Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galaxis Science Fiction Bd. 10

Galaxis Science Fiction Bd. 10

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 10
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
Vom Netzwerk:
Lamehd. Er war in einem unbedeutenden Gefecht in der Nähe von Titan umgekommen, aber bei seinem Tode war er der meistdekorierte Soldat der ganzen VES. Zweimal die Sonnenkorona. Lamehd sollte mein Kanonier sein.
    Der untersetzte war Stanley Weinstein, der einzige Mensch, der sich jemals in der Gefangenschaft der Eotis befunden hatte und daraus entkommen war. Als er endlich den Mars erreicht hatte, war von ihm selbst nicht mehr viel übrig gewesen, aber das Schiff, das er für seine Flucht benutzt hatte, war das erste Feindfahrzeug gewesen, das im intakten Zustand hatte untersucht werden können. Damals gab es noch keine Sonnenkorona, die man ihm hätte verleihen können, aber noch jetzt werden immer wieder Militärakademien nach ihm benannt. Weinstein sollte mein Astrogator sein. Doch dann kam ich wieder in die Wirklichkeit zurück. Das waren nicht die Originale. Vermutlich hatten sie nicht einmal ein einziges Partikelchen von Roger Greys Blut oder Wang Hsis Fleisch in ihren rekonstruierten Körpern. Es waren einfach nur ausgezeichnete und minuziöse Kopien, die man nach genauen Spezifikationen hergestellt hatte. Und die standen in den Akten der VES, seit Grey ein Kadett und Wang ein junger Rekrut gewesen waren.
    ES gab so zwischen hundert und tausend solcher Jussuf Lamehds und Stanley Weinsteins, rief ich mir ins Gedächtnis zurück, und sie alle waren von dem Fließband ein paar Stockwerke tiefer gekommen. ›Nur die Tapferen verdienen die Zukunft‹, ist das Motto des Schlachthofs, und es wurde augenblicklich versucht, ihnen diese Zukunft zu sichern, indem in Menge jeder Soldat vervielfältigt wurde, der sein Leben inmitten besonderer Glorie gelassen hatte.
    Wieder die Sache mit dem industriellen Nutzeffekt. Wenn man schon Methoden der Massenproduktion benutzt – und das tat der Schlachthof – dann war es natürlich vernünftig, ein paar wenige standardisierte Modelle zu produzieren, statt lauter verschiedene – so wie es vielleicht ein Handwerker tun würde. Nun, und wenn schon standardisierte Modelle, warum dann nicht solche, deren äußere Erscheinungsform positive und verhältnismäßig angenehme Assoziationen hervorrief, statt anonymer Charaktere vom Reißbrett der Ingenieure.
    Ein weiterer Grund, daß Helden-Modelle vorgezogen wurden, war fast noch wichtiger und weit schwieriger zu definieren. Nach den gestrigen Worten des Instruktionsoffiziers herrschte die etwas unklare Ansicht – eine abergläubische Ansicht fast –, daß, wenn man die Gesichtszüge eines Helden, seine Muskeln, seinen Metabolismus und sogar seine Gehirnwindungen so naturgetreu wie möglich kopierte, man vielleicht dadurch einen weiteren Helden erhielt. Die ursprüngliche Persönlichkeit würde natürlich nie wieder in Erscheinung treten können – die war schließlich durch Umgebung, Erlebnisse und andere nicht greifbare Faktoren geprägt worden –, aber es lag nichtsdestoweniger im Bereich der Möglichkeit, meinten die Biotechniker, daß eine gewisse Veranlagung zu Mut und Entschlußkraft allein durch die Körperstruktur gegeben war.
    Na ja, wenigstens schauten diese Golems nicht wie Golems aus. Wofür ich aufrichtig dankbar war.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend zog ich das Bündel unserer Marschbefehle aus meiner Tasche, tat so, als würde ich sie studieren und ließ sie plötzlich aus den Fingern gleiten. Während die Papiere noch zu Boden flatterten, streckte Roger Grey seine Hand aus und fing sie auf. Mit der gleichen eleganten und doch schnellen Bewegung, mit der er sie aus der Luft gegriffen hatte, gab er sie mir zurück. Ich nahm sie ihm ab und hatte dabei ein gutes Gefühl. Ich sehe es gern, wenn ein Ko-Pilot sich so bewegt.
    »Danke«, sagte ich.
    Er nickte nur.
    ALS nächsten schaute ich mir Jussuf Lamehd an. Ja, auch er hatte es. Was immer es auch ist, was einen erstklassigen Kanonier aus einem Mann macht, er hatte es. Es ist eine Qualität, die zu beschreiben fast unmöglich ist. Nehmen Sie an, Sie kommen in eine Bar auf Eros oder irgendeinem anderen Erholungszentrum und sehen eine Schleuderbesatzung am Tisch sitzen. Schon auf den ersten Blick wissen sie, welcher der Kanonier ist. Es ist eine Art sorgfältige, unter Kontrolle gehaltene Nervosität um ihn, meinetwegen auch eine tödliche Ruhe, die bei der leisesten Berührung sich explosiv in Handlung verwandelt. Es ist egal, was es ist, jedenfalls genau das braucht ein Mann, wenn er ein guter Kanonier sein will. Und Lamehd besaß es in einem solchen Maß, daß ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher