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Gefaehrliche Verstrickung

Gefaehrliche Verstrickung

Titel: Gefaehrliche Verstrickung
Autoren: authors_sort
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Seidenkleid, das in allen Farben des Regenbogens schillerte. Die Unterlippe zwischen die Zähne geklemmt, drehte sich Adrianne zu ihrer Mutter hin.
    Phoebe schlief, im Mondlicht schimmerte ihr Gesicht wie Marmor und sah auf einmal ganz friedlich aus. Adrianne liebte diese Tage, wenn ihre Mutter ihr erlaubte, zu ihr in dieses große, weiche Bett zu kriechen. Das war etwas ganz Besonderes. Dann kuschelte sie sich dicht an sie heran und lauschte den Geschichten, die Phoebe ihr von fremden Orten wie New York oder Paris erzählte. Manchmal kicherten sie auch wie kleine Gänschen.
    Ganz behutsam, um sie nicht aufzuwecken, streichelte Adrianne über das Haar ihrer Mutter. Es faszinierte sie. Wie Feuer schimmerte es auf dem weißen Kopfkissen, ein gewaltiges, glühendes Feuer. Mit ihren fünf Jahren war Adrianne bereits Frau genug, um ihre Mutter um ihr Haar zu beneiden. Ihr eigenes Haar war fest und schwarz wie das der anderen Frauen in Jaquir. Nur Phoebe hatte rotes Haar und eine weiße Haut. Nur Phoebe war Amerikanerin. Adrianne war Halbamerikanerin, doch darin erinnerte Phoebe sie nur, wenn sie allein waren.
    Solche Gespräche machten ihren Vater ärgerlich.
    Adrianne hatte ein gutes Gespür entwickelt, wenn es darum ging, Themen zu vermeiden, die ihren Vater zornig machten; obwohl sie nicht ganz verstand, warum bei der Erwähnung, dass ihre Mutter Amerikanerin ist, die Augen ihres Vaters hart und seine Lippen schmal wurden. Sie war ein Movie-Star gewesen. Dieser Ausdruck verwirrte Adrianne immer ein wenig, aber sie liebte dessen fremdartigen Klang. Movie-Star. Bei diesen Worten dachte sie an geheimnisvolle Lichter an einem schwarzen Himmel.
    Ihre Mutter war ein Star gewesen, und nun war sie eine Königin; die erste Frau von Abdu ibn Faisal Rahman al-Ja- quir, dem Herrscher von Jaquir, dem Scheich der Scheichs. Ihre Mutter war die schönste aller Frauen, mit ihren großen blauen Augen und dem vollen, weichen Mund. Sie überragte die Frauen des Harems um Haupteslänge und ließ sie wie kleine Vögelchen erscheinen. Adrianne hatte nur einen Wunsch: ihre Mutter glücklich zu sehen. Mit ihren fünf Jahren hoffte Adrianne, nun endlich verstehen zu können, warum ihre Mutter oft so traurig war und heimlich weinte, wenn sie sich unbeobachtet fühlte.
    In Jaquir wurden die Frauen beschützt und behütet. Diejenigen, die im Palast von Jaquir lebten, wurden von der Außenwelt abgeschirmt, und es war ihnen nicht gestattet zu arbeiten. Sie bekamen alles, was sie brauchten - schöne Kleider und die erlesensten Parfüms. Ihre Mutter besaß traumhafte Roben und Juwelen. Sie besaß das berühmte Kollier Sonne und Mond.
    Adrianne schloss die Augen, um das Bild dieses Kolliers am Hals ihrer Mutter herbeizuzaubern. Wie dieser große Diamant, genannt die Sonne, funkelte, und die unbezahlbare Perle, der Mond, schimmerte. Eines Tages, hatte ihr Phoebe versprochen, würde sie dieses Kollier tragen.
    Wenn sie erwachsen war. Wohlig und zufrieden, dem ruhigen Atem ihrer Mutter lauschend, stellte Adrianne sich die Zukunft vor. Wenn sie erwachsen war, wenn aus dem kleinen Mädchen eine Frau geworden war, würde sie einen Gesichtsschleier tragen. Dann würde man einen Ehemann für sie auswählen und sie verheiraten. An ihrem Hochzeitstag würde sie Sonne und Mond tragen und eine gute, fruchtbare Frau werden.
    Sie würde Feste für die anderen Frauen geben und eisgekühlte Torten und Pralinen herumreichen lassen. Ihr Ehemann würde so gutaussehend und mächtig sein wie ihr Vater. Vielleicht würde auch er ein König sein und sie auf Händen tragen.
    Während sie dann langsam einschlummerte, drehte sie eine Locke ihres langen Haars um den Zeigefinger. Ihr Ehemann würde sie mit derselben Innigkeit lieben, die sie sich von ihrem Vater so sehr wünschte. Sie würde ihrem Gemahl prächtige Söhne schenken, viele prächtige Söhne, so dass die anderen Frauen sie mit Neid und Respekt betrachten würden. Nicht mit Mitleid. Nicht mit dem mitleidigen Lächeln, mit dem sie ihre Mutter stets bedachten.
    Ein Licht weckte sie. Es fiel durch die geöffnete Tür und warf einen harten Streifen auf den Fußboden. Durch den hauchdünnen Vorhang, der das Bett einhüllte wie ein Kokon, sah sie einen Schatten.
    Erst stieg Freude in ihr auf, ein schmerzlicher Ausbruch, den zu verstehen sie noch zu jung war. Doch gleich darauf kam Angst, die Angst, die stets der Liebe folgte, die sie spürte, wenn sie ihren Vater sah.
    Er würde ärgerlich werden, wenn er sie hier
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