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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils
Autoren: Eric Nylund
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hätte der alten Frau das Herz gebrochen.
    Sie erhaschte einen weiteren Blick auf Linda, die mit den Gästen lachte. Immer gaben sie ihr großzügig Trinkgeld. Linda wusste, wie man mit Leuten umging. Fiona hätte alles darum gegeben, so selbstbewusst zu sein. Jedes Mal, wenn sie mit Fremden reden musste, klopfte ihr Herz so laut, dass sie kaum ihre eigene Mäusestimme hören konnte, wenn sie versuchte, irgendetwas Schlaues zu piepsen. Nie schaffte sie es, jemandem in die Augen zu sehen, und einen Großteil des Tages verbrachte sie damit, ihre eigenen Füße anzustarren.
    Wenn Schüchternheit eine Krankheit gewesen wäre, hätte man Fiona eilends auf die Intensivstation gebracht und an eine Sozialbeatmungsmaschine angeschlossen.
    Seufzend blieb sie an den Türen zum Partyraum stehen.
    Irgendetwas stimmte nicht: Sie waren geschlossen.
    Der Partyraum wurde tagsüber immer offen gelassen, damit die Gäste den großen Tisch, der für zwei Dutzend Personen ausreichte, die Bar und den Fernseher sehen konnten und in Versuchung gerieten, den Raum für Sportveranstaltungen oder Geburtstagsfeiern zu buchen: für vierzig Dollar den Abend.
    Dann stieg ihr der Geruch in die Nase: Vanille, Pesto und ein säuerlicher Duft, der kein Essen war … nicht mehr.

    Sie versteifte sich und zog die Schiebetüren auseinander. Sofort war ihr klar, was letzte Nacht passiert sein musste: Zwanzig zuckerberauschte Spinnenaffen waren, getarnt als sechsjährige Gäste für einen Kindergeburtstag, in diesem Raum eingeschlossen worden. Über die Wände, den Boden und nur rein zufällig auch über den Tisch verteilt befanden sich Pasta, Pizzaränder, Klumpen aus zerlaufenem Käse, babyblauer Zuckerguss und Pfützen aus geschmolzenem Speiseeis, all das fein säuberlich bedeckt von einer Schicht verstreuter Konfetti.
    In der Ecke entdeckte sie eine zähflüssige, orangefarbene Pfütze, und erst jetzt begriff Fiona, dass Mike keinen Mitarbeiter gemeint hatte, als er gesagt hatte, jemandem sei während der Nachtschicht schlecht geworden.
    Fiona schob den Wagen in den Raum und schloss die Türen hinter sich. Es bestand keine Notwendigkeit, die zahlenden Gäste dem hier auszusetzen.
    Sie zog sich ein Haarnetz über den Kopf und band dann ein Bandana um. Als Nächstes kam eine weiße Leinenschürze, die vom Kinn bis zu den Knien reichte, und als Letztes streifte sie die dicken Gummihandschuhe über. Das war ihre Rüstung.
    Sie fegte Konfetti, Essen und Geschenkpapierfetzen, auf denen winzige Roboter abgebildet waren, zusammen. Dann benutzte sie die Kehrschaufel, um die schleimigeren Rückstände loszukratzen.
    Fiona fragte sich, wie es wohl wäre, richtige Geburtstagspartys zu haben. Sie und Eliot bekamen eine kurze Zeremonie am Morgen ihrer Geburtstage. Cee versuchte, etwas Besonderes zum Frühstück zu machen, und sie taten so, als würde es ihnen schmecken. Es gab Geschenke, normalerweise Bücher, Stiftesets oder Notizbücher. Aber sie waren nie in buntes Papier eingewickelt. Und bestimmt nicht in Papier, das mit Robotern bedruckt war.
    Natürlich brauchte man zu einer richtigen Geburtstagsparty Freunde und Luftballons und Spiele, und sich ein derartiges Szenario in Großmutters Wohnung auszumalen überstieg Fionas Vorstellungskraft.

    Sie hielt mitten im Aufwischen einer Olivenölpfütze mit dem Schwamm inne, und plötzlich war sie wütend auf Großmutter und ihre 106 Regeln.
    Hätte Fiona ohne diese Regeln wie Linda sein können? Hätte sie mit Leuten reden können? Lächeln? Den Blick nicht ständig auf ihre Schuhe gerichtet? Sie hätte keinen Job gehabt. Sie hätte die Sommer zu Hause oder bei Freunden verbracht, bei Pyjamapartys und Mitternachtsfilmen, sagenhaften Veranstaltungen, die ihr weit unwirklicher vorkamen als die staubigen Geschichten auf den Regalen ihres Zimmers.
    Fiona fühlte sich ausgelaugt. Sie würde sich einfach hinlegen, bis man sie am Ende ihrer Schicht hier fand.
    Auf einmal sah sie etwas aufblitzen. Ein Stück roter Folie glitzerte halb verborgen unter einem Papierteller hervor. Als sie den Teller verschob, entdeckte sie eine eingewickelte Süßigkeit. Darauf gedruckt waren die Worte: EDELBITTER SPEZIAL.
    Fionas Herz schlug schneller, während sie näher herantrat.
    Es war Schokolade.
    Obwohl Großmutters Regeln Schokolade nicht direkt verboten, war sie in Fionas Leben dennoch so selten wie ein Tag ohne Hausaufgaben. Cee hatte welche in der Küche, halbbittere Streusel, Kakaopulver und manchmal einen Klotz bittere
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