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Geständnis

Titel: Geständnis
Autoren: bernd
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alle und jeden, der möglicherweise
irgendetwas für seinen Mandanten tun konnte. Doch die Uhr hatte
weitergetickt. Und sie tickte noch, lauter und immer
lauter.
    Im Verlauf des Verfahrens hatte Robbie Flak sein gesamtes
Vermögen ausgegeben, sämtliche sozialen Brücken abgebrochen,
praktisch alle Freunde vergrault und sich selbst in einen Zustand
dauerhafter Erschöpfung und psychischer Labilität gebracht. Er
hatte so lange in dasselbe Horn gestoßen, bis ihn niemand mehr
hören wollte. Für die meisten Außenstehenden war er lediglich ein
Anwalt mit großer Klappe, der einen Riesenwirbel um seinen
angeblich unschuldigen Mandanten machte, ein Phänomen, das allzu
verbreitet war.
    Das Verfahren hatte ihn physisch und psychisch an seine
Grenzen gebracht. Als es zu Ende war und der Staat Texas beschloss,
Donte hinzurichten, kamen Robbie ernsthafte Zweifel, ob er
weitermachen konnte. Er nahm sich vor wegzugehen, seinen Bahnhof zu
verkaufen, Slone und Texas zu sagen, sie könnten ihn mal, und in
die Berge zu ziehen, zum Beispiel nach Vermont, wo die Sommer kühl
waren und niemand vom Staat umgebracht wurde.
    Im Besprechungsraum gingen die Lichter an. Offenbar war schon
jemand da, der das Büro aufgeschlossen hatte und Vorbereitungen für
die bevorstehende Höllenwoche traf. Robbie stieg aus dem Auto und
ging hinein. Er traf auf Carlos, einen seiner langjährigen
Mitarbeiter, und sie unterhielten sich ein paar Minuten bei einem
Kaffee. Es dauerte nicht lange, und sie kamen auf das Thema
Football.
    „ Haben Sie die Cowboys gesehen?“, fragte Carlos.
    „ Nein, ging nicht. Preston soll einen guten Tag gehabt
haben.“
    „ Allerdings. Drei Touchdowns. Über zweihundert Yards
Raumgewinn.“
    „ Ich bin kein Cowboys-Fan mehr.“
    „ Ich auch nicht.“
    Noch vor einem Monat hatte Rahmad Preston in diesem
Besprechungsraum gesessen, Autogramme gegeben und in die Kameras
gelächelt. Ein entfernter Verwandter von ihm war zehn Jahre zuvor
in Georgia hingerichtet worden. Preston hatte sich Donte Drumms
Sache zu eigen gemacht und versprochen, andere prominente Spieler
der Cowboys und weitere Spitzenvereine mit ins Boot zu holen. Er
wollte den Gouverneur, den Begnadigungsausschuss, wichtige Leute
aus Politik und Wirtschaft, ein paar Rapper, die er angeblich gut
kannte, und vielleicht sogar einige Hollywoodpromis ansprechen. Er
wollte eine lautstarke Kampagne starten, die den Staat am Ende zum
Einlenken zwingen würde. Doch Rahmads Versprechungen erwiesen sich
als Lippenbekenntnisse. Ganz plötzlich wurde es still um den
Footballstar. Sein Agent ließ verlauten, er sei „in Klausur
gegangen“, außerdem lenke ihn diese Angelegenheit viel zu sehr ab.
Als großer Verschwörungstheoretiker hatte Robbie sofort den Verein
und sein Sponsorennetzwerk im Verdacht, auf Rahmad Druck
auszuüben.
    Um 8.30 Uhr hatte sich die Belegschaft im Besprechungsraum
versammelt. Robbie eröffnete das Meeting. Im Moment hatte er keine
Partner - der letzte hatte sich mit einer Klage verabschiedet, die
noch anhängig war -, aber es gab zwei fest angestellte
Volljuristinnen, einen Assistenten und eine Assistentin, drei
Sekretärinnen und Aaron Rey, der stets in der Nähe war. Nach
fünfzehn Jahren an Robbies Seite kannte er sich mit Recht und
Gesetz besser aus als selbst die erfahrensten Assistenten.
Ebenfalls zugegen war ein Jurist von Amnesty Now, einer in London
residierenden Menschenrechtsgruppe, die Tausende wertvoller Stunden
in Drumms Berufungsverfahren investiert hatte. Per Telefon
zugeschaltet war ein Berufungsspezialist aus Austin, den die Texas
Capital Defender Group eingeschaltet hatte, eine gemeinnützige
Organisation, die rund ein Viertel aller Todeskandidaten in Texas
betreute, sie durch die Instanzen begleitete und dabei viel
Sachkenntnis und Engagement bewies.
    Robbie ging die Agenda für die Woche durch. Aufgaben wurden
definiert und verteilt, Zuständigkeiten geklärt. Er versuchte,
Hoffnung und Optimismus auszustrahlen, als wäre immer noch ein
Wunder möglich.
    Und in der Tat bahnte sich rund sechshundert Kilometer weiter
nördlich in Topeka im Bundesstaat Kansas so etwas wie ein Wunder
an.
     

Chapter 3
     
    Ein paar Details ließen sich leicht überprüfen. Immerhin
gehörte Dana der lutherischen Gemeinde St. Mark an, und so tat sie,
was sie öfter tat, sie erkundigte sich nämlich telefonisch, wie es
den geschätzten Kirchgängern ging. Nebenbei erfuhr sie im Gespräch
mit einem Aufseher des Übergangshauses, dass Boyette
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