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Gefaehrliche Liebe

Gefaehrliche Liebe

Titel: Gefaehrliche Liebe
Autoren: Suzanne Collins
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vergessen zu haben.
    »Ich kann es kaum erwarten, es hinter mir zu haben«, flüstere ich.
    »Ich weiß«, sagt Greasy Sae. »Aber du musst da durch, um es hinter dir zu haben. Also sieh zu, dass du nicht zu spät kommst.«
    Als ich mich auf den Weg zum Dorf der Sieger mache, fängt es ein wenig an zu schneien. Das Dorf liegt nur einen knappen Kilometer von dem Platz im Stadtzentrum entfernt, aber es scheint wie eine völlig andere Welt.
    Es ist eine eigene kleine Gemeinde, die um eine schöne Grünfläche herum errichtet wurde, dazwischen blühende Sträucher. Zwölf Häuser, jeweils so groß, dass zehn von der Sorte hineinpassen würden, in der ich aufgewachsen bin. Neun davon stehen leer, wie immer schon. Die drei, die bewohnt sind, gehören Haymitch, Peeta und mir.
    Die Häuser, in denen meine Familie und Peeta leben, haben eine warme, lebendige Ausstrahlung. Licht hinter den Fenstern, Rauch aus dem Schornstein, leuchtende Maisbüschel, mit denen der Eingang zum bevorstehenden Erntefest geschmückt ist. Haymitchs Haus dagegen wirkt, obwohl der Hausmeister sich um alles kümmert, trostlos und verwahrlost. Vor der Haustür mache ich mich auf den Dreck gefasst, der mich drinnen erwartet.
    Unwillkürlich rümpfe ich die Nase. Haymitch weigert sich, jemanden zum Saubermachen hineinzulassen, und er selbst putzt nicht gerade gründlich. Im Lauf der Jahre haben sich die Gerüche von Schnaps und Erbrochenem, gekochtem Kohl und angebranntem Fleisch, ungewaschenen Kleidern und Mäusedreck zu einem Gestank vermischt, der mir die Tränen in die Augen treibt. Ich bahne mir einen Weg durch weggeworfene Verpackungen, Glasscherben und Knochen bis zu der Stelle, wo Haymitch normalerweise zu finden ist. Er sitzt am Küchentisch, die Arme über die Holzplatte ausgebreitet, das Gesicht in einer Schnapspfütze, und schnarcht, was das Zeug hält.
    Ich rüttele ihn an der Schulter. »Aufstehen!«, sage ich laut, denn inzwischen weiß ich, dass man ihn auf die sanfte Tour nicht wach bekommt. Für einen Moment setzt sein Schnarchen aus, wie ein kurzes Zögern, dann geht es wieder los. Ich rüttele ihn fester. »Aufstehen, Haymitch! Heute beginnt die Tour der Sieger!« Mit Gewalt öffne ich das Fenster und sauge die frische Luft tief ein. Dann stapfe ich durch den Müll auf dem Boden, fördere eine Kaffeekanne aus Blech zutage und fülle sie am Waschbecken mit Wasser. Der Ofen ist noch nicht ganz aus, und ich schaffe es, den wenigen glühenden Kohlen eine Flamme zu entlocken. Ich schütte Kaffeepulver in die Kanne, so viel, dass es auf jeden Fall ein gutes, starkes Gebräu ergibt, und stelle sie zum Kochen auf den Ofen.
    Haymitch ist immer noch weggetreten. Da alles andere nichts genützt hat, fülle ich eine Schale mit eiskaltem Wasser, kippe sie ihm über den Kopf und bringe mich in Sicherheit. Er stößt einen kehligen, animalischen Laut aus. Er springt auf, wobei der Stuhl drei Meter nach hinten fliegt, und schwingt ein Messer. Ich hatte vergessen, dass er immer mit dem Messer in der Hand schläft. Ich hätte es ihm aus der Hand nehmen sollen, aber ich hatte zu vieles zu bedenken. Er flucht wie ein Kesselflicker und schlägt mehrmals um sich, ehe er zu sich kommt. Mit dem Hemdsärmel wischt er sich über das Gesicht und dreht sich dann zu mir um. Ich hocke auf dem Fenstersims, für den Fall, dass ich schnell Reißaus nehmen muss.
    »Was soll das?«, fährt er mich an.
    »Du hast gesagt, ich soll dich wecken, eine Stunde bevor die Kameras kommen«, erkläre ich. »Was?«, sagt er. »Es war deine Idee«, sage ich.
    Jetzt scheint er sich zu erinnern. »Wieso bin ich klatschnass?«
    »Ich hab dich nicht wach gekriegt«, sage ich. »Hey, wenn du verhätschelt werden willst, musst du Peeta fragen.«
    »Was soll er mich fragen?« Beim bloßen Klang seiner Stimme bekomme ich im Bauch einen Knoten aus lauter unangenehmen Gefühlen: schlechtes Gewissen, Trauer, Angst. Und Sehnsucht. Ich kann ruhig zugeben, dass die auch hineinspielt. Aber gegen die anderen Gefühle hat sie keine Chance.
    Ich schaue Peeta an, während er zum Tisch kommt. Die Sonnenstrahlen fangen sich im glitzernden Schnee in seinem blonden Haar. Er sieht stark und gesund aus, so ganz anders als der kranke, halb verhungerte Junge, den ich aus der Arena kenne, und sein Hinken fällt kaum noch auf. Er legt ein frisch gebackenes Brot auf den Tisch und hält Haymitch die Hand hin.
    »Ob du mich wecken kannst, ohne dass ich mir eine Lungenentzündung hole«, sagt Haymitch und gibt
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