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Generation Wodka

Generation Wodka

Titel: Generation Wodka
Autoren: Marcus Mockler , Wolfgang Büscher , Bernd Siggelkow
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das Konsumverhalten dieser Zielgruppe habe. Aber natürlich trägt die Werbung nicht die Alleinschuld am steigenden Alkoholkonsum der Jugendlichen. Sie ist nur ein Baustein von vielen.
    Kommen wir noch einmal zurück auf die über den Strand tanzenden jungen Damen mit einer Flasche Bier in der Hand. Alkoholwerbung verführt, wie andere Werbung auch, grundsätzlich dazu, den Konsum immer weiter zu steigern. Und Bier ist eine Einstiegsdroge. Mit Bier allein dürfte sich wohl noch kaum jemand ins Koma gesoffen haben, aber Bier senkt die Hemmschwelle bei Jugendlichen, überhaupt Alkohol zu trinken. Gerade die Bierwerbung suggeriert uns, dass Trinken zum gesellschaftlichen Alltag dazugehört.
    Bier ist daher meist das, was Haschisch bei den illegalen Rauschmitteln ist: die Einstiegsdroge. Mit Bier trinkt man sich den Mut an, auch die harten Sachen zu probieren.
    Das Schlimme an der ganzen Sache ist, dass man heute fast überall gute Gründe braucht, um nicht zu trinken: „Wie, du trinkst keinen Alkohol? Hast du ein Problem?“ Wie oft muss man sich dafür entschuldigen, dass man nicht trinken möchte? Das ist nun nicht gerade das Klima, das zu einem abstinenten oder zumindest gemäßigten Lebensstil im Umgang mit Alkohol hilft.
    Neben dem schon angesprochenen persönlichen Umfeld spielen auch gesellschaftliche Normen und Sanktionierungen beim Trinken eine große Rolle. Bei uns in Deutschland konkurrieren zwei Trinkstile: der südeuropäische und der skandinavische.
    In Südeuropa ist es tradierte Norm, regelmäßig kleinere Mengen Alkohol zu trinken. Zum Beispiel gehört das Glas Rotwein zum Mittagessen im Süden Frankreichs einfach dazu. Ein besoffener Mann hingegen, der dort abends aus der Kneipe kommt und betrunken nach Hause torkelt, macht sich ganz schnell zum Außenseiter.
    In Skandinavien ist es eher umgekehrt. Hier gibt man sich schon eher mal die Kante, man darf auch gelegentlich einen über den Durst trinken. Der regelmäßig-mäßige Konsument ist dagegen eher verpönt.
    In Deutschland wird fast überall beides akzeptiert. Deswegen fällt es hierzulande vielen Menschen schwerer, Normen zu definieren, bis zu welchem Grad Alkoholkonsum in Ordnung ist. Und deswegen trinken bei uns eigentlich die Kinder und Jugendlichen von der Professorentochter bis zum Hartz-IV-Empfänger.
Alkohol ist allgegenwärtig
    Wenn man sich auf die Sucht erst einmal eingelassen hat, ist der Weg zurück sehr hart. Eine Studie der Therapiestation Teen Spirit Island der Kinderklinik in Hannover 10 besagt, dass alkohol- und nikotinabhängige Jugendliche am häufigsten mit Rückfällen bei einer Therapie zu kämpfen haben. Man höre und staune: Dieser Studie nach sind die Therapieerfolge bei den sogenannten „harten“ Drogen größer als bei den legalen.
    Experten wundert das übrigens nicht: Alkohol ist heute in Deutschland so billig und frei verfügbar wie in kaum einem anderen Land der Europäischen Union. Die Griffnähe in Supermärkten und Tankstellen, gezielte Werbung und extrem niedrige Preise sorgen dafür, dass unsere Kinder immer wieder in Versuchung geführt werden. Auch die Alkoholsteuer ist in unserem Land sehr niedrig. Man kann sich schon für ein paar Euro eine Flasche Wodka kaufen und fügt einfach ein wenig Brausepulver hinzu – fertig ist das super preiswerte, hochprozentige, süße Mixgetränk.
    Ein großer Teil der betroffenen Jugendlichen trinkt, weil der Stoff fast nichts kostet und weil das Gefühl, „breit“ zu sein, aus ihrer Sicht „einfach geil“ ist. Das haben sie uns jedenfalls oft erzählt. Den Zeitpunkt, um aufzuhören, den findet fast keiner der jungen Leute. Wo sollen sie das auch gelernt haben, wenn das Trinken in der Werbung doch so viel Spaß macht und die Menschen dort auch noch alle so gut aussehen? So muss man sich nicht wundern, wenn der Anteil alkoholkranker Menschen in den Kliniken immer mehr ansteigt.
    Seit 2007 sind psychische Störungen bereits für die meisten Behandlungstage dort verantwortlich. Sie haben die Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Hauptanlass für eine Klinikbehandlung abgelöst und machen 16,2 Prozent aller Behandlungstage aus. 1990 betrug dieser Anteil noch 8,2 Prozent. Und Verhaltensstörungen durch Alkohol bilden die häufigste Diagnose aus der Gruppe der psychischen Störungen. Was muss eigentlich noch alles
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