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Gehetzt

Titel: Gehetzt
Autoren: Colin Forbes
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unfreiwilligen Gefangenschaft hatte sich Barnes hauptsächlich darüber Sorgen gemacht, daß die Verbindung zu ihrer Einheit abgerissen war. Doch nachdem sie jetzt schon mehr als einen Tag in dieser Falle steckten, begann auch er ihre Lage fast mit Davis’ Augen zu sehen. Der Vergleich mit einem Grubenunglück lag auf der Hand, und nur deshalb hatte er Davis zum frühestmöglichen Zeitpunkt zum Schweigen gebracht.
    Barnes schaute wieder auf seine Uhr, gab Penn mit dem Kopf ein Zeichen und hob seine Schaufel auf.
    Vierundzwanzig Stunden später, am Abend des 18. Mai, einem Samstag, hatten sie unglaubliche Massen von Erdreich und Gestein beiseite geräumt, doch der Wall vor ihnen blieb undurchdringlich. Sie arbeiteten nun im Schein der Petroleumlampe, die Barnes immer im Panzer mitführte. Er wollte damit nicht nur Berts Batterien schonen. Barnes sah voraus, daß ein Einschalten der Scheinwerfer der Mannschaft für eine Weile wieder ein wenig Mut und Kraft zum Weitermachen geben würde, wenn die Resignation übermächtig zu werden drohte. Doch behielt er diesen eigentlichen Grund wohlweislich für sich.
    Am Nachmittag wäre es fast zu einem Unfall gekommen, als plötzlich ein Teil des Erdwalls nach innen wegrutschte. Nur Reynolds’ blitzschnelle Reaktion und seine Kraft hatten Davis gerettet. Er hatte den Kanonier am Arm gepackt und ihn vor den herunterpolternden Felsbrocken zur Seite gerissen. Das ganze Ausmaß ihrer Furcht aber wurde deutlich, als ausgerechnet Davis, der als einziger ernsthaft in Gefahr gewesen war, sich als erster von seinem Schreck erholte, Reynolds beiseite stieß und voll verzweifelter Hoffnung über die herabgestürzten Felsen zur Mitte des Walles hinaufklettern wollte.
    »Vielleicht sind wir jetzt durch«, rief er mit rauher Stimme.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich werde selbst nachsehen«, schrie Barnes ihn an.

    Vorsichtig war er den Geröllhang hinaufgeklettert, jeden Moment mit einer neuerlichen Einbruch rechnend, doch der Wall war so fest wie die Mauer einer Burg. Also machten sie sich wieder an die Arbeit. Barnes und Penn schufteten wie besessen, um den Geröllberg des letzten Einbruchs beiseite zu räumen, damit die beiden anderen mit ihrer Brechstange so rasch wie möglich wieder an den Erdwall herankamen.
    Es war kurz nach neunzehn Uhr. Barnes saß während der stündlichen Ruhepause auf dem Panzerchassis und beobachtete, wie Reynolds einen weiteren Felsbrocken herausstemmte, während Davis mit bloßen Händen nachzuhelfen versuchte. In diesem Augenblick ließ Penn eine Bemerkung fallen.
    »Ist schon komisch, daß wir überhaupt keinen Kampflärm mehr hören, seit wir hier drinnen sind.«
    »Wahrscheinlich haben wir sie ein gutes Stück zurückgetrieben. Außerdem war auf dieser Seite von Etreux ohnehin nicht viel los.«
    Barnes beließ es dabei, fragte sich aber insgeheim, warum den anderen nicht schon längst dieser so offensichtliche Umstand aufgefallen war. Die Tatsache, daß sie nicht den geringsten Laut von den heftigen Kämpfen, die draußen tobten, mitbekamen, bewies eindeutiger als alles andere die Dicke des Erdwalls, der sie von der Außenwelt abschnitt. Schon vor vierundzwanzig Stunden war Barnes dieser Gedanke gekommen, und er hatte ihn so erschreckt, daß er wartete, bis die anderen schliefen, ehe er durch den Tunnel zum anderen Ende zurückging. Dort hatte er angestrengt gelauscht, doch kein Laut war von draußen durch den blockierten Eingang in den Tunnel gedrungen. Sie saßen in einer an beiden Enden verschlossenen Röhre fest.
    Barnes trank einen Schluck Wasser aus seiner Feldflasche.
    Plötzlich runzelte er die Stirn, stellte die Feldflasche vorsichtig auf dem Panzerchassis ab und ging zu Reynolds und Davis hinüber. Er betrachtete den Wall und wandte den Kopf, als würde erlauschen. Es war ein dramatischer Augenblick. Penn vermutete sofort, daß etwas Ungewöhnliches geschehen war.
    Langsam ging er zu den anderen hinüber. Irgend etwas an Barnes’ Verhalten erregte die Aufmerksamkeit auch der beiden arbeitenden Männer, und sie hielten ebenfalls inne.
    »Was ist los?« fragte Penn schließlich.
    Barnes schüttelte den Kopf und drehte sich wieder zur Wand.
    Er hatte die Hände in die Hüften gestemmt und ließ seinen Blick langsam über die Geröllmauer wandern. Als er endlich sprach, war seine Stimme sehr leise: »Ich glaube, wir sind fast durch.«
    »Woraus schließen Sie das, Sir?« fragte Penn hastig.
    »Ich spüre einen schwachen Luftzug. Kommen Sie mal
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