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Geheimnisvoll wie der Orient

Geheimnisvoll wie der Orient

Titel: Geheimnisvoll wie der Orient
Autoren: Kim Lawrence
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Schließlich wusste Tair, dass König Hakim nur sein Bestes wollte. Anders als sein Vater hatte der Onkel stets das Wohl seines Volkes über seine eigene Bequemlichkeit gestellt. Er zeigte Verständnis für Tairs Motive, denn er setzte sich ebenso sehr für die Interessen der Bevölkerung ein.
    „Wenn du das nächste Mal allein durch einen Sandsturm fliegst, denkst du vielleicht daran, dass dein Vater jetzt nur noch dich hat.“
    Schwer zu sagen, was seinen Onkel mehr aufbrachte: der gefährliche Flug oder die Tatsache, dass sein Neffe allein und ohne die seiner Stellung angemessene Begleitung unterwegs gewesen war.
    „Als Kronprinz hat man sich an gewisse Regeln zu halten.“
    Tair neigte kurz den Kopf, zum Zeichen, dass er die Zurechtweisung akzeptierte. „Die Rolle ist noch neu für mich. Es ist unvermeidlich, dass ich am Anfang einige Fehler mache.“
    Von dem Moment an, als der Tod seines Bruders Tair zum Thronerben gemacht hatte, stand er im Rampenlicht. Er hatte sich mit der öffentlichen Aufmerksamkeit arrangiert, gestattete sich aber hin und wieder kleine Fluchten. Orte, an denen er zu sich selbst fand, und Menschen, die ihn so nahmen, wie er war. Diese Momente halfen ihm, sein inneres Gleichgewicht zu halten.
    „Mich täuschst du nicht“, fuhr sein Onkel fort. „Glaubst du etwa, ich weiß nicht, dass du jetzt nickst und lächelst, aber im nächsten Augenblick wieder deinen eigenen Kopf durchsetzt? Aber mir ist auch bewusst, dass du trotz deiner Eskapaden ein verantwortungsbewusster Mensch bist. Und das ist mehr, als man von deinem Bruder sagen konnte. Man soll nicht schlecht von den Toten reden, doch ich habe das alles auch schon zu seinen Lebzeiten gesagt.
    Dein Vater hätte die Skandale und zwielichtigen Geschäfte deines Bruders nie decken dürfen.“ König Hakim schnalzte abschätzig mit der Zunge und schüttelte den Kopf. „Ich war immer der Ansicht, dass es deinem Land besser getan hätte, wenn du der Ältere gewesen wärst.“
    Es kam nicht oft vor, dass Tair keine passende Erwiderung einfiel. Kritik war er gewohnt, doch das unerwartete Lob seines Onkels machte ihn für einen Moment sprachlos.
    Beatrice brach schließlich das Schweigen, das über der Gesellschaft lag. „Ich möchte auch eines Tages den Flugschein machen.“ Mit dieser Bemerkung gelang es der hochschwangeren Prinzessin, die Aufmerksamkeit ihres Schwiegervaters von Tair abzulenken und auf sich zu ziehen. Ein geschickter Schachzug, fand Tair, denn daraufhin entbrannte unter den jüngeren Leuten am Tisch ein gutmütiges Geplänkel darüber, ob Männer oder Frauen die besseren Piloten seien.
    Alle, bis auf die unscheinbare junge Engländerin beteiligten sich an der Diskussion. Sie hatte sich während des ganzen Essen nur dann geäußert, wenn sie angesprochen wurde. Entweder ist sie schüchtern oder völlig ungeübt in höflicher Konversation, dachte Tair. Vermutlich Letzteres.
    Tariq hatte ebenfalls die ganze Zeit über geschwiegen.
    Tairs Verdacht erhärtete sich mit jeder Minute, und er war mit seiner Geduld bald am Ende. Unauffällig beobachtete er die beiden, die azurblauen Augen unter halb gesenkten Lidern verborgen.
    Das Schicksal hatte es gut mit Tariq gemeint. Es fehlte ihm an nichts, seine Frau liebte ihn über alles und erwartete gerade ihr erstes Kind.
    Tairs angespannte Gesichtszüge wurden weicher, als sein Blick kurz zum anderen Ende des Tisches ging, wo Beatrice Al Kamal saß. Eine Prinzessin durch und durch, auch wenn sie ihm jetzt, unbemerkt von ihrem Schwiegervater, schelmisch zuzwinkerte.
    Sein Lächeln erstarb, als er Tariqs Blick bemerkte, der unablässig auf der englischen grauen Maus ruhte.
    Tair fühlte kalte Wut in sich hochsteigen. Er mochte seinen Cousin und hatte ihn immer für einen in sich ruhenden, überlegt handelnden Mann gehalten. Als Tariq sich in die attraktive rothaarige Beatrice verliebt und sie nach einer stürmischen Romanze geheiratet hatte, war Tair von ganzem Herzen froh gewesen.
    Wenn zwei Menschen füreinander geschaffen sind, dann Beatrice und Tariq. Die warme Zuneigung, mit der sie einander begegnen, geht selbst an einem Zyniker wie mir nicht spurlos vorüber, dachte Tair. Und in den seltenen Momenten, in denen er sich seinen Träumen überließ, stellte er sich vor, ebenfalls eine solche Gefährtin zu finden. Auch wenn er wusste, dass die Realität ganz anders aussah.
    Seine Zukunft war unauflöslich mit der des Staates verbunden, den er eines Tages regieren würde. Und nach Jahren
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