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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren
Autoren: Oliver Hassencamp
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Schwitzehand drückte. „Hier! Macht was damit, was euch freut.“
    Jetzt konnte er wieder atmen.
    Bunte Badewannen glotzten aus einer Auslage, bunte Waschbecken und Bidets, teuerste Armaturen, Spiegel, Handtuch- und Klopapierrollenhalter.
    Vor einem Fachgeschäft zur Erweiterung von Haushalten um Unnötiges, wie Weinheber, Zuckerzangen, Hängevasen, wollte es der Zufall, daß ihm Martina einfiel. Am Vorabend hatte er sie ferngesehen, bei einer Moderation mit frisierter Schnauze, wie unnatürliche Sprechweise in Bühnenkreisen genannt wird. Immerhin, auf dem Bildschirm wirkte sie weicher. Regelrecht gestört aber hatte ihn ihre Stimme. So sehr, daß er den Ton abgestellt hatte, wodurch ihre Daumen größer wurden.
    Da man in dem Haushaltsgeschäft ohne Musik auskam und die Lüftung klappte, konnte er in ungestörter Selbstbedienung nach Gläsern suchen, den zerbrochenen möglichst ähnlich und fand sie auch. Sie waren, neben dem Aufkleber mit dem Preis, zusätzlich mit Qualitäts- und Firmensiegel bepflastert, solid klebender Unfug zu Lasten des Käufers.
    Die offenbar landesübliche Frage: „Was kann ich für Sie tun?“, erreichte ihn nahe der Kasse. Mit leichter Muffelwolke.
    „Ich möchte die drei Gläser. Aber ohne Aufkleber bitte.“
    Der kleine Wunsch setzte Fingernägel in Bewegung. Dann kam der Satz. „Die müssen Sie selber wegmachen. Am besten mit Benzin.“
    „Dann tut es mir leid.“ Ohne Gläser ging Lukas zur Tür. Niemand im Laden nahm mehr Notiz von ihm. Nachdenklich ging er weiter.
    Waren die Menschen vor zehn Jahren auch schon so desinteressiert? Und die Stadt quillt über vor Waren! Wer soll das alles kaufen? Und vor allem wozu? Raus hier! Raus auf den Hof.
    Für einen Augenblick zögerte er, betrat dann doch das nächste Hemdengeschäft, größer als das center, dennoch boutique benannt und auch nicht ausreichend desodoriert. Ein verirrtes Mannequin wandte sich ihm zu, mit dem Ausdruck es eigentlich nicht nötig zu haben und der Standardfrage: „Was kann ich für Sie tun?“
    Er ließ es sie wissen, hatte jedoch Schwierigkeiten mit Größe und Kragenweite, die ihm in Zentimetern nicht mehr geläufig waren, und ihr nicht in Inches.
    Nach einem abschätzigen Blick, türmte sie Platten der gewünschten Farbe vor ihn, brettsteif auf Karton montierte Hemden in durchsichtigen Knistertüten. Sein Wunsch, eine dieser Schaupackungen zu öffnen, um Halsweite und Ärmellänge zu probieren, bracht ihm den Sturz als König Kunde. „Ich kann das nicht nachher alles wieder einpacken.“
    Im dritten Hemdengeschäft mußte die Verkäuferin nach getroffener Wahl den Geschäftsführer rufen, ehe sie mit entnervend ungeschickten Fingern die Tüte, elf Stecknadeln, einen Karton, Schaum- und Kunststoffstützen, sowie Qualitätsorden, Firmenzeichenanhänger und Betriebsanleitung entfernen durfte. Das bügelfreie Produkt erwies sich als passend. Leider klaffte, infolge knappen Zuschneidens an der Schulternaht des rechten Ärmels ein Loch. Der Geschäftsführer zeigte Verständnis mit dem Hersteller. Er nahm dessen Maschinen in Schutz. So was könne schließlich vorkommen und sei bei der reichen Auswahl kein Problem.
    Ein zweites Exemplar der gleichen Art und Größe war jedoch nicht aufzutreiben. Andere Dessins gefielen dem Kunden nicht. Bis zur Schwelle blieb der Geschäftsführer höflich, aber sein Blick besagte alles: Mündige Bürger wie Sie, die genau wissen, was sie wollen, hemmen das Wachstum und gefährden Arbeitsplätze!
    Eine halbe Stunde später schaute Lukas ähnlich drein. Sein Wagen, das heißt der Renates, war weg. Nur ein Ölfleck glänzte in der langen Parklücke.
    Kein Wagen und kein Hemd, — das hab’ ich nicht verdient.
    Das Ärgernis, zu dem er noch keine Einstellung hatte, zog die Bekanntschaft mit einem Hausbewohner nach sich. Der lässige, nicht mehr ganz junge Mann, der in diesem Augenblick aus dem Betonklotz kam, durch seine Begleiterin zum Playboy reduziert, meinte nach ungerührtem Blick in die Lücke: „Sehr witzig, diese Abschlepperei!“
    Die Pechgemeinschaft machte sich bekannt. Auf der andern Seite der Straße hätten Sie parken dürfen, drum war da auch nichts frei. Alles Weitere lief mit Krimiglätte. Wie ein TV-Serienheld — das Gesicht paßte vortrefflich — hielt der nicht mehr ganz junge Mann das drehbuchgerecht vorbeikommende Taxi an und dirigierte den Fahrer zum Abschleppplatz.
    „Na bitte.“
    Mittendrin stand einer jener gepflegten Geländewagen, mit denen
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