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Gebrochen

Gebrochen

Titel: Gebrochen
Autoren: Jeany Lena
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keine Sekunde.
    Wieder zu Hause hatte ich drei Wochen, bevor ich zum Bundesheer musste. Darauf war ich so gar nicht erpicht, doch es ließ sich ohnehin nicht abwenden. Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken. Viel zu oft drehten sich meine Gedanken dabei um Leon. Viel zu oft kam ich zu dem Schluss, dass ich nicht mehr hätte machen können.
    Es war mir selbst nicht ganz klar, warum er mich nach wie vor beschäftigte. Immerhin hatten sich unsere Wege nach der Matura getrennt. Ich wusste nichts von ihm. Er wusste nichts von mir. Warum grübelte ich ständig?
    Warum machte ich mir Sorgen um ihn?
    Es war das Bedürfnis, ihm zu helfen. Nach wie vor. Doch das konnte ich nicht. Außerdem war auch für ihn die Zeit beim Bundesheer. Da käme er weg, wovon auch immer. Und dann würde er sich bestimmt einen Job suchen und sein Leben weiter leben. Genau wie ich meines.
    Ich verdrängte die Gedanken an ihn. Kaum tauchten sie auf, presste ich sie wieder weg. Solange, bis ich kaum mehr an ihn dachte.

Kapitel 2
    Völlig fertig schloss ich meine Wohnungstür auf. Ich brauchte unbedingt eine Auszeit. Vielleicht sollte ich mich nicht so in meinen Job reinknien. Andererseits war es genau das, was man von mir erwartete. Auch wenn ich seit zwei Jahren dort war und seit einem leitender Angestellter, hatte ich noch immer das Gefühl, jeden Tag auf die Probe gestellt zu werden. Vielleicht sollte ich mir ein paar Tage frei nehmen?
    Vielleicht reichte mir auch ein Abstecher in die Bar?
    Kurzentschlossen drehte ich wieder um und fuhr los. In meiner Lieblingsbar angekommen, hockte ich mich wie immer auf einen Barhocker und bestellte einen Whiskey, bevor ich den Blick über die Anwesenden schweifen ließ. Es waren nur Schwule hier, was mir angenehm war. Da konnte man ungeniert die anderen ansehen, ohne dass sich jemand etwas dabei dachte. In der Arbeit war ich da nicht so offen. Keiner wusste es bisher.
    Ich hatte gerade ein paar Schlucke gemacht, als sich jemand neben mich setzte. Ich warf demjenigen nur einen kurzen Seitenblick zu, doch dann erstarrte ich. Langsam wandte ich den Kopf wieder, hatte Angst, dass mir meine Sinne einen Streich gespielt hatten. Doch tatsächlich, neben mir saß Leon!
    Ich wollte ihn gerade begrüßen, bemerkte selbst, wie mir ein Lächeln im Gesicht stand, als der Barkeeper fragte, was er wollte. Stumm schüttelte er nur den Kopf. Seine Klamotten sahen auch nicht viel besser aus, als ich es von der Schule her kannte und er hatte den Kopf gesenkt. Schien sich nichts großartig geändert zu haben. Ich fragte mich gerade, warum ich mich so freute, ihn zu sehen und ob ich ihn ansprechen sollte oder nicht, als ein Typ auf ihn zu kam. Ich hatte ihn schon öfter gesehen und einiges von ihm gehört. Er war dafür bekannt brutal zu sein. Dass er sich immer nahm, was er wollte. Tatsächlich legte er seine Hände nicht gerade gefühlvoll auf Leons Schenkel. Dieser blickte nicht auf, reagierte nicht.
    „Hey, lass ihn in Ruhe, der gehört zu mir“, sagte ich, bevor ich mir bewusst, war, dass ich eingreifen wollte. Leon hob den Kopf, sah mich an, den Bruchteil einer Sekunde, bevor er ihn wieder senkte und kaum merklich schüttelte. Ich kam nicht dazu, mir darüber Gedanken zu machen, denn der Typ wandte sich mir zu. Er kam mir für meinen Geschmack viel zu nahe und funkelte mich böse an. Ich musste zugeben, dass mir das Herz in die Hose rutschte. Ich hatte echt Schiss, dass er mir gleich einen Kinnhaken verpassen würde.
    „Wenn du was von ihm willst, regel das mit seinem Vater. Die Stunde hab ich bezahlt“, zischte er wütend.
    „Sein Vater?“, echote ich, zu keinem klaren Gedanken fähig.
    „Ja“, jetzt grinste er mich an, „Eisenstraße achtunddreißig. Nette Adresse. Solltest du mal ausprobieren.“
    Damit wandte er sich ab und wieder Leon zu. Dieser rutschte von seinem Barhocker und ließ widerstandslos zu, dass der Typ den Arm um ihn legte und ihn hinaus führte. Ich war fassungslos.
    Was sollte das heißen? Ich musste das mit seinem Vater regeln? Erst dann fiel mir der zweite Teil seiner Aussage ein: Die Stunde hab ich bezahlt.
    Entsetzt stürzte ich meinen Whiskey hinunter und bestellte gleich noch einen. Leons Vater verkaufte seinen Sohn? Hatte ich das richtig mitbekommen?
    Der zweite Whiskey war viel zu schnell leer. Ich verbot mir, noch einen zu bestellen. Ich wollte mich nicht betrinken. Ich wollte einen klaren Gedanken fassen, doch das gelang mir nicht wirklich.
    War es das, was ihn in der Schule schon so fertig
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