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Gefangen auf dem Planet der Affen

Gefangen auf dem Planet der Affen

Titel: Gefangen auf dem Planet der Affen
Autoren: George Alec Effinger
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hatte. Er mochte zwölf oder dreizehn Jahre alt sein, und seine Kleidung war noch zerlumpter und schmutziger als jene der Flüchtlinge. Der Junge lebte in der Ruinenstadt, seit er denken konnte, und was er zum Leben brauchte, verschaffte er sich hier. Er wußte, wo es Beerensträucher und verwilderte Obstbäume gab, er kannte die versteckten Gemüsepflanzungen und Kartoffelbeete anderer Stadtbewohner und wußte, wo man zu einem Ei oder gar einem ganzen Huhn kommen konnte, wenn man es geschickt genug anstellte. Er hatte sich im dichten Holundergebüsch hinter einem Mauerrest verborgen und beobachtete mißtrauisch den hinkenden Fremden.
    Virdon arbeitete sich in verzweifelter Hast und unter großen Schmerzen durch den schutterfüllten Einlaß, enttäuscht über den Mangel an Deckungsmöglichkeiten und erfüllt von der Notwendigkeit, einen Schlupfwinkel zu finden. Endlich sah er hinter hohem Gebüsch die zu drei Vierteln verschüttete Öffnung eines alten Kellereingangs in der Mulde zwischen zwei hohen Schutthaufen und hielt darauf zu.
    Die Öffnung war nicht weit genug, ihn durchzulassen. Er warf sich auf die Knie und versuchte das Loch mit den Händen scharrend zu erweitern. Sobald er die an dieser Stelle dünne Humusschicht weggeräumt hatte, stieß er auf fest zusammengebackenen Schutt aus Mauerbrocken und Betonteilen, dem mit bloßen Händen nicht beizukommen war. Es half nichts; wenn er seinen Verfolgern entkommen wollte, mußte er sich liegend und mit dem Kopf voran durch die enge Öffnung zwängen. Als er es tat, machte er eine verblüffende Entdeckung: er wühlte sich kopfüber in eine Art Nest hinunter, ein vom eingedrungenen Schutt befreites Kellerloch, das an die Baumhöhle eines Spechts gemahnte und von einer jungen Frau bewohnt wurde. Ungeachtet seiner verzweifelten Lage fühlte sich Virdon von Mitleid und Traurigkeit überwältigt. Wie weit war es mit diesen Menschen gekommen, daß sie in ausgehöhlten Löchern unter Ruinen hausten! Wovon lebten sie? Und er, ein Eindringling, brachte diese armseligen Geschöpfe achtlos in Gefahr, zog sie in eine Angelegenheit hinein, die nur ihn und die Sicherheitskräfte anging.
    Die junge Frau starrte ihn stumm an. Ihr Gesichtsausdruck verriet keine Angst; wahrscheinlich war sie über diese Empfindung längst hinaus. Ihre Miene zeigte Mißtrauen und eine große Müdigkeit, Ergebnis eines lebenslangen ungestillten Hungers nach Nahrung, nach Wärme, nach menschlichem Mitgefühl und Selbstachtung. Sie war keine unattraktive Frau, vielleicht Ende Zwanzig, doch für die Begriffe dieser rauhen Welt schon alt und verbraucht. Ihre schmutzverklebten langen Haarsträhnen waren vom gleichen Blond wie Virdons struppige Mähne, und sie hatte schöne graublaue Augen. Die beiden starrten einander an. Virdon wußte nicht, was er sagen oder tun sollte.
    Die Frau zog sich tiefer in ihre Höhle zurück, wo sie ein Lager aus trockenem Moos und Laub und ein paar armselige Vorräte und Habseligkeiten hatte, und Virdon ließ sich mit rieselnder Erde und klappernden Steinbrocken ganz in die Höhle hinabgleiten. Er stand mühsam auf und spähte zum Eingang hinaus, dann wandte er sich zu der Frau um. Die Höhle war so niedrig, daß er nicht aufrecht stehen konnte. Hastig und mit gedämpfter Stimme begann er auf sie einzureden.
    »Keine Angst«, sagte er. »Ich habe keine bösen Absichten.« Während er sprach, überlegte er, welche Wirkung seine Worte auf sie haben mochten. Diese Frau hatte wahrscheinlich ihr ganzes bisheriges Leben in Angst verbracht, und auch jetzt hatte sie jeden Grund, sich zu fürchten, wenn nicht vor ihm, so doch vor der Militärpatrouille, die er durch seine Anwesenheit auf sie lenkte. »Ich werde dir nichts Böses tun«, sagte er in einem Versuch, ihr klarzumachen, daß sie zumindest von ihm nichts zu befürchten habe. Ob sie ihm glaubte oder nicht, war eine Frage, die Virdon nicht beantworten konnte.
    Während er der Frau gut zuredete, schlich draußen der Junge näher und kletterte auf einen Schutthaufen, wo er sich im Dickicht verbarg. Von diesem Aussichtspunkt konnte er die Einmündung der Zufahrt und den Höhleneingang überblicken, worin Virdon verschwunden war.
    »Nein, nein«, stammelte die Frau, offenbar wenig beeindruckt von Virdons Zureden. »Du mußt wieder gehen.«
    Virdon zeigte zu der Öffnung, durch die er hereingekommen war. »Ich kann nicht fort«, sagte er. »Die Gorillas sind hinter mir her.«
    »Du wirst sie nur hierher führen«, sagte die Frau in
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