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GB84: Roman (German Edition)

GB84: Roman (German Edition)

Titel: GB84: Roman (German Edition)
Autoren: David Peace
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Ohren.«
    Neil fährt den Juden am Freitagmorgen nach Ollerton. Der Jude will sich die Gegend bei Tag anschauen. Der Jude will sich Notizen machen und ein paar Bilder schießen –
    Umgestürzte Autos, aufgerissenes Straßenpflaster. Ausgerissene Hecken, vernagelte Fenster.
    Jede Menge Einsatzwagen der Polizei, Fernsehteams, keine Streikposten –
    Bis zur Abstimmung der Bergleute in Nottinghamshire gilt ein zweitägiger Waffenstillstand.
    Der Jude legt einer Frau in ihrem zerstörten Garten eine Hand auf die Schulter. Er erzählt ihr, wie seine Familie bei den Pogromen aus Russland vertrieben worden sei. Er erzählt ihr, dass seine Familie alles verloren und wieder bei null angefangen habe. Er erzählt ihr, dass sein Vater achtzehn Stunden am Tag geschuftet habe, sieben Tage die Woche. Er erzählt ihr, dass er nach Eton geschickt worden sei. Er erzählt ihr, wie man ihn dort schikaniert habe –
    Er sagt ihr, dass die Provokateure nie gewinnen –
    Das verspricht er ihr.
    Neil Fontaine fährt den Juden zurück zum Hotel.
    Der Jude hat neue Befehle für Neil –
    Er soll einen Transporter mieten, also mietet er einen.
    Der Jude gibt ihm eine Einkaufsliste, also geht Neil einkaufen.
    Der Jude gibt Neil eine Adresse:
    Proteus Territorial Army Barracks, Ollerton
.
    Neil liefert:
    500 Flaschen Whisky, 500 Flaschen Wodka, 1.000 Mixgetränke, 4.000 Dosen Bier
.
    Der Jude hätte noch ein paar Ladys drauflegen sollen –
    Tausend Großstadtburschen, die an einem Samstagabend im Norden Englands nichts zu tun haben und nirgendwo hinkönnen; zweitausend weitere im Beckingham Camp in Newark; noch mal tausend in den Prince William Barracks, Grantham –
    In drei Stunden werden sie gruppenwichsen –
    »Diese Männer sind das Rückgrat der Nation«, sagt der Jude zu Neil. »Das Rückgrat.«
    Der Mechaniker brüllt an einer Tankstelle auf der M6 in ein Telefon

    »Schaub? Der verdammte Julius Schaub?« schreit er. »Sie glauben doch nicht, dass ich diesen Job auch nur mit der Kneifzange angepackt hätte, wenn ich gewusst hätte, dass dieses kleine Arschloch mit von der Partie ist?«
    »Beruhigen Sie sich«, sagt die Stimme am anderen Ende. »Beruhigen Sie sich …«
    »Ich soll mich beruhigen?« brüllt der Mechaniker. »Sie sagen mir, ich soll mich beruhigen, verdammt? Ich hab meine Frau im Auto, Sie Flachwichser. Glauben Sie vielleicht, ich hätte sie mitgenommen, wenn ich gewusst hätte, dass der beschissene Schaub dabei ist?«
    »Jemand ist abgesprungen«, sagt die Stimme. »Wir brauchten …«
    »Na, ist ja toll.«
    »Lassen Sie mich ausreden«, sagt die Stimme. »Jemand ist abgesprungen. Wir brauchten kurzfristig Ersatz. Wir haben Vince angerufen. Vince hat Julius angerufen. Julius hatte Zeit.«
    »Schaub hat immer Zeit, Scheiße noch mal«, tobt der Mechaniker. »Weil niemand mit dem Wichser zusammenarbeiten will.«
    »Bitte«, seufzt die Stimme. »Wir brauchen Sie bei dem Job.«
    »Na, das hätten Sie sich überlegen müssen, bevor Sie losgegangen sind, um diesen beschissenen kleinen Perversen zu holen.«
    »Wir werden uns erkenntlich zeigen«, sagt die Stimme
.
    »Ich höre.«
    »Vier glatt für Ihre Mühe.«
    »Das seh ich aber auch so, verdammt«, sagt der Mechaniker. »Das seh ich aber auch so.«
    »Haben Sie so etwas schon mal gesehen, Neil?« ruft der Jude vom Rücksitz.
    Neil Fontaine schüttelt den Kopf. Nein, so etwas hat er noch nie gesehen.
    Ein ganzer Landstrich, komplett abgeschnitten

    Alle Straßen von und nach Mansfield und Nottinghamshire mit Straßensperren blockiert; der Motorway in beiden Richtungen nur einspurig befahrbar; Spürhunde auf jedem Acker; Helikopter und Aufklärungsflugzeuge in der Luft; dreitausend Polizisten im Einsatz –
    Jedes Taxi- und Busunternehmen in Yorkshire und Derbyshire ist unter Androhung sofortiger Verhaftung davor gewarnt worden, Bergarbeiter zu befördern; jedes Taxi, jeder Bus wird angehalten, um das zu kontrollieren; jeder Privatwagen, jeder Transporter –
    Der Dartford Tunnel ist gesperrt. Ebenso die Grenzen nach Schottland und Wales.
    Neil Fontaine parkt den Mercedes in Sichtweite der NUM Nottinghamshire, Hauptquartier Mansfield; der Jude wartet auf dem Rücksitz neben dem Telefon, wartet auf die Reaktion –
    Helikopter rattern am Himmel, der Generalstaatsanwalt spricht im Radio:
    »Wenn hier erheblich mehr Polizeiarbeit verlangt wird, dann soll das wohl so sein. Die Regierung hat mit dieser Auseinandersetzung nichts zu tun.«
    Das Autotelefon läutet. Der Jude
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