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Gefährten des Zwielichts

Titel: Gefährten des Zwielichts
Autoren: Alexander Lohmann
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Kästchen jederzeit vernichtet, und Leuchmadan mit, wenn das den Grauen Landen das Leben zurückgebracht hätte. Leuchmadan suchte sein Heil jenseits der Grenzen und würde das Kästchen zu diesem Zwecke nutzen. Schon einmal hatte Leuchmadan sein Reich verwüstet, um seine Feinde zu besiegen. Er würde das Kästchen niemals in Witos Sinne verwenden.
    Doch draußen vor der Tür wartete Baskon, und der Wardu war der Anführer. Er würde sich den Eindringlingen entgegenstellen, ihnen die Schatulle abnehmen, und natürlich würde er sie Leuchmadan bringen. Es gab nichts, was Wito dagegen tun konnte.
    Widerstrebend löste er sich vom Anblick der Quelle und betrachtete wieder das Glas in seiner Hand. Er kniete am Rand des Beckens nieder und streckte den Arm aus. Dann zögerte er. Er wagte nicht, das Fläschchen in das Becken zu tauchen, weil er dann unweigerlich mit dem Blut der Erde in Berührung gekommen wäre. Und er wusste nicht, was es bewirkte.
    Erst jetzt fiel ihm ein, dass er das Blut der Erde nicht zu den Schlüsseln hätte bringen müssen. Ebenso gut hätte er einen Schlüssel mitbringen und in die Quelle tauchen können. Womöglich wäre das besser gewesen, denn es war fast unmöglich, die Phiole zu füllen, ohne dabei die Hände in das Blut zu halten.
    Schließlich beschloss er, die Phiole nicht in das Becken zu tauchen, sondern sie mit dem Blut zu füllen, das an der Rückwand der Quelle herabfloss. Er klammerte sich mit der Rechten an dem Felsgrat neben der Quelle fest und kletterte so weit, bis er mit der ausgestreckten Linken über das Becken reichte. Er hielt das Fläschchen am untersten Ende und ließ das Blut in die Öffnung rinnen.
    Wito hörte die Flüssigkeit unter sich leise plätschern, während er sich über den Tümpel reckte. Allmählich füllte sich das Kristallgefäß. Das Blut stieg dunkel in dem Glas empor, und eine Facette nach der anderen wurde trüb.
    Wito war so darauf bedacht, die Flüssigkeit nicht zu berühren, dass er fast ganz in das Becken gefallen wäre. Sein Arm zitterte. Verzweifelt klammerte er sich fest. Er hielt die Augen starr auf das Fläschchen gerichtet, das quälend langsam voll lief.
    Seine Stiefelsohlen glitten an dem Fels ab, und hektisch tastete er nach Halt, während sein ganzes Gewicht einen Augenblick lang nur an seinem Arm hing. Mit hellem Klingen scharrte der Flaschenhals über den Stein. Wito ruderte hilflos herum. Er schaffte es gerade noch, mit der Hand nicht an die Wand zu stoßen, aus der das Blut sickerte.
    Noch einmal hielt er den Hals der Phiole in den rinnenden Blutstrom. Er atmete schwer. Er bekam einen Krampf in den Fingern. Hastig schob Wito sich wieder zurück und blieb keuchend stehen. Dann nestelte er mit bebenden Fingern den Stopfen hervor und drückte ihn in die Öffnung. Die Phiole mochte zu zwei Dritteln gefüllt sein, doch das war genug.
    Die Quelle des Blutes murmelte und gluckste munter. Wito hatte das Gefühl, dass das Geräusch lauter geworden war, aber vielleicht war es auch nur das Blut, das in seinen Ohren rauschte. Die feinen Wellen an der Oberfläche erinnerten ihn an winzige Zünglein, die sich nach ihm reckten und die am Saum des Tümpels leckten.
    Im Blut der Erde steckte das Leben der Grauen Lande, aber Leben konnte auch hungrig sein. Wito trat ein, zwei Schritte vom Becken zurück, wandte sich ab und ging wieder zum Eingang.
    Er nahm einen Schlüssel vom Haken, aber das Metall zerfiel ihm in der Hand. Entsetzt starrte Wito auf den rotbraunen Staub, der ihm zwischen den Fingern hindurchrann. Natürlich! Das mit dem magischen Blut verbundene Silber von Haken und Türbeschlägen mochte unzerstörbar sein, aber die Schlüssel konnten nicht aus demselben Material bestehen. Sie mussten ja hart bleiben, um die vom Blut benetzten und biegsam werdenden Sicherungsbolzen bewegen zu können.
    Wito sah sich um, aber nirgendwo auf dem Tisch war Metall zu sehen, dem er getraut hätte. Baskon hätte aus dem Stahl seiner Rüstung einen passenden Schlüssel formen können, aber Baskon war auf der anderen Seite.
 
    Baskon stand mit dem Rücken zur Tür und erspürte mit seinen Sinnen den Gang. Er konnte den Stein und die Luft fein schwingen lassen und empfing das Echo, das ihm jede Einzelheit aus seiner Umgebung zutrug. Er spürte das Leben, er hörte jeden Laut. Mit diesen Sinnen war er hier weit besser dran, denn aus der Erinnerung wusste er, dass die Gänge von Leuchmadans Hort vollkommen lichtlos waren. Nur an der Quelle des Blutes gab es ein
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