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Ghostwalker 03.5

Ghostwalker 03.5

Titel: Ghostwalker 03.5
Autoren: Michelle Raven
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stehen.
    Tenaya strich sich die langen Haare aus dem Gesicht und sah sich um. Schon als kleines Kind hatte er die Gegend erkundet, deshalb erkannte er schnell, wo er sich befand. Er stand oberhalb der Buchanan Road, unter der sich der Tuolumne River tief in die Landschaft gegraben hatte. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand in der Nähe war, überquerte er rasch die Straße und tauchte auf der anderen Seite wieder in die Vegetation ein. Vorsichtig rutschte er den Steilhang hinunter, bis er auf der Kante etwa zehn Meter über dem Fluss stand. Angezogen vom Rauschen beugte sich Tenaya vor und sah die durch die starke Strömung verursachten Schaumkronen auf dem klaren grünblauen Wasser. Manchmal wünschte er sich, er hätte einfach darin eintauchen und für immer in den kühlen Tiefen bleiben können. Aber das durfte er nicht tun, seine Mutter brauchte ihn.
    Ohne Vorwarnung gab die Erde unter ihm nach. Für einen beinahe endlosen Moment schien Tenaya in der Luft zu schweben, bevor er in die Tiefe stürzte. Der harte Aufprall auf die Wasseroberfläche presste ihm den Atem aus der Lunge.
    Panik durchzuckte ihn, und er begann wild zu strampeln, um an die Oberfläche zu kommen. Doch da war nur Wasser, die Strömung schleuderte ihn wie einen Ball hin und her, bis er nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Die Luft ging ihm aus, und er versuchte, den Drang zu atmen zu unterdrücken. Und dann stand plötzlich die Zeit still. Seine Angst legte sich, und er ließ sich treiben. Es lohnte sich nicht, zu kämpfen, nur um wieder in die Hölle zurückzukommen. Vielleicht war es einfacher, aufzugeben und für immer hierzubleiben, wie er es sich eben noch gewünscht hatte. Ruhe breitete sich in ihm aus, und er öffnete die Augen.

    Luftbläschen stiegen nach oben auf, und er folgte ihnen mit dem Blick, bis ihn die Schwärze hinunterzog.

    Hazel sah den jungen Mann auf der gegenüberliegenden Uferseite aus dem Wald kommen und versteckte sich rasch hinter einem Baum. Vermutlich hätte er sie sowieso nicht bemerkt, er schien seine Umgebung gar nicht wahrzunehmen. Auch wenn ihre Sicht normalerweise sehr gut war, konnte sie auf die Entfernung nicht viel mehr erkennen, als dass er lange schwarze Haare hatte, die der Wind ihm ins Gesicht peitschte, und einen gut gebauten Oberkörper. Wahrscheinlich war er einer der Miwok, die in dem Gebiet jenseits des Flusses lebten. Seine Beine steckten in alten Jeans, die aussahen, als hätte er sich im Dreck gewälzt. Auch auf seiner Haut konnte sie Flecken erkennen. Irgendetwas war seltsam an der Art, wie er dort auf der Kante stand und in die Fluten starrte. Er wirkte irgendwie … steif.
    Jetzt lehnte er sich sogar nach vorn, als bemerkte er gar nicht, wie dicht er am Abgrund stand.
    Gerade als Hazel ans Ufer laufen und ihm eine Warnung zurufen wollte, passierte es: Ein großes Stück der Kante brach ab, und der Mann stürzte in die Tiefe. Er schrie nicht, sondern verschwand, so still wie er oben gestanden hatte, im aufgewühlten Wasser. Mit wild klopfendem Herzen rannte sie los und hielt nach ihm Ausschau. Doch sie wartete vergeblich darauf, dass sein Kopf durch die Wasseroberfläche brach. Es war fast so, als hätte ihn der Fluss verschluckt. O
    Gott, vielleicht war er beim Aufprall ohnmächtig geworden oder hatte sich unter Wasser an einem Felsen gestoßen! Hilflos sah sie sich um, doch da war niemand sonst, der ihn hätte retten können. Sie war keine gute Schwimmerin und mied Wasser, wo sie nur konnte. Aber sollte sie zusehen, wie jemand vor ihren Augen ertrank? Sie musste wenigstens versuchen, dem Mann zu helfen.
    Hazel trat ans Ufer und bemühte sich, etwas zu erkennen, doch da war nur aufgewühltes Wasser. Keine Spur von dem Fremden. Mit zusammengebissenen Zähnen watete sie in den schäumenden Fluss und war dankbar, dass das Ufer auf dieser Seite sanft hinabfiel. Sie hätte sich wohl nicht überwinden können, zehn Meter in die Tiefe zu springen. Wie erwartet wurde sie vom Sog erfasst und vorwärts katapultiert. Die Wirbel zogen sie unter die Oberfläche, das Wasser schloss sich über ihr. Obwohl sie vorher eingeatmet hatte, kam Panik in ihr auf und sie musste dagegen ankämpfen, nach Luft zu schnappen. Der Mann musste irgendwo hier sein, er war ein Stück flussaufwärts hineingefallen und würde unweigerlich von der Strömung an ihr vorbeigetragen werden. Jedenfalls hoffte sie das, denn sonst würde er gewiss ertrinken.
    Hazel tauchte auf und rang nach Luft, bevor sie sich
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