hören konnte. Aber der schien die Frage einfach auf sich zu beziehen.
    »Die
können dir jetzt nicht helfen«, sagte er.
    »Da hat er
leider recht.« Xemerius flatterte aufgeregt mit den Flügeln. »Die Deppen haben
zusammen mit Gideon den Blutkreis geschlossen. Dann hat Mr Dressman hier die
Marley-Pfeife als Geisel genommen und die Herren mit der Pistole gezwungen, in
den Chronografenraum zu gehen. Da sind sie nun eingesperrt und lamentieren vor
sich hin.«
    Der Graf
schüttelte den Kopf. »Nein, so war das kein Leben mehr für mich. Und es muss
endlich ein Ende haben. Was hat ein kleines Mädchen wie du dieser Welt auch zu
bieten? Ich hingegen habe noch viele Pläne. Große Pläne ...«
    »Lenk ihn
ab«, rief Xemerius. »Lenk ihn jetzt einfach ab, irgendwie.«
    »Wie sind
Sie eigentlich die ganze Zeit elapsiert?«, fragte ich rasch. »Das muss doch
furchtbar unangenehm gewesen sein, so unkontrolliert zu springen.«
    Er lachte.
»Elapsieren? Pah. Meine natürliche Lebenszeit ist abgelaufen. Ab dem Zeitpunkt,
an dem ich gestorben wäre, hat das lästige Zeitspringen aufgehört.«
    »Und meinen
Grandpa? Haben Sie den auch umgebracht? Und seine Tagebücher gestohlen?« Jetzt
schossen mir die Tränen in die Augen. Armer Grandpa. Er war so kurz davor
gewesen, das ganze Komplott aufzudecken.
    Der Graf
nickte. »Den schlauen Lucas Montrose mussten wir ruhigstellen. Das hat Marley
senior übernommen. Die Nachkommen des Barons Rakoczy haben mir über die Jahrhunderte
treu gedient, nur der letzte der Ahnenreihe enttäuscht. Dieser pedantische
rothaarige Träumer hat so gar nichts vom Esprit des schwarzen Leoparden
geerbt.« Er blickte wieder auf seine Uhr, dann schaute er erwartungsvoll zu
den Sesseln herüber. »Jetzt dürfte es jeden Augenblick so weit
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