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Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit

Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit

Titel: Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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Mutter verstummte. Schweißgebadet und keuchend lag sie da im Bett, als hätte sie gerade eben einen Marathonlauf absolviert.
    »Danke, dass du es mir erzählt hast«, sagte er gleichmütig.
    »Ich bin noch nicht fertig.« Wieder schweres Atmen. Gideon blickte auf den Herzmonitor an der Wand: Der Puls lag bei knapp über vierzig Schlägen in der Minute.
    »Sprich nicht mehr«, sagte er. »Du musst dich ausruhen.«
    »Nein«
, entgegnete sie, plötzlich sehr bestimmt. »Ich kann mich später immer noch ausruhen.«
    Gideon wartete.
    »Du weißt ja, was als Nächstes passiert ist. Du hast das alles ja auch durchgemacht. Die ewigen Umzüge, die Armut. Die … Männer. Ich hab’s einfach nicht auf die Reihe bekommen. Mein wahres Leben ist an jenem Tag zu Ende gegangen. Danach habe ich mich innerlich wie tot gefühlt. Ich war eine schreckliche Mutter. Und du … du warst so verletzt.«
    »Keine Sorge, ich hab’s überlebt.«
    »Bist du sicher?«
    »Na klar.« Doch tief im Inneren verspürte Gideon einen Stich.
    Seine Mutter atmete langsamer, und da fühlte er, wie sie den Griff löste. Als er sah, dass sie eingeschlafen war, zog er behutsam ihre Hand aus seiner und legte sie auf die Bettdecke. Doch als er sich vorbeugte, um ihr einen Kuss zu geben, zuckte ihre Hand mit den klauenartigen Fingern wieder hoch und packte ihn am Kragen. Sie schaute ihm ganz fest in die Augen und sagte heftig, fast manisch:
»Begleich die Rechnung.«
    »Wie bitte?«
    »Tu mit Tucker das, was er mit deinem Vater getan hat. Vernichte ihn. Und sorg dafür, dass er weiß, warum es ihm widerfahren ist – und wer es gewesen ist.«
    »Großer Gott, was verlangst du da von mir?«, flüsterte Gideon und blickte sich plötzlich hektisch um. »Mutter, du weißt ja nicht, was du da redest.«
    Jetzt war ihre Stimme nur noch ein Flüstern. »Lass dir Zeit. Studiere. Mach dein Examen. Warte. Du wirst schon einen Weg finden.«
    Langsam entspannte sich ihre Hand. Dann schloss seine Mutter wieder die Augen, und der Atem schien für immer aus ihr zu entweichen wie ein letzter Seufzer. Und in gewisser Weise war das auch der Fall. Sie fiel ins Koma und verstarb zwei Tage später.
    Das waren ihre letzten Worte, Worte, die ihm immer wieder durch den Kopf gehen sollten:
Du wirst schon einen Weg finden
.

3
    Gegenwart
    Gideon Crew trat zwischen den Gelb-Kiefern hervor auf die große Wiese vor der Hütte. In der einen Hand hatte er eine Aluminiumröhre mit seiner Fliegenrute darin; über die Schulter geschlungen trug er einen Beutel aus Segeltuch, in dem zwei Forellen in einem Nest aus feuchtem Gras lagen. Es war ein wunderschöner Tag Anfang Mai, die Sonne schien ihm mild in den Nacken. Mit seinen langen Beinen wischte er durch das Wiesengras, dass die Bienen und Schmetterlinge davonflogen.
    Die Hütte stand am anderen Ende: mit der Hand geschlagene Holzstämme und Lehmziegel, ein rostiges Blechdach, zwei Fenster und eine Tür. Auf dem Dach war unauffällig ein Gestell mit Sonnenkollektoren angebracht, daneben eine Breitband-Satellitenschüssel.
    Hinter der Hütte fiel der Berghang zum riesigen Piedra-Lumbre-Bassin ab, und die fernen Gipfel des südlichen Colorado säumten den Horizont wie blaue Zähne. Gideon arbeitete auf »dem Hügel« – im Nationalen Laboratorium in Los Alamos – und verbrachte die Abende in der Woche in einem billigen Regierungsapartment in einem Haus an der Ecke Trinity und Oppenheimer. Die Wochenenden – und sein echtes Leben – verbrachte er hingegen in dieser Hütte in den Jemez Mountains.
    Er schob die Tür auf und betrat die Kochnische. Er legte den Segeltuchbeutel ab, holte die ausgenommenen Forellen heraus, säuberte sie und tupfte sie trocken. Dann griff er zum iPod, der in der Basisstation steckte, und wählte nach kurzem Überlegen ein Stück von Thelonius Monk aus. Aus den Lautsprechern ertönten die eindringlichen Klänge von
Green Chimneys
.
    Gideon verrührte Zitronensaft und Salz, gab ein wenig Olivenöl und frisch gemahlenen Pfeffer hinzu und legte die Forellen in die Marinade. Dann ging er in Gedanken die übrigen Zutaten von
truite à la provençale
durch: Zwiebeln, Tomaten, Knoblauch, Wermut, Mehl, Oregano und Thymian. Normalerweise nahm er nur eine Mahlzeit am Tag zu sich – die allerdings von höchster Qualität und von ihm selbst zubereitet war. Essen war für ihn fast eine Zen-ähnliche Übung, sowohl was die Zubereitung als auch den langsamen Verzehr betraf. Waren mehr Nährwerte notwendig, behalf er sich mit
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