Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefechte der Leidenschaft

Titel: Gefechte der Leidenschaft
Autoren: Jennifer Blake
Vom Netzwerk:
Samtvorhänge ein wenig an und schaute auf die Straße hinab. Hier gab es noch keine modernen Gaslaternen wie weiter hinten in der Rue Royale. Man konnte nur wenig erkennen in der trüben Dunkelheit, die lediglich durch eine flackernde Tranlampe an der Straßenecke ein wenig erhellt wurde. Caid ließ den Vorhang wieder sinken und setzte sich in einen Sessel. Von einem Beistelltischchen nahm er sich eine Ausgabe der Zeitschrift, die ihren Namen, L’Abeille — >die Biene« — sowohl in Französisch als auch in Englisch, The Bee, auf dem Titelblatt trug. Er hielt das Blatt in der Hand und starrte ins Leere.
    Es war eine Winternacht wie diese gewesen, als Brona am Fieber starb und an dem stümperhaften Versuch, sie von dem ungewollten Kind, das sie trug, zu befreien. Sie war von Eugene Moisant geschwängert worden, da sie als seine Mätresse in einem kleinen Haus in der Rue Rampart lebte. Moisant hatte sich zwar zu seiner Vaterschaft bekannt, aber darauf bestanden, dass sie das ungeborene Kind loswerden müsse. Hinterher, als sie unablässig kränkelte, hatte er Brona auf die Straße gesetzt und ihr ihre Kleider nachgeworfen. So hatten es jedenfalls die Nachbarinnen geschildert, zwei elegante hellhäutige Mulattinnen, die ihrerseits von jungen französisch-kreolischen Herren ausgehalten wurden. Brona war schon einige Monate tot, als Caid ihre Spur von Irland nach New Orleans verfolgte und herausfand, wo und mit wem sie gelebt hatte. Er hatte sie nie als junge Frau gesehen. Für ihn war sie immer das sommersprossige Kind mit der Zahnlücke geblieben, das sie gewesen war, als ihn die englischen Soldaten fortschleppten.
    Gott im Himmel, er roch jetzt noch die Torffeuer und spürte den kalten irischen Nebel, der ihm das heiße Gesicht kühlte, als er im Gefängniswagen davonrumpelte. In den Duft des Torfrauches mischte sich der Geruch von brennendem Dachstroh, da sie hinter ihm sein Haus angezündet hatten. Seine Mutter und seine kleine Schwester standen in ihre Umschlagtücher gehüllt weinend im Regen, ein paar Töpfe und Bündel auf dem Boden neben sich. Keine von ihnen hatte er je wieder gesehen.
    Diese verdammten Engländer brachten ihn auf eines ihrer Gefängnisschiffe. Verrat nannten sie seinen Kampf gegen die Unterdrückung seiner Freunde und Nachbarn und gegen den Raub des Landes, das von altersher das Eigentum der Iren gewesen war. Selbstgerecht und mächtig wie sie waren, bläuten sie ihm die pflichtschuldige Loyalität gegenüber der englischen Krone ein, als müsse er noch dankbar sein für das britische Recht, das ihm alles genommen hatte, was ihm etwas bedeutete. Da er fast noch ein Junge war, ließen sie schließlich Gnade walten und steckten ihn in einen Gefangenentransport nach Australien. Es war nicht ihre Schuld, dass er den fünften Kontinent nie erreichte. Ein Sturm am Horn von Afrika fegte den Gefängnisgestank des Schiffes hinweg, bevor er es versenkte.
    Caid wäre normalerweise umgekommen, wenn er nicht ein paar Wochen zuvor mit einem Kerl Freundschaft geschlossen hätte, der mit seinem grauen Zottelhaar eher einem Tier als einem Menschen glich. Dieser Mann, den sie Troll nannten, war zwei Meter groß, hatte eine schiefe Schulter, ein zerschlagenes Gesicht, an seiner rechten Hand fehlten ihm drei Finger und er war so stark wie vier Männer. Wie Troll ihm sagte, hatte er noch nie einen Freund gehabt, besonders keinen, der so singen konnte wie Caid. Jede Nacht sang Caid ihn in den Schlaf und verscheuchte die Albträume, die den verkrüppelten Riesen so ängstigten, dass er es kaum noch wagte, die Augen zuzumachen. Dafür brachte Troll ihm bei, auf faire und unfaire Art zu kämpfen, und bewahrte ihn vor dem abscheulichen Schicksal, das einem gut aussehenden, aber unerfahrenen Sträfling drohte, der mit dem Abschaum der Menschheit zusammengepfercht war. Das heißt, zumindest bis sich Caid selbst schützen konnte. Der hässliche Hüne mit dem weichen Herzen teilte seine Rationen und ein paar hart erkämpfte zusätzliche Zentimeter Platz mit ihm. Als dann der Sturm losbrach, zerriss er mit seiner gewaltigen Kraft die Ketten, mit denen sie alle im Laderaum gefesselt waren. Doch Troll konnte nicht schwimmen. Er stieß Caid in die aufgewühlten Wogen, brachte es jedoch nicht über sich hinterherzuspringen.
    An die Stunden, die dann folgten, hatte Caid keine Erinnerung. Weder daran, wie er endlich auf einen treibenden Lukendeckel geklettert war, noch, wie lange er überhaupt im Wasser getrieben hatte. Als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher