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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
Autoren: Martin Krist
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die Nacht. Der Regen hatte mittlerweile nachgelassen. Dafür zerrte der Sturm an dem Wagen, ein heulendes Pfeifen.
    »Geht es Ihnen jetzt besser?«, fragte Claudia.
    Er bejahte. Das kurze Nickerchen hatte ihn ein wenig zu Kräften kommen lassen. Die Schmerzen waren etwas abgeklungen. Auch die Angst war nicht mehr so allgegenwärtig. Der Wagen rauschte an einem Bauernhof vorbei, in dessen Fenstern bunte Weihnachtssterne wie Wegweiser glitzerten.
    Claudia sah ihn aufmerksam von der Seite an.
    Er verspürte Dankbarkeit. Wenn sie nicht gewesen wäre, dann ... Plötzlich fühlte er sich ihr verpflichtet. Sie hatte ihm in der ärgsten Not geholfen. Es war daher nur recht und billig, wenn er ihr erzählte, was geschehen war.
    »Kennen Sie Miguel Dossantos?«, fragte er.
    Die Reifen schlingerten auf dem nassen Asphalt. Claudia reduzierte das Tempo. Sie warf ihm einen raschen Blick zu. »Ich glaube, ich habe von ihm in der Zeitung gelesen.«
    »Der Ehrenbürger von Berlin«, sagte Brandner und es klang, als müsse er sich übergeben. »So nennen ihn die Zeitungen.«
    »Stimmt, das habe ich gelesen.«
    »Aber in Wahrheit ist er einer der übelsten Verbrecher der Stadt. Die Polizei hält ihn für den Paten von Berlin. Prostitution, Drogen, Waffen. Und Mord.«
    Der Regen setzte wieder ein, ging in dichten Schwaden auf der Fahrbahn nieder. Claudia reduzierte die Geschwindigkeit. Er bemerkte ein Schild am Straßenrand: ›Berlin 48 Kilometer‹. Er atmete aus. »Allerdings konnte die Polizei ihm bisher nichts nachweisen.«
    »Ja«, sagte Claudia, während sie den Blick konzentriert auf die Straße gerichtet hielt. »Davon habe ich gehört. Aber jetzt haben sie diesen ... Wie hieß er noch, dieser Ehrenbürger?«
    »Miguel Dossantos.«
    »Genau, jetzt steht er doch vor Gericht, oder nicht? Haben die Zeitungen nicht geschrieben, dieser Tage soll der Prozess beginnen?«
    »Ja, in zwei Tagen.«
    »Also kann man ihm endlich seine Verbrechen nachweisen?«
    »Ja und nein.«
    Sie sah ihn verwundert an. »Was heißt das?«
    Brandner dehnte seine Worte. »Es gibt da einen Mann. Einen von Dossantos‘ engsten Vertrauten. Er wollte mit seinen Machenschaften nichts mehr zu tun haben. Er ist ausgestiegen, will gegen seinen ehemaligen Boss aussagen.«
    »Aha«, machte Claudia und dachte einige Sekunden darüber nach. »Und was haben Sie damit zu schaffen?«
    »Ich?« Brandner ächzte und konnte einen Anflug von Galgenhumor nicht unterdrücken. »Grandioserweise bin ich dieser Zeuge.«
    Jetzt wirbelte Claudias Kopf herum. »Sie sind das?«
    Aus einem unerfindlichen Grund musste Brandner plötzlich lachen. »Ja, das bin ich.«
    »Aber ...«
    »Was ich hier mache?«, fiel er ihr ins Wort und lachte noch einmal. »Das Landeskriminalamt hat mich in den Zeugenschutz aufgenommen. Bis zum Prozess hat es mich hier rausgeschafft, in eine Hütte in der Uckermark, einen Ort, den bis auf wenige Eingeweihte keiner kennt. Zu meiner Sicherheit, hat das LKA gesagt.« Er verstummte. Unvermittelt verflog seine Erheiterung und er verspürte nur noch Wut. »Aber ich hätte es besser wissen müssen. Immerhin war ich viele Jahre an Dossantos‘ Seite. Niemand weiß besser als ich, wie er solche Probleme zu lösen pflegt.«
    »Soll das heißen ...?«
    »Ja«, fiel er ihr ins Wort.
    »Scheiße«, sagte Claudia.
    »Scheiße«, wiederholte er.
    Sie schwiegen für eine Weile. Die Reifen rauschten auf dem Asphalt. Aus dem CD -Player säuselte inzwischen ›Sometimes You Can’t Make It On Your Own‹. Die Wärme, die dazu aus den Schotten der Heizung strömte, hatte Brandners Kleidung halbwegs getrocknet. Er begann, sich wohl zu fühlen. Wenn es nach ihm ging, hätte er noch stundenlang weiterfahren können. Das nächste Schild, das sie passierten, verkündete, dass es nur noch 18 Kilometer bis zur Hauptstadt waren. Irgendwo in der Ferne glommen die Lichter eines festlich geschmückten Tannenbaums.
    »Ich hätte es besser wissen müssen«, wiederholte er schließlich. »Offenbar steht einer der LKA -Beamten auf der Lohnliste von Dossantos. Er hat ihm mein Versteck verraten. Und Dossantos hat einen Killer angeheuert. So macht er das jedes Mal. Er sucht sich einen kaltblütigen Mörder von irgendwo außerhalb, den hier keiner kennt und der für ihn die Drecksarbeit erledigt. Der Killer hatte schon die beiden Beamten ausgeschaltet, die zu meinem Schutz abgestellt waren. Danach wollte er mich zum Schweigen bringen.«
    »Aber Sie sind ihm entwischt«, stellte Claudia fest und
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