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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod
Autoren: Terry Pratchett
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AUS. ICH GEBE DIR ESSEN, KLEIDUNG UND EINE GELEGENHEIT, VON DER DU NICHT EINMAL ZU TRÄUMEN GEWAGT HÄTTEST. UND DAS IST NUN DER DANK. DU ENTFERNST MEINE TOCHTER VON MIR. DU VERNACHLÄSSIGST DEINE PFLICHT. DU HINTERLÄSST WUNDEN IN DER REALITÄT, DIE WAHRSCHEINLICH ERST IN HUNDERT JAHREN HEILEN. MIT DEINEM UNÜBERLEGTEN, VERANTWORTUNGSLOSEN HANDELN NIMMST DU DEINEN GEFÄHRTEN JEDE CHANCE. DIE GÖTTER VERLANGEN SICHER, DASS SIE AUS DEM UNIVERSUM GETILGT WERDEN.
    MIT ANDEREN WORTEN, JUNGE: DU HAST DEINEN ERSTEN JOB GRÜNDLICH VERPATZT.
    Mort setzte sich auf und betastete die rechte Wange. Sie brannte kalt, wie Kometeneis.
    »Mort«, sagte er.
    ACH, DER JUNGE SPRICHT! UND WAS SAGT ER?
    »Laß die anderen gehen«, fuhr Mort fort. »Sie wurden nur in die Dinge verwickelt. Sie trifft keine Schuld. Du könntest bestimmt dafür sorgen, daß ihnen nichts geschieht…«
    WARUM SOLLTE ICH SIE VERSCHONEN? SIE GEHÖREN JETZT MIR.
    »Ich bin bereit, für sie zu kämpfen«, sagte Mort.
    WIE TAPFER UND GROSSMÜTIG VON DIR. DAUERND VERSUCHEN IRGENDWELCHE STERBLICHE, GEGEN MICH ZU KÄMPFEN. NOCH NIE HATTE EINER VON IHNEN ERFOLG. GEH JETZT.
    Mort stand auf und erinnerte sich an das Gefühl, der Tod gewesen zu sein. Er konzentrierte sich auf jenes Empfinden, hieß es willkommen…
    NEIN, erwiderte er.
    OH, DU FORDERST MICH HERAUS? ZU EINEM DUELL ZWISCHEN EBENBÜRTIGEN GEGNERN?
    Mort schluckte und dachte: Wenigstens liegt der Fall jetzt klar; es sind keine Mißverständnisse mehr möglich. Nun, wenn man über den Rand einer steilen Klippenwand hinaustritt, nimmt das Leben eine ebenso entscheidende wie eindeutige Wende…
    »Falls es sich nicht vermeiden läßt«, bestätigte er. »Und wenn ich gewinne…«
    WENN DU GEWINNST, KANNST DU FREI WÄHLEN UND ENTSCHEIDEN, sagte Tod. FOLGE MIR.
    Er stolzierte an Mort vorbei in den Flur.
    »Weißt du wirklich genau, worauf du dich einläßt?« fragte Schneidgut.
    »Nein.«
    »Du kannst den Herrn nicht besiegen«, sagte Albert und seufzte. »Glaub mir, ich weiß Bescheid.«
    »Was passiert, wenn du verlierst?« erkundigte sich Keli.
    »Ich werde nicht verlieren«, brummte Mort. »Genau darin besteht das Problem.«
    »Mein Vater will, daß er gewinnt«, sagte Ysabell bitter.
    »Du meinst, er wird ihn gewinnen lassen?« warf Schneidgut verwirrt ein.
    »O nein! Er hat keineswegs die Absicht, ihm den Sieg einfach so zu schenken, aber er möchte verlieren.«
    Mort nickte. Als sie der düsteren Gestalt durch den Korridor folgten, fragte er sich: Wie mag es sein, eine wahrhaft endlose Zukunft zu haben, außerhalb der Zeit zu leben (wenn man in diesem Zusammenhang überhaupt von ›leben‹ sprechen kann) und dem eher mysteriösen Willen des Schöpfers gerecht zu werden? Eigentlich verständlich, daß Tod mit dem allen Schluß machen wollte. Tod hatte ihm mitgeteilt, die Knochen seien nicht unbedingt erforderlich, aber vielleicht spielte das keine Rolle. Fühlte sich die Ewigkeit wirklich wie eine lange Zeit an, oder waren alle Lebensspannen etwa gleich lang, wenn man einen rein persönlichen Maßstab anlegte?
    Hallo! meldete sich eine Stimme in Morts Kopf. Erinnerst du dich an mich? Ich bin du. Ich habe dich in diese Lage gebracht.
    »Danke«, murmelte er. Seine Begleiter musterten ihn skeptisch.
    Du könntest das Duell durchaus mit heiler Haut überstehen, sagte die Stimme. Du hast einen großen Vorteil. Du bist er gewesen, aber er war nie du.
    Tod marschierte durch den Flur und ins Lange Zimmer. Die Kerzen entzündeten sich gehorsam, als er eintrat.
    ALBERT.
    »Herr?«
    HOL DIE GLÄSER.
    »Ja, Herr.«
    Schneidgut hielt den alten Mann am Ärmel fest.
    »Du bist ein Zauberer«, zischte er. »Du brauchst dich nicht an seine Anweisungen zu halten!«
    »Wie alt bist du, Junge?« fragte Albert freundlich.
    »Zwanzig.«
    »Wenn du in meinem Alter bist, siehst du die Dinge aus einer anderen Perspektive.« Er wandte sich an Mort. »Tut mir leid.«
    Mort zog sein Schwert, und im Kerzenlicht war die Klinge fast unsichtbar. Tod drehte sich um und sah ihn an, eine schmale Silhouette vor den hoch aufragenden Regalen mit den Lebensuhren.
    Er streckte die Arme aus. Es donnerte dumpf, als zwischen seinen Händen die Sense materialisierte.
    Albert kam durch einen der Zwischengänge zurück, trug zwei kleine kristallene Behälter und setzte sie wortlos auf einem Säulensims ab.
    Die eine Uhr war um ein Vielfaches größer als die gewöhnlichen Gläser; dunkel, schmal und mit einem komplizierten Motiv geschmückt, das aus
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