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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht
Autoren: Ilona Andrews
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wie meine: ein schmaler Flur, der sich nach rechts zur Küche öffnete, links das Wohnzimmer, dann das erste Schlafzimmer, dahinter ein kurzer Korridor, der im rechten Winkel abbog und zur Waschküche und der Gästetoilette führte, und schließlich das Hauptschlafzimmer mit eigenem Badezimmer.
    Ich rückte systematisch vor und sicherte die Ecke, indem ich an der Wand anfing und mich im rechten Winkel davon entfernte, sodass ich jede Gefahr hinter der Ecke bemerken würde, bevor sie mich bemerkte. Es sieht sehr dramatisch aus, hinter einer Ecke hervorzuspringen, aber es führt häufig dazu, dass einem der Kopf von den Schultern gepustet wird.
    Küche – alles klar.
    Ich trat ins Wohnzimmer.
    Auf der linken Seite neben einem Beistelltisch stand ein großer Weidenkorb voller Garn. Zwei lange Nadeln ragten aus den Knäueln hervor. Neben dem Korb lag ein abgetrennter menschlicher Arm. Das Blut war herausgeflossen und hatte einen dunkelroten Fleck auf dem beigefarbenen Teppich hinterlassen, der den gesamten Fußboden bedeckte.
    Helle Haut. Nicht Darren Haffey. Nein, der Arm gehörte höchstwahrscheinlich zu Mrs Truman, die mit ihren zwei Katzen in dieser Wohnung lebte. Sie spielte gern Bridge mit ihrem Strickclub und sammelte Garn für »spezielle« Projekte, die sie nie realisierte. Jetzt lag ihr abgerissener Arm neben dem Korb mit ihren Stricksachen. Keine Zeit, es zu verdauen. Ich hatte Darren immer noch nicht gefunden.
    Ich lief weiter. Der säuerliche Geruch wurde immer stärker.
    Schlafzimmer – alles klar. Badezimmer – alles klar.
    Im gefliesten Boden der Waschküche klaffte ein riesiges Loch. Etwas war von unten hindurchgebrochen.
    Ich umkreiste das Loch, die Flinte nach unten gerichtet.
    Keine Bewegung. Unter mir schien alles ruhig zu sein.
    Ein gedämpfter Laut unterbrach die Stille.
    Meine Ohren zuckten.
    Wuff! Wuff!
    Chief lebte noch und war irgendwo da unten. Ich sprang in das Loch, landete auf dem Betonfußboden des Erdgeschosses und trat vom Lichtschein zurück, der durch das Loch fiel. Es war nicht nötig, ein deutlich erkennbares Ziel abzugeben.
    Im Erdgeschoss herrschte Zwielicht, das vom Geflecht in die dunklen Winkel sickerte. Die Wände waren nicht mehr vorhanden. Hier gab es nur noch das Netz, weiß und endlos.
    Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Solange es noch ein Minimum an Licht gab, bewahrte mein Sehvermögen als Gestaltwandlerin mich davor, gegen irgendwelche Gegenstände zu stoßen.
    Feuchte dunkle Flecken verschandelten den Beton. Blut. Ich folgte der Spur.
    Vor mir war der Beton aufgebrochen. Ein langer Riss lief durch den Boden, mindestens einen Meter breit. Das Wohngebäude war ohnehin nicht besonders stabil gebaut. Die Magie konnte Hochhäuser nicht ausstehen und nagte an ihnen, pulverisierte Ziegel und Mörtel, bis die Konstruktion einstürzte. Je größer das Gebäude, desto schneller fiel es zusammen. Unseres war zu klein und zu niedrig, und bislang waren wir unbeschadet davongekommen, aber riesige Löcher im Erdgeschoss steigerten nicht gerade das Vertrauen.
    Ein Schnaufen drang aus dem Spalt. Ich beugte mich vor. Ein Hauch von stinkendem Hundefell wehte herauf.
    Chief, du dummer Köter.
    Ich ging neben dem Loch in die Hocke. Unten wuselte die Bulldogge herum und schnaufte aufgeregt. Chief musste in den Spalt gefallen sein, der zu tief war, um wieder nach oben springen zu können.
    Ich legte meine Flinte auf den Boden, beugte mich noch weiter vor und packte das Nackenfell des Hundes. Die Bulldogge wog mindestens vierzig Kilo. Womit in aller Welt fütterten die Haffeys ihn? Mit kleinen Elefanten? Ich riss ihn hoch und heraus und sprang wieder auf die Beine, die Schrotflinte in der Hand. Das Ganze hatte nur eine halbe Sekunde gedauert.
    Chief drückte sich gegen mein Bein. Er war eine Olde English Bulldogge, eine Rückzüchtung zu den Zeiten, als die Englische Bulldoggen noch zum Kampf gegen Bullen benutzt wurden. Chief war ein kräftiger, agiler Hund, der weder Müllwagen noch streunende Hunde oder Pferde scheute. Doch nun schmiegte er sich völlig verängstigt an meine Wade.
    Ich nahm mir eine Sekunde, um mich zu bücken und ihm den großen Kopf zu tätscheln. Alles wird gut. Du bist jetzt bei mir.
    Wir gingen weiter und bewegten uns langsam vom ersten schmalen Zimmer in einen größeren Raum. Das Geflecht überspannte die Wände und bot in den Ecken gute Versteckmöglichkeiten. Verdammt unheimlich.
    Vorsichtig schob ich mich um die nächste Ecke. Vor der Wand rechts
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