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Geisterlicht: Roman (German Edition)

Geisterlicht: Roman (German Edition)

Titel: Geisterlicht: Roman (German Edition)
Autoren: Elaine Winter
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und zerrieb es zwischen den Fingern. Der Geruch war herrlich aromatisch, aber sie hatte keine Ahnung, wofür diese Pflanze verwendet wurde.
    Das ergibt einen wunderbaren Tee!
    Es war, als hätte ihr eine leise Frauenstimme diesen Gedanken zugeflüstert. Obwohl sie genau wusste, dass niemand hinter ihr stand, wandte sie unwillkürlich den Kopf. Jetzt fing sie schon an, Stimmen zu hören!
    Energisch schob Fiona sich die Haarsträhnen aus den Augen, die der Wind ihr ins Gesicht geblasen hatte. Dann pflückte sie eine Handvoll von dem Kraut und ging wieder ins Haus. In der Küche wusch sie die Blätter, zupfte sie klein und warf sie in die Kanne aus weißem Porzellan, bevor sie sie mit dem inzwischen kochenden Wasser übergoss. Der Duft, der aus der Kanne aufstieg, war so köstlich, dass sie es kaum abwarten konnte, den Tee zu probieren.
    »Das duftet aber verführerisch. Was ist das für ein Tee?«
    Als sie direkt neben sich die dunkle Männerstimme hörte, fuhr Fiona erschrocken herum. Sie hatte Aidan nicht kommen hören. Nun schaute sie ihm aus nächster Nähe direkt ins Gesicht, und wieder stockte ihr für einen kurzen Moment der Atem. Seine Augen entwickelten einen Sog wie ein geheimnisvoller See, dessen dunkelblaue Tiefen lockten. Vor allem aber blieb ihr die Luft weg, weil sie seine Züge schon so oft gesehen hatte. Inzwischen war sie sich ganz sicher: Das war nicht irgendein dunkelhaariger Mann, sondern der vertraute Fremde aus ihren Träumen.
    »Das ist Kräutertee«, stieß sie hervor und versuchte vergeblich, das Zittern ihrer Hände unter Kontrolle zu bringen.
    »Oh. Sie kennen sich auch mit Kräutern aus? Das scheint in der Familie zu liegen. Dawn ist auch eine richtige kleine Kräuterhexe. Sie hat mich schon einige Male zum Essen eingeladen, und was sie auch kocht, durch die Kräuter aus ihrem Garten wird es jedes Mal unglaublich köstlich. Aber einen so herrlich duftenden Tee habe ich noch nie von ihr bekommen.« Aidan beugte sich vor und wedelte sich mit der Hand den Dampf zu, der aus der Kanne stieg.
    Fiona starrte in die kleine Wolke und meinte plötzlich, eine zarte Frau mit roten Locken darin zu sehen, die in einem Sessel saß und sie anschaute. Die Frau bewegte die Lippen, doch in Fionas Ohren rauschte das Blut so laut, dass sie nichts verstehen konnte. Was angesichts eines Fantasiegebildes aus Dampf ja auch kein Wunder war. Rasch wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Aidan MacNaughton zu.
    »Ich habe keine Ahnung, was das überhaupt ist«, gestand sie. »Aber es riecht gut, und weil die Teedose leer war, dachte ich, wir versuchen es einfach mit dieser Pflanze. Es wird schon nichts Schädliches sein, wenn es im Kräutergarten wächst.«
    »Na dann mal los.« Aidan lächelte auf eine Weise, die dafür sorgte, dass Fiona erst heiß, dann kalt und anschließend wieder heiß wurde. Rasch drehte sie sich um, nahm zwei Steingutbecher aus dem Hängeschrank über dem Herd und stellte sie auf den Tisch. Aus einer Blechdose, die sie in dem großen Vorratsschrank in der Ecke entdeckt hatte, schüttete sie einige Plätzchen auf einen Teller. Schließlich goss sie den Tee durch ein feines Sieb in die beiden Tassen. Die Flüssigkeit hatte eine tiefgoldene Farbe und ihr Duft zog jetzt in betörenden Schwaden durch die Küche.
    »Bittesehr.« Fiona schob ihrem Gast seinen Becher hin und deutete einladend auf einen der Stühle am Tisch.
    »Vielen Dank.« Mit jenem Lächeln, das sie schrecklich unruhig machte, setzte Aidan sich und zog den Becher zu sich heran. Dann neigte er den Kopf und atmete mit geschlossenen Augen den aufsteigenden Dampf ein.
    Fiona wählte den Stuhl ihm gegenüber. Der Tisch war lang und schmal, und als sie sich setzte, berührte sie mit ihrem Knie versehentlich das seine. Sie zuckte zurück, und gleichzeitig hob er den Kopf und schaute sie prüfend an. Es kostete sie einige Mühe, seinem Blick standzuhalten, doch es gelang ihr, obwohl die Hitze, die sich dabei in ihrem Körper ausbreitete, ihr fast den Atem nahm. Endlich wandte er sich wieder seinem Tee zu, und sie fächelte sich unauffällig mit der Hand Luft zu, um ihre glühenden Wangen zu kühlen. Normalerweise gehörte sie nicht zu den Frauen, die rot wurden, wenn ein Mann sie nur ansah. Warum war in Aidan MacNaughtons Gegenwart plötzlich alles anders?
    Hastig griff Fiona nach ihrem Becher und nahm einen großen Schluck. Der Tee war so heiß, dass sie sich die Zunge verbrannte, doch gleichzeitig explodierte das köstliche Aroma in ihrem
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