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Geliebter Schuft

Geliebter Schuft

Titel: Geliebter Schuft
Autoren: Jane Feather
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dass er das Recht hatte, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
    Sie blickte von ihren Unterlagen auf, als die anderen Rednerinnen zu ihr aufs Podium kamen. Der Saal war zu zwei Dritteln voll, erwartungsvolle Gesichter blickten zu ihr auf. Die Türsteherin wollte eben schließen, als Max Ensor eintrat.
    Constance erstarrte.
    Max schaute sie direkt an, wie sie hinter dem Tisch auf dem Podium stand. Einen Moment sah sie nur seine Augen wie zwei blaue Flammen vor sich. Sie musste dem Instinkt widerstehen, vor der versengenden Glut seines Zorns zurückzuweichen, vor der glühenden Gewalt seiner Entschlossenheit.
    Ganz klar, er hatte die neueste Ausgabe der Zeitung gelesen. Ebenso klar war, dass er, wie sie vermutet hatte, an jenem Abend die Probenummer gesehen und sich seinen Reim darauf gemacht hatte.
    Nun aber wällte ihr eigener Zorn wieder frisch und heftig auf und bannte den Anflug von Angst, den sein Anblick hervorgerufen hatte. Wie konnte er es wagen zu kommen ? Was wollte er heute in Erfahrung bringen ? Glaubte er wirklich, man würde ihn hier dulden, nachdem sein Betrug offenbart worden war?
    Sie blickte auf ihre Hände hinunter. Zu ihrer Verwunderung waren sie ganz ruhig. Als sie zu sprechen anfing, erschollen ihre Worte über die Köpfe der Versammlung, und das Summen der Gespräche verstummte.
    »Das ist eine Versammlung für Freunde der WSPU, Mr. Ensor. Spitzel sind hier nicht willkommen. Ich muss Sie bitten zu gehen.«
    Das hatte Max nicht erwartet. Der kühne Affront dieser direkten Attacke raubte ihm den Atem. Er trat einen Schritt auf das Podium zu.
    »Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, Sir, dass hier viele Menschen sind, die Ihnen auf den Weg helfen, falls Sie nicht freiwillig gehen. Was uns Frauen an Köperkraft mangelt, machen wir durch die Zahl wett.« Beißende Ironie färbte ihren Ton. »Ich könnte mir denken, dass dies für die Presse eine interessante Story abgeben dürfte.«
    Es wurde totenstill im Saal. Alle schienen den Atem anzuhalten, und alle blickten auf den Mann, der hinten stand, die Handschuhe in der Hand, die Autofahrerbrille auf die regennasse Mütze zurückgeschoben.
    Max konnte kaum glauben, was er hörte, wollte aber den Ernst ihrer Absicht nicht auf die Probe stellen. Ihm blieb nichts übrig, als die schmähliche Niederlage einzustecken und den Rückzug anzutreten.
    »Miss Duncan, die Abrechnung kommt noch. Geben Sie sich diesbezüglich keinem Irrtum hin.« Er erhob die Stimme nicht, doch war jedes Wort so deutlich zu hören, als hätte er ein Megaphon benutzt. Er machte auf dem Absatz kehrt, ging aus dem Saal und schlug die Tür hinter sich zu.
    Nun zitterten Constances Hände so stark, dass ihr die Papiere entglitten und auf den Tisch fielen. Sie konzentrierte sich darauf, mit gesenktem Blick die verstreuten Bögen einzusammeln, wohl wissend, dass ihr die Aufmerksamkeit aller galt, im Saal und auf dem Podium.
    »Sicher haben Sie damit nicht gerechnet«, murmelte Emmeline, die ihr half, die Papiere einzusammeln, während Christobel das Schweigen brach, indem sie die Einzelheiten der letzten Versammlung vorlas.
    »Nie hätte ich gedacht, dass er sich hier zeigen würde«, erwiderte Constance leise. »Er muss wohl vermutet haben, dass viele der Leute, die eine WSPU-Versammlung besuchen, den Artikel gelesen haben. The Mayfair Lady ist als Blatt der Frauenbewegung bekannt.«
    »Vielleicht wollte er etwas zu seiner Rechtfertigung vorbringen«, bemerkte die andere.
    »Das hier ist nicht das geeignete Forum«, erwiderte Constance scharf. Da sie wusste, dass sie überzogen reagiert hatte, richtete ihr Zorn sich nun gegen sich selbst. »Sie hätten
    doch seine Anwesenheit nicht geduldet, oder?« Sie hörte selbst, wie defensiv ihre Frage klang.
    Emmeline schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht.« Sie zögerte und sagte dann: »Unserer Sache ist nicht gedient, wenn man sich an höchster Stelle Gegner schafft, Constance.«
    »Er war ohnehin ein Gegner«, erwiderte Constance. Plötzlich war ihr Christobels Ungeduld mit ihrer konzilianten Mutter nicht mehr ganz unverständlich. Sie warf Christobel einen Blick zu, dem diese mit fragend hochgezogenen Brauen begegnete. Constance nickte. Sie war bereit, sehr bereit sogar. Christobel setzte sich, als Constance zum Podium schritt.

Hewlett-Packard
    18. Kapitel
    Max saß am Steuer seines Automobils, auf dessen Verdeck der Regen trommelte. Es d a uerte ganze fünf Minuten, bis sein Kopf wieder klar war. Was für ein irrer Einfall! Den Kopf in
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