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Galgenfrist fuer einen Toten - Der 1 DOUGLAS BRODIE Thriller

Galgenfrist fuer einen Toten - Der 1 DOUGLAS BRODIE Thriller

Titel: Galgenfrist fuer einen Toten - Der 1 DOUGLAS BRODIE Thriller
Autoren: Gordon Ferris
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in unserer Geschichte aufschlagen.
    Doch er unterbrach meine Überlegungen mit den Worten: »Dougie, das ist nicht ... das ist überhaupt nicht wunderbar ...«

2
    Der Zug ratterte durch einen Bahnhof und die Lichter flackerten kurz auf, bevor wir wieder in die Dunkelheit eintauchten. In meinem Abteil roch es nach billigem Scotch. Der Kerl auf der Liege unter mir hatte ausgiebig an einer halbvollen Flasche von dem Fusel herumgenuckelt, um besser einschlafen zu können. Muttermilch dort, wo er herkam – wo wir herkamen, korrigierte ich mich. Als er mir die Pulle nach oben reichen wollte, hatte ich entschieden abgelehnt, nur um mir zu beweisen, dass ich dazu in der Lage war. Jetzt wünschte ich, ich hätte einen Schluck oder zwei genommen. Mein Gehirn fuhr Karussell mit mir. Ich blieb im Dunkeln liegen, zündete mir eine weitere Zigarette an und dachte über die Fahrt nach Hause nach. Und darüber, was dieses »Zuhause« für mich überhaupt bedeutete.
    Da war einerseits Kilmarnock, der Ort, an dem ich geboren und aufgewachsen war. Und andererseits Glasgow, wo ich die Universität besucht und Sprachen studiert hatte. Danach war ich in einem unvermittelten Anflug von Rebellion in den Polizeidienst eingetreten. Eine Kleinstadt und eine Metropole, nur 20 Meilen oder rund 35 Kilometer voneinander entfernt – nach meiner Zeit auf dem europäischen Festland rechnete ich die Entfernungsangaben aus Gewohnheit um. Sie hätten genauso gut auf verschiedenen Kontinenten liegen können.
    Auf der kurzen Zugfahrt von Kilmarnock nach Glasgow ließ ich damals nicht nur meine Kindheit und Jugend hinter mir. Nein, es kam mir fast so vor, als hätte jemand achtlos Streifen zweier völlig unterschiedlicher Kinofilme aneinandergeklebt, sodass sich nicht nur die Hauptfigur, sondern auch die Nebendarsteller, die ganze Handlung und der Spannungsbogen des Films veränderten. Das Einzige, was die beiden Schauplätze miteinander verband, waren die Sprache, in der das Drehbuch abgefasst war, der beißende Humor und die Schnodderigkeit der schottischen West Central Lowlands.
    Hätte irgendein deutscher Spion versucht, diesen rauen Zungenschlag nachzuahmen, wäre er sofort aufgeflogen. Sein Versuch, in irgendeinem der zahllosen gnadenlosen Pubs in dieser Elendsgegend Pint und Pie zu ordern, hätte ihm einen kräftigen Tritt in den Hintern und anschließend ein Plätzchen in der vergleichsweise sicheren Arrestzelle der örtlichen Polizeistation beschert.
    Zuletzt war ich gegen Ende des Jahres 1943 in Kilmarnock gewesen, stolz darauf, auf den Schulterklappen die Zeichen des Luftwaffenleutnants und auf der Brust die Streifen, die meinen Einsatz in Nordafrika bezeugten, zur Schau zu stellen. Die starken Blau- und Grüntöne im MacKenzie-Tartan meines Kilts – das war der Regimentstartan der Seaforth Highlanders – überstrahlten das triste Kaki meines Uniformhemds. Mit dem Seesack über der Schulter und dem Tam o’ Shanter, der flachen Regimentskappe mit dem charakteristischen Pompon, in angemessen schrägem Winkel auf dem Kopf stieg ich aus dem Zug. Ich sah blendend aus, gesund und munter. Meine Beinverletzung war verheilt.
    Das Training bei der Armee und die Nachwirkungen der Wüstensonne hatten mich in einen schlanken, gebräunten Krieger verwandelt. Während ich die Stufen der Bahnhofstreppe zur Hauptstraße von Kilmarnock hinuntersprang, brachte mich der heftige Schwung des Kilts dazu, den Kopf zu heben und die Brust herauszudrücken, als nähme ich an einer Parade teil. Ich marschierte die King Street mit ihren robusten viktorianischen Hausfassaden entlang und schlenderte danach lässig einmal um das Standbild von James Shaw auf dem zentralen Platz in der Ortsmitte herum.
    Mir fiel das Lächeln auf den Gesichtern der Mädchen auf, das versprach: Dann sehen wir uns also am Samstag im Palais, ja? Und das wohlwollende Nicken der alten Männer, die mich willkommen hießen: Du hast jetzt deine Zeit abgeleistet, Junge, genau wie wir im letzten Krieg. Als ich glaubte, genügend stillschweigende Anerkennung geerntet zu haben, bummelte ich wieder die Foregate entlang und danach die Gas Brae. Am Hunslet Barclay’s Yard, dem Rangierbahnhof, wurde ich kurz aufgehalten, weil man dort eine neue Lokomotive über die Hauptstraße auf die Schienen leitete, wo sie später ihren Dienst antreten würde. Der Lokführer nickte und blinzelte mir zu – und ich fühlte mich sofort wieder wie ein von den riesigen Metallrädern und dem wuchtigen Heizkessel schwer
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