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Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes
Autoren: Jacquelyn Frank
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machte einen tiefen Atemzug, um sich zu beruhigen. »Du wirst dich also an diesen Tisch setzen und höflich sein und mich meine Arbeit tun lassen. Wie du selbst gesagt hast, hat Derrik mich beauftragt, dieser Sache ein Ende zu machen, und ich werde einen Weg finden. Einen Weg, bei dem wir nicht alle im Schlaf abgeschlachtet werden.«
    Lothas war gerade fertig mit seiner Standpauke, als Reule und Mystique erneut von Drago angekündigt wurden. Leibwächter und Diener folgten dem Paar, das, wie Lothas zugeben musste, noch herrschaftlicher wirkte als beim ersten Mal. Die Prima trug ein schulterfreies Kleid aus wundervollem silberweißen Fell, dessen kunstvolle Verarbeitung ihrer königlichen Haltung alle Ehre machte. Sie trug einen Silberanhänger um den Hals mit einem Rubin, auf dessen vorderer Facette das Stadtwappen eingraviert war. Wieder trug sie Handschuhe, doch diesmal aus schlichter weißer Seide bis halb über den Unterarm. Ihr Gatte war ganz staatsmännisch gekleidet, eine Ehrenbezeugung gegenüber ihren Gästen, die von den meisten gewürdigt wurde, wobei das strahlende Rot und das Schwarz in auffälligem Kontrast zu der schlichten, hübschen Erscheinung seiner Gattin standen. Ein weiteres junges Paar trat kurz nach ihnen ein, und die kleine Gruppe ließ sich nach der Begrüßung und einer Vorstellungsrunde nieder.
    Die unterschwellige Spannung war mit Händen zu greifen. Doch alle verhielten sich entweder höflich oder waren still während des ersten Gangs, einer heißen, herzhaften Suppe, die die Männer aus den Bergen sehr genossen. Natürlich weigerte sich Knar beharrlich, auch nur einen Bissen zu essen. Er schwieg, doch er warf böse, hasserfüllte Blicke in Mystiques Richtung. Nicht gerade klug an einem Tisch voller Empathen, die sie als ihre Freundin betrachteten. Doch die Sánge duldeten seine Unhöflichkeit, solange er auf seinem Stuhl sitzen blieb.
    Lothas wandte seine Aufmerksamkeit der Prima zu, die sich leise räusperte, als sie gerade mit dem Hauptgang beginnen wollten.
    »Befehlshaber Lothas, hat Eure Majestät zufällig erwähnt, dass sein versauter Sohn versucht hat, mich zu vergewaltigen, bevor ich ihn in Notwehr getötet habe?«
    Sie überrumpelte den ganzen Tisch damit und löste eine Welle von schockiertem Husten und Würgen aus, als der eine oder andere das Essen in den falschen Hals bekam. Sogar ihr Gatte wandte den Kopf ab, um zu husten, doch Lothas hatte den Verdacht, dass er eher ein unangemessenes Grinsen verbergen wollte. Knar traf beinahe der Schlag. Er lief dunkelrot an und hatte nicht einmal mehr die Geistesgegenwart, um zu brüllen.
    Mystique bedachte ihn mit einer Art nachsichtigem Lächeln, und Lothas musste sich nun selbst das Lachen verbeißen. Sie zeigte wirklich Rückgrat. Sie war überhaupt nicht so, wie er erwartet hatte. Er hatte gedacht, er würde es mit einem bösartigen kleinen Biest und mit einer kaltblütigen Mörderin zu tun bekommen, die um jeden Preis überleben wollte.
    In gewisser Weise hatte er recht. Sie setzte alles daran, um zu überleben. Das musste sie auch, um es nach drei Tagen Folter aus den Bergen hinauszuschaffen, ganz zu schweigen davon, dass sie unbewaffnet und ungeschützt durch die Wildnis gelaufen war. Und sie hatte einen boshaften Zug an sich, sonst hätte sie den Vater ihres Opfers nicht so unbekümmert verspotten können. Doch insgesamt machte das nur einen kleinen Teil von ihr aus. Ansonsten war sie intelligent, liebenswürdig, klug und furchtlos. Natürlich hatte sie einen Heimvorteil, doch sie hatte ihre Verbündeten nicht durch Tricks und Lügen gewonnen. Sie waren ’pathisch und prinzipientreu, und sie würden nie einen Flüchtling beherbergen, wenn sie es nicht für gerechtfertigt hielten.
    Und wenn sie die Wahrheit gesagt hatte, war es in der Tat gerechtfertigt.
    »Du lügst! Du verlogenes Miststück!«
    Knar verlor völlig die Beherrschung, und der ganze Tisch krachte zusammen, als er sich in der Absicht daraufwarf, der Prima an die Gurgel zu gehen. Wie aus dem Nichts kam ein Mann mit einer goldenen Mähne herangestürmt, um den Angriff und den Dolch abzuwehren, den Knar in den Raum hatte schmuggeln können. Essen, Getränke und Zinngeschirr flogen herum, während alle anderen vor der Gewalt und dem Durcheinander zurückwichen. Darcio gewann die Oberhand über den schreienden Riesen, wobei er ihm eine Hand um die Kehle gelegt hatte und mit der anderen den Griff eines Dolches hielt, der tief in Knars linker Schulter steckte und ihn
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