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Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte

Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte

Titel: Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte
Autoren: Kristin Ganzwohl
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freundliche: Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, aber nachdem ich dein Profil gelesen habe, glaube ich nicht, dass wir zusammenpassen – »konservativ« ist nicht so mein Ding. Ich wünsche dir viel Glück beim Suchen und Finden der Liebe!
    Ein »leitender Manager im Finanzwesen (40)«, der sich selbst als »konservativ« beschrieb – das klang nicht nach meinem Traummann. Das klang haargenau nach meinem Ex, den ich vor einem Jahr verlassen hatte. Ich wünschte mir einen Verwegenen, Wilden mit Dreitagebart und einem Job, bei dem man keine Krawatten tragen muss. Das Gegenteil von konservativ sozusagen.
    Seine Antwort kam wenige Minuten nachdem ich ihm den netten schriftlichen Korb gegeben hatte. Ich habe das Wort »konservativ« sofort aus meinem Profil gelöscht und auch sonst einiges geändert, schrieb er zurück. Vielleicht passe ich jetzt besser in die Prinzenschublade? Bitte, lies es doch noch einmal.
    Das gefiel mir, also las ich das neue Profil, entschuldigte mich für die vorschnelle Absage, bekam humorvolle Antworten, interessante Komplimente, und irgendwann, nach ein paar Wochen, trafen wir uns – obwohl er genau an diesem Tag den Münchner Triathlon absolviert hatte.
    Es war sein siebter in diesem Jahr. Und mir, die ich nur Bauch-Beine-Po-Kurse im Fitnessstudio besuche, war nicht klar, was das bedeutete: Nämlich, dass er Mühe hatte, die Treppenstufen zu dem Café hochzusteigen, in dem wir verabredet waren. Dass er mir zeigen wollte, wie wichtig ihm dieses Treffen war. Ich möchte dich unbedingt noch sehen, bevor du mit deiner Freundin nach Rom fliegst, hatte er mir geschrieben. Das geht dann schon irgendwie, trotz Triathlon. Er fiel fast vom Stuhl vor Muskelkater, aß etwa zwei Kilo Pasta mit Sahnesoße, immer wieder fielen ihm kurz die Augen zu. Und er war das Beste, was mir seit Langem passiert war.
    »Viel Haar, viel Hirn, viel Herz«, so beschrieb ich ihn später meiner Freundin Hannah, als ich mit ihr durch Rom schlenderte.
    »Iiih, Haare auf dem Rücken oder was?«, kreischte sie.
    »Nein, Haupthaar. Ich spreche von dunklen Locken auf dem Kopf. Du weißt doch, wie sehr ich auf Wuschelköpfe stehe – und wie schwierig es ist, welche zu finden, weil alle Kerle ab dreißig mit Geheimratsecken kämpfen.«
    »Leider wahr.«
    »Außerdem kommt es ja wohl mehr auf Herz und Hirn an.«
    »Naaa jaaa …«, meinte Hannah.
    Zusätzlich zu den Locken trug Claus in seiner Freizeit den von mir so geschätzten Dreitagebart und Furchen im Gesicht, auf die jeder Hollywood-Star, der einen einsamen Cowboy darstellen sollte, neidisch wäre. Ich mag Cowboys.
    Beim vierten Date an der Isar, drei Wochen nach meinem Rom-Trip, hatte er Wein und Gläser dabei. Beim Ein- und Aussteigen in seinen Sportwagen hielt er mir immer die Tür auf. Alles Masche, dachte ich, macht er bestimmt bei jeder. Schön fand ich es trotzdem. Ein bisschen albern, aber schön.
    Es war Ende September und trotzdem so warm wie an einem Hochsommertag, was ich leider zu spät gemerkt hatte. Daher saß ich schwitzend in einem langärmeligen, gestreiften Designerfischerhemd und passenden aus gebleichten Jeans am Flussufer und hechelte möglichst unauffällig vor mich hin, während er sich in schwarzen Badeshorts auf der Picknickdecke räkelte und seinen Triathlon-gestählten Körper zur Schau stellte.
    Ein bisschen wie Coco Chanel, gespielt von Audrey Tautou in dem gleichnamigen Film, hatte ich mit meinem Pseudofischerhemd aussehen wollen. Sogar meine dunklen Haare hatte ich mir in diesem Stil geföhnt, zumindest hatte ich es versucht. Doch dank der Hitze ähnelte ich wohl eher einem verschwitzten Krabbenkutterkapitän.
    »Dir muss doch furchtbar warm sein«, sagte er. »Warum ziehst du die Bluse nicht aus? BH s sehen heute meistens aus wie Bikini-Oberteile, das ist doch völlig in Ordnung.«
    Das stimmte natürlich, aber heute trug ich meinen Ketchup-roten, leicht nuttigen, durchsichtigen Spitzen- BH , dessen Träger ab und zu dezent hervorblitzen sollten. Mehr nicht. Damit ein Sonnenbad an der Isar, vor ihm, dem konservativen Cowboy – undenkbar. Irgendwann jedoch, kurz vor einem Hitzschlag, war mir alles egal, und ich riss mir das Hemd vom Leib.
    Er räusperte sich und sagte: »Siehste, ist doch viel besser so.«
    Als wir in meine Wohnung zurückkamen, war ich beschwipst von Sonne und Weißwein aus richtigen Gläsern. Er redete ununterbrochen von meinem roten Spitzen- BH, und dann schliefen wir miteinander. Es war genau der richtige Zeitpunkt,
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