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Gewitter über Pluto: Roman

Gewitter über Pluto: Roman

Titel: Gewitter über Pluto: Roman
Autoren: Heinrich Steinfest
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Kunsthasses und daß, wenn der
Attentäter mit anderen zusammen sterben wollte, dann sicher mit zwei Menschen,
denen es vergönnt war, der Kunst in Liebe verbunden zu sein.
    Umsomehr war man erstaunt, als Fritz nun auch die beiden
Kunstgeschichtler des Saales verwies und jetzt bloß noch der Arzt und seine
Frau zurückblieben. Die Polizei ahnte Schlimmes. Man mußte sich entscheiden,
etwas zu unternehmen. Aber was?
    Währenddessen näherte sich Fritz dem Paar, grinste Sheila an, dann
ihren Mann und fragte: »Amüsiert ihr euch?«
    Â»Was soll der Unsinn?« fragte der Arzt zurück. Und ergänzte: »Denken
Sie denn nicht an die Mädchen?«
    Â»An die Mädchen!?« höhnte Fritz. »Glauben Sie wirklich, ein Scheusal
wie ich, einer, der die eigenen Kinder schlägt, daß so einer Rücksicht nimmt?
Doch wohl kaum.«
    Â»Also gut.« Der Primar seufzte, als sei ihm das alles nur lästig.
»Was meinen Sie, das geschehen soll? Möchten Sie, daß ich eine Erklärung
abgebe? Eine Erklärung, Sie hereingelegt zu haben? Falsche Aussagen gekauft zu
haben? – Vergessen Sie es, das würde ich nie und nimmer tun. Meinen guten Namen
opfern. Für einen Schwachkopf wie Sie. Zünden Sie halt Ihre blöde Bombe.«
    Â»Aber Martin…« Sheila
wandte sich erschrocken zu ihrem Mann hin.
    Â»Kommt nicht in Frage«, sagte der, »mich von diesem Kretin hier in
den Schmutz ziehen zu lassen. Er ist bloß ein schlechter Verlierer. – Ja, mein
Lieber, ein schlechter Verlierer sind Sie. Jämmerlich ist das, Bomben basteln
und damit den Leuten einen Schrecken einjagen. Sie sollten sich schämen.«
    Â»Schäm du dich.« Es war Sheila, die das gesagt hatte. Dabei machte
sie einen Schritt weg von ihrem Primargatten. Als hätte sie soeben erkannt, er
sei eine bloße Fälschung. Ganz in der Art dieser Kinderzeichnungen.
    Â»Was soll das?« fragte der Mann, der Herbert war.
    Â»Es war nicht richtig, was wir getan haben«, sagte Sheila. »Ich weiß
das jetzt. Wir haben Fritz in einer Weise verleumdet, wie man das nicht tun
darf. Schummeln und tricksen und anschuldigen, okay, aber nicht so . Jetzt kriegen wir die Rechnung serviert. Und leider
stimmt die Rechnung.«
    Fritz betrachtete seine geschiedene Frau. Er war sich unsicher. War
das schon wieder eins ihrer üblichen listigen Manöver? Versuchte sie ihn,
Fritz, einzulullen?
    Â»Gehen Sie raus!« befahl Fritz und sah dabei Sheilas Mann an.
    Der verstand nicht gleich.
    Â»Hauen Sie ab, Sie Superdoktor«, verstärkte Fritz die Anordnung.
»Und seien Sie meinen Töchtern ein guter Vater. Wenn Sie schon so ein
rattenschlechter Mensch sind.«
    Und das kommt ja tatsächlich vor, daß rattenschlechte Menschen sich
als liebevolle, engagierte Väter erweisen. Das ist nicht nur eine
Nazispezialität.
    Der Mann ging. Noch einmal sah er sich nach seiner Frau um.
    Â»Mach schon!« sagte sie. In ihrem Blick lag echter Widerwillen.
    Als er draußen war, meinte Fritz: »Soll ich dir wirklich glauben,
daß du so ganz plötzlich deine Meinung änderst?«
    Â»Du denkst sicher«, erwiderte Sheila, »ich will bloß mein Leben
retten.«
    Â»Die Idee könnte einem kommen.«
    Â»Ich hatte Zeit nachzudenken. Ich meine, in dieser letzten Stunde,
während du die Leute nach und nach hast rauslassen. Ich habe überlegt, wie das
für dich gewesen sein muß, damals, während der Verhandlung. Und wie es dich
kaputt gemacht hat, derart, daß du jetzt mit einer Bombe vor mir stehst. Martin
hat unrecht. Nicht die Bombe ist jämmerlich, sondern das Leben. Der Krieg um
die Kinder ist jämmerlich, die Justiz, der Alltag, die Kunst. Männer wie
Martin.«
    Fritz drückte den Sprengkörper fester an sich und meinte:
»Vielleicht meinst du wirklich, was du sagst. Vielleicht schwindelst du mich an
wie eh und je. Aber es ist egal. Weil es ohnedies zu spät ist. Ich kann jetzt
nicht aufhören.«
    Â»Natürlich nicht«, sagte Sheila. Etwas Echtes war in ihrem Blick,
eine große Geduld. Ja, die Geduld derer, die längst tot sind. Oder meinen,
längst tot zu sein.
    Doch wenn Fritz sagte, er könne jetzt nicht aufhören, dann bezog er
dies keineswegs darauf, Sheila in den Tod mitreißen zu wollen. Das hatte er nie
vorgehabt. Seine Idee war es gewesen, ihren verdammten Primargatten in die Knie
zu zwingen, ihn um sein Leben winseln
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