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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)
Autoren: Frank Demant
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klasse und etwas außerhalb gängiger Literatur angesiedelt. Er hatte so seine Informanten, und die fehlten in dieser Hinsicht selten.
    „Komm, laß es mich bezahlen, ich möchte dir etwas schenken“, sagte seine Herzensdame, nachdem Herr Schweitzer schon das Portemonnaie gezückt hatte.
    „Danke.“ Sie küßten sich.
    Als sie wieder auf die Straße traten, kam Dragoslav Popic des Weges. „Ach gut, daß ich dich noch treffe, sag mal, bist du wirklich Privatdetektiv?“
    „Na ja, nicht so richtig.“
    „Dacht ich’s mir doch. Und was arbeitest du wirklich?“
    „Nichts.“
    „Nichts?“
    „Nichts.“
    „Kann ich bestätigen, der Herr arbeitet nicht“, sagte Maria von der Heide sybillinisch, „dafür kann er gut kochen und andere Dinge.“
    Sie schlenderten die Schweizer Straße hoch. Da die Sonne schien, fiel es Herrn Schweitzer gar nicht auf, daß er mal wieder einen Regenschirm, diesmal in der Teutonischen Staatsbank, vergessen hatte. Um seinen braunen Nappaledermantel war es auch nicht schade, Maria wird’s ihm verzeihen.
    Am Abend war im Weinfaß am Ziegelhüttenplatz der Teufel los. Bertha, die Wirtin, sollte später sagen, daß dies der umsatzstärkste Werktag ever gewesen sei. Er konkurriere sogar stark mit Sylvester von vor sieben Jahren, auch da habe das Lokal gebebt.
    Samtvorhänge hatten sich geteilt und eine vivatschreiende Menge Maria und den lorbeerbekränzten Herrn Schweitzer zum Tresen geleitet, wo seine Durchlaucht immer und immer wieder über sein überstandenes Abenteuer räsonieren mußte. Selbstredend hinkte die Wirklichkeit den Schilderungen Herrn Schweitzers immens hinterher, aber das kümmerte das Fußvolk heute wenig. Ganz Sachsenhausen war vertreten. Vom Apostel der Gemeinde des Barmherzigen Heilands von Nazareth und Umgebung zu Karin Schwarzbach, die seit dem gewaltsamen Tode ihres Mannes förmlich aufblühte, auch wenn die Spuren früherer Ausschweifungen tiefe Furchen ins Gesicht gegraben hatten, von der bildhübschen, griechischen Wirtsleutetochter Violetta bis zu Herrn Schweitzers Halbschwester Angie, die sonst abends so gut wie nie ausging. Bis auf einen heißen Feger mit tiefgeschnittenem Dekolleté waren es alles bekannte Gesichter.
    Mit seinem Schulterverband und den zwei Pflastern im Gesicht wirkte Herr Schweitzer überzeugend mannhaft. Ein klitzekleines Mittagsschläfchen von etwas mehr als vier Stunden hatte neue Energien freigesetzt, und so war Herr Schweitzer ein Ausbund an Lebensfreude und plapperte ohne Punkt und Komma. Und auch um seinen Lieblingswein, einen fruchtigen Chardonnay aus dem kalifornischen Sonoma brauchte er sich nicht zu kümmern. Immerfort fand sich ein Gast, der die nächste Runde spendierte. Das läpperte sich.
    Schon nach der zwölften Wiederholung seiner heldenhaften Aktion zur Lebensrettung Theresa Trinklein-Sparwassers war klar, Herr Schweitzer würde in die Geschichte Sachsenhausens eingehen. Selbst einer Heiligsprechung stünde kaum noch etwas im Wege.
    Gen Mitternacht, noch war außer Angie niemand gegangen, notierte Herr Schweitzer auf einem Bierdeckel, daß er morgen den Sauerbraten vom Metzger abholen mußte. Seit sein Gedächtnis in die Jahre gekommen war, mußte er ab und an tief in die Trickkiste greifen.
    Es muß so zwischen eins und zwei gewesen sein, als ein pakistanischer Zeitungsverkäufer den proppenvollen Laden betrat. Trotz der Lautstärke hatte er sich Gehör verschaffen können, was ursächlich auf seine Produktpalette zurückzuführen war, die aus nichts anderem als dem Sachsehäuser Käsblättche bestand. „Ein Euro. Das Neuste vom Geiseldrama. Rentner verhindert Blutbad.“
    „Ein Rentner?“ kam es vom Apostel der Gemeinde des Barmherzigen Heilands von Nazareth und Umgebung.
    „Ein Rentner?“ fragte Maria von der Heide.
    „Wie? Ein Rentner? Gib her.“ Herr Schweitzer, der schon mächtig einen sitzen hatte, und dessen sakrale Aura dementsprechend in Gefahr war, gab dem Gastarbeiter fünfzig Euro und hatte damit sämtliche restlichen Exemplare erstanden. Die erste und auch vorläufig letzte kostenpflichtige Ausgabe des Sachsehäuser Käsblättchens wurde im Weinfaß verteilt. Dann stürzte sich Herr Schweitzer auf die Buchstaben. „Wieso ein Rentner? Ich bin doch kein Rentner, hicks.“
    „Aber du hast diesem Dragoslav Soundso doch heute mittag noch gesagt, daß du nicht arbeitest“, besänftigte ihn seine Liebste. „Was soll der denn sonst denken?“
    Herr Schweitzer dachte nach und sagte dann: „Aber
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