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Gefährliche Geliebte

Gefährliche Geliebte

Titel: Gefährliche Geliebte
Autoren: Haruki Murakami
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aber ich brauchte keine einzige davon. Meine Lippen auf ihren, legte ich die Arme um sie und drückte sie an mich. Es war Spätsommer, und sie trug ein Kleid aus Leinenkrepp. Es war an der Taille mit Bändern gerafft, und die Schleife hing ihr hinten wie ein Schweif locker herab. Meine Hand berührte durch den Stoff den Verschluß ihres Büstenhalters. Ich spürte ihren Atem an meinem Hals. Ich war so erregt, daß ich das Gefühl hatte, mein Herz würde mir gleich aus dem Leib springen. Mein Penis war zum Bersten stramm; er drückte gegen ihren Oberschenkel, und sie rückte ein Stückchen zur Seite, aber das war auch alles. Sie wirkte nicht schockiert.
    Wir blieben eine Weile auf dem Sofa sitzen und hielten uns eng umfaßt. Auf dem Sessel uns gegenüber saß eine Katze. Sie öffnete die Augen, sah in unsere Richtung, streckte sich und schlief wieder ein. Ich streichelte Izumis Haar und legte die Lippen an eines ihrer zierlichen Ohren, dann an das andere. Ich meinte, ich müßte nun eigentlich etwas sagen, aber ich brachte nichts heraus. Ich konnte kaum atmen, geschweige denn sprechen. Ich nahm wieder ihre Hand und küßte sie noch einmal. Lange sprachen wir beide kein Wort.
    Auch nachdem ich sie zum Zug gebracht hatte, konnte ich mich nicht wieder beruhigen. Ich ging nach Hause zurück, legte mich auf das Sofa und starrte an die Decke. Mir schwirrte der Kopf. Schließlich kam meine Mutter nach Hause und sagte, sie werde gleich Abendessen machen. Aber Essen war das letzte, woran ich jetzt denken konnte. Ohne ein Wort ging ich aus dem Haus und lief gut zwei Stunden ziellos durch die Stadt. Es war ein seltsames Gefühl. Ich war nicht mehr allein, und dennoch empfand ich zugleich eine so tiefe Einsamkeit wie noch nie zuvor. Meine Perspektive hatte sich schlagartig verändert - wie wenn man zum erstenmal eine Brille trägt. Ich konnte die fernsten Dinge berühren, und Gegenstände, die mir eigentlich hätten verschwommen erscheinen müssen, waren jetzt gestochen scharf.
    Als Izumi sich an dem Tag von mir verabschiedet hatte, hatte sie mir gedankt und gesagt, sie sei sehr glücklich. Da war sie nicht die einzige. Ich konnte es kaum glauben, daß sich ein Mädchen wirklich und wahrhaftig von mir hatte küssen lassen. Wie hätte ich da nicht selig sein sollen? Und dennoch gelang es mir nicht, vorbehaltlos glücklich zu sein. Ich glich einem Turm, der sein Fundament verloren hatte. Ich schwebte hoch oben, und je weiter ich in die Ferne blickte, desto schwindliger wurde mir. Warum sie? fragte ich mich. Was weiß ich überhaupt von ihr? Ich hatte mich ein paarmal mit ihr getroffen, ein bißchen mit ihr geredet, und das war's auch. Ich war nervös und fahrig, und ich kam nicht dagegen an.
    Wäre es um Shimamoto gegangen, hätte es keine Verwirrung gegeben. Stillschweigend hätten wir einander vorbehaltlos akzeptiert. Ohne Befangenheit, ohne Unbehagen. Aber Shimamoto war nicht mehr da. Sie lebte in einer neuen, eigenen Welt, und ich ebenso. Es hatte keinen Sinn, Izumi mit Shimamoto zu vergleichen. Die Tür, die in Shimamotos Welt führte, war hinter mir zugeschlagen: Jetzt mußte ich mich in einer neuen, anderen Welt zu orientieren versuchen.
    Ich blieb auf, bis der Himmel im Osten zaghaft heller wurde. Ich schlief zwei Stunden, duschte und fuhr zur Schule. Ich mußte Izumi finden und mit ihr über das reden, was zwischen uns geschehen war. Ich wollte aus ihrem Mund hören, daß ihre Gefühle unverändert waren. Als letztes hatte sie gesagt, sie sei sehr glücklich, aber im kalten Licht des Morgengrauens kam mir das mehr wie eine Einbildung vor, wie etwas, das ich geträumt hatte. Der Schultag endete, ohne daß ich eine Gelegenheit gefunden hätte, mit ihr zu reden. In der Pause war sie mit ihren Freundinnen zusammen, und bei Unterrichtsschluß fuhr sie sofort nach Hause. Nur einmal, im Korridor, auf dem Weg in ein anderes Klassenzimmer, gelang es uns, einen Blick zu tauschen. Als sie mich sah, strahlte sie, und ich lächelte zurück. Das war alles, aber in ihrem Lächeln fand ich eine Bestätigung der Ereignisse vom Tag zuvor. Es ist alles in Ordnung, schien ihr Lächeln zu sagen, das gestern ist wirklich passiert. Als ich dann mit dem Zug heimfuhr, war meine Verwirrung verflogen. Ich wollte Izumi, und mein Verlangen setzte sich gegen alle Zweifel durch.
    Was ich wollte, war völlig klar: eine nackte Izumi, die mit mir Sex hatte. Aber bis zu diesem Ziel war es noch ein weiter Weg. Man hatte sich in seinem Vorgehen an einen ganz
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