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Gerechte Engel

Gerechte Engel

Titel: Gerechte Engel
Autoren: Mary Stanton
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sich jetzt trotzdem wie eine Schneekönigin freut. Was Consuelo angeht … nun ja, das wird sich ja gleich herausstellen. Haben Sie Ihr Plädoyer ausgearbeitet, meine Liebe?«
    »Ja«, sagte Bree.
    Goldstein strahlte sie an. »Dann wünsche ich Ihnen viel Glück.«
     
    Wenige Minuten später stieg Bree die lange silberne Treppe hinunter, die zum Gerichtssaal führte. An den hohen Wänden links und rechts von ihr liefen Szenen aus Consuelos Leben ab. Sie sah Alexander als Kleinkind im Schoß seiner Mutter liegen. Consuelo wurde auf ihrer Hochzeit gezeigt, starr vor Stolz und Freude.
    Consuelo und Haydee, die sich wie fauchende Katzen gegenüberstanden.
    Caldecott und Beazley lümmelten sich auf ihrer Bank. Bree nahm ihren Platz auf der anderen Seite des Ganges ein, legte ihre Aktentasche ab und nahm ihr Plädoyer heraus. Vor ihr ragte das Richterpult auf, dessen Vorderseite mit Zitaten aus dem Koran, der Bibel und der Tora geschmückt war.
    Ein gedämpfter Gongschlag hallte durch den Raum. Alle Anwesenden erhoben sich. Hinter dem Richterpult manifestierte sich eine große leuchtende goldene Kugel. Auf der dicken Marmorplatte des Pults erschien die von Flügeln eingerahmte Waage der Gerechtigkeit.
    Bree hatte den Eindruck, dass das goldene Licht auf der Richterbank wohlwollend den Stock betrachtete, auf den sie sich stützte.
    »Man beginne«, verkündete eine sonore Stimme.
    »Euer Ehren«, sagte Bree. »Ich vertrete Consuelo Bulloch, eine Frau, die ihren Sohn hingebungsvoll und selbstlos geliebt hat. Wir sind hier, weil wir um Gnade bitten wollen.«
     
    »Das ist ja ganz gut über die Bühne gegangen«, sagte Ron. Bree schlüpfte aus dem Talar und legte ihn sorgfältig zusammen, bevor sie ihn an Ron weiterreichte. Ron drückte auf den Knopf des Fahrstuhls. »Gut, dass Sie den Stock mitgenommen haben. Hat Ihnen viel Sympathie eingetragen. Caldecott hatte auch ein paar Asse im Ärmel. Hätte also schiefgehen können.«
    »Purgatorium«, sagte Bree. »Ich habe für den Ersten Kreis des Himmels plädiert.«
    »Ich glaube, Sie sollten dankbar sein, dass wir wenigstens das erreicht haben.«
    »Stimmt. Die Frau war in mancherlei Hinsicht völlig bigott.« Bree seufzte. »Vermutlich ist sie ein Produkt ihrer Zeit gewesen. Was natürlich keine Entschuldigung ist.«
    Die Tür des Fahrstuhls öffnete sich, und sie traten in die Kabine. Bree versank in Gedanken und kam erst wieder zu sich, als der Fahrstuhl das Parterre erreichte. Der Fall war vorüber. Justines Schicksal lag jetzt in anderen Händen, damit hatte Bree nichts mehr zu tun. Über Consuelos Fall war verhandelt und entschieden worden. Der Mordfall Florida Smith würde vor irdischen Gerichten seinen Gang gehen. Bree hoffte inständig, dass man Justine dafür zur Verantwortung zöge. Und sie beschloss, ab und zu bei dem wackeren, ehrenwerten Bobby Lee Kowalski vorbeizusehen.
    Der Fall war vorüber.
    »Ich würde wirklich gern wissen, was aus Dent geworden ist«, sagte sie zu Ron.
    »Wie bitte?«
    Bree blickte auf. Die junge Rechtsanwältin, die neben ihr im Fahrstuhl stand, hatte sie schon mal irgendwo gesehen. Vielleicht bei Huey’s oder im Fitnessstudio. Die Frau lächelte sie an. »Was haben Sie mich da gerade gefragt?« So dicht, wie Ron neben der Frau stand, hätte sie ihn eigentlich wahrnehmen müssen. Aber offenbar hatte er sich gerade unsichtbar gemacht.
    »Sorry. Hab nur laut gedacht.«
    »Kein Problem.« Die Frau wich zur Seite, um Bree den Vortritt zu lassen. »Sie sind doch Bree Beaufort, nicht wahr?«
    »Ja.« Bree hängte sich den Krückstock über den Arm und streckte die Hand aus.
    »Margery Slack. Hab gehört, Sie hätten neulich eins auf den Kopf bekommen.«
     
    »Toll«, sagte Bree verbittert, als sie und Ron zur Angelus Street zurückgingen. »Ich könnte wetten, dass Margery jetzt über Facebook all ihren Freunden mitteilt, dass ich im Fahrstuhl mit mir selbst rede.«
    »Sie haben bei diesem Fall eine Menge geleistet. Goldstein ist jemand, der nicht gerade zu überschwänglichen Lobpreisungen neigt. Das letzte Hosianna! hat er vor der Sintflut vom Stapel gelassen.«
    »Sehr komisch«, grummelte Bree. Sie blieben vor dem schmiedeeisernen Tor des Hauses Angelus Street 66 stehen. Die Strahlen der Sonne fielen so auf die Kugeln des schmiedeeisernen Zauns, dass diese sich zu drehen schienen.
    Der Friedhof war so unwirtlich und düster wie eh und je.
    Bree öffnete das Tor und trat ein. Ron folgte ihr. Sie blieben vor einem Grab stehen, das noch
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