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Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
Autoren: Gisa Pauly
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werde jetzt mein Zimmer beziehen«, sagte sie und streckte Erik die Hand hin. »Danke, dass Sie mich mitgenommen haben.« Mamma Carlotta reichte sie das Buch, das sie während der Fahrt im Autozug zu Ende gelesen hatte. »Ich leihe es Ihnen. Ein Roman von Gero Fürst, sehr spannend. Erst ganz am Ende begreift der Leser den Zusammenhang zwischen der Haupthandlung und den Nebenhandlungen.«
    »Haupt- und Nebenhandlungen?«, wiederholte Carlotta ehrfürchtig, dann nahm sie das Buch freudestrahlend entgegen, und als Donata in Aussicht stellte, einen der nächsten Tage gemeinsam zu verbringen, kannte ihr Glück keine Grenzen.
    »Ich werde Sie anrufen«, sagte Donata Zöllner und ging ins Hotel zurück.
    »Eigentlich wollte ich Mathis noch begrüßen«, murmelte Erik. Aber dann zog er seine Schwiegermutter zu seinem Wagen. »Das ist nicht so wichtig.«
    Der rostrote Golf verschwand gerade um die Ecke, als ein etwa zwölfjähriger Junge aus dem Hotel gelaufen kam. »Mama!«, rief er und sah sich suchend um.
    Erik winkte ihm zu. »Deine Mutter ist schon weg, Ole.«
    Der Junge winkte zurück, dann senkte er den Kopf und ging enttäuscht ins Hotel zurück.
    Mamma Carlotta sah ihren Schwiegersohn vorwurfsvoll an. Das wurde ja immer schöner! Nicht nur, dass diese Frau verheiratet war, sie war sogar Mutter eines Sohnes! Dio mio! In den beiden Wochen, die vor ihr lagen, würde es viel zu tun geben.
    Die Tür öffnete sich lautlos. Carolin erschien im Raum, so leise, dass Mamma Carlotta zusammenzuckte, als ihre Enkelin plötzlich neben ihr stand.
    »Carolina! Du schläfst noch nicht?«
    Carolin schüttelte den Kopf. »Ich möchte dir etwas zeigen.« Sie hielt ihrer Großmutter ein Blatt hin, das dicht beschrieben war.
    »Was ist das?«, fragte Mamma Carlotta erstaunt.
    »Eine Kurzgeschichte«, flüsterte Carolin, als hätte sie Angst, dieses Wort laut auszusprechen. Und noch leiser fügte sie an: »Ich habe sie selbst geschrieben.«
    Mamma Carlotta erstarrte. Und wie immer, wenn sie intellektuellen Kräften gegenüberstand, verstummte sie vor Erfurcht. Zumindest für einige Augenblicke.
    »Du willst nicht mehr Lehrerin werden?«, brachte sie schließlich hervor.
    Carolin schüttelte den Kopf. »Schriftstellerin will ich werden. Ich habe mich auch für einen Ferienkurs in kreativem Schreiben angemeldet. Ein richtiges Buch will ich schreiben, ein ganz dickes.« Und mit kräftiger Stimme ergänzte sie: »Ich schaffe das.«
    »Glaubst du wirklich?« Mamma Carlotta, die ihre sämtlichen Enkelkinder für außerordentlich begabt hielt und ihnen alles zutraute, versagte angesichts dieser Pläne der Optimismus. »Ein ganzes Buch! Mit zweihundert oder dreihundert Seiten oder sogar noch mehr! Und auf jeder Seite müssen viele kluge Gedanken stehen.« Sie erinnerte sich an das, was Donata Zöllner ihr gesagt hatte. »Und du musst etwas von den Haupt- und Nebenhandlungen wissen.« Sie wies auf das Buch, das neben ihrem Bett darauf wartete, sie literarisch zu erbauen. »Sieh mal, diesen Roman hat mir meine Reisebekanntschaft geliehen.«
    Carolin griff danach. Ihre Augen leuchteten, als wollte sie beweisen, dass tatsächlich ein italienisches Erbe in ihr schlummerte. »Gero Fürst ist mein Lieblingsautor.« Sie setzte sich zu ihrer Großmutter und schien nicht zu merken, dass ihr erneut das Haar aus dem Gummiband gezogen wurde. »Er ist gelegentlich auf Sylt, wusstest du das? Er hat hier ein kleines Haus, in das er sich zurückzieht, wenn er an einem Roman arbeitet.« Carolins Blick heftete sich auf das Foto ihrer Mutter. »Mama hat auch so gern Bücher von Gero Fürst gelesen.«
    Erik erwachte, als der Wind die Gardine ins Zimmer bauschte, die sich am Fenstergriff verfing und einen wilden Tanz mit dem Sonnenlicht begann. Er rieb sich die Augen, dann drehte er sich zur Wand und versuchte, das Helle, das durch die geschlossenen Lider drang, zu ignorieren. Aber er spürte schon bald, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war. Die Luft, die ins Zimmer drang, roch nach Sommer und Sonne und nach dem salzigen Wind, der sich frühmorgens am Meer aufmachte und den neuen Tag auf die Insel trug. Sie roch sogar schon nach Fischlieferungen, Backstuben und nach …
    Erik richtete sich auf. Ja, sie roch auch nach Kaffee! Er sah auf die Uhr, es war kurz vor sieben. Mamma Carlotta war schon auf den Beinen? Deprimiert ließ er sich zurücksinken. Er selbst hatte immer zwei Tage gebraucht, um sich von den Strapazen der Reise zu erholen, wenn er mit Lucia und den
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