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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler
Autoren: Peter Dempf
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herum.
    Hinter ihnen hatte sich der junge Wärter aufgebaut, den die Schwarze Liss vor nicht einmal einem halben Jahr bezirzt hatte. Er stand da mit einem grimmigen Gesichtsausdruck, die Beine gespreizt, die Hellebarde in der einen Hand – und die Schwarze Liss neben sich.
    »Ihr glaubt doch nicht, Ihr könnt einfach so aus dieser Stadt verschwinden?«, sagte diese.
    Hannah stöhnte auf. »Ihr habt mich vielleicht erschreckt. Beinahe hätte ich mir in den Rock gemacht.«
    »Die Fürstin der Bettler und Angst? Das glaubt dir doch kein Mensch, Röttel!«
    Die Schwarze Liss humpelte auf Hannah zu, und auch Hannah ging ihr entgegen. Sie umarmten sich, und Hannah konnte nicht anders als weinen, während sie sich in den Armen lagen. Die Tränen wollten gar nicht mehr aufhören, während sie die Schwarze Liss an sich drückte.
    »Ihr geht also beide, Hannah?« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    Hannah nickte an der Schulter der Bettlerin.
    »Vorerst nach Frankfurt«, flüsterte sie ihr ins Ohr. Sie wollte ihre Pläne nicht hinausposaunen. »Eine Schwester meines Mannes wohnt in der Nähe der Stadt. Aber wir werden dort nicht bleiben.« Hannah drückte die Schwarze Liss noch einmal an sich. »Danke für alles!«
    »Ach, Hannah, wir haben zu danken. Es wird lange dauern, bis wir wieder eine Fürstin unter den Bettlerinnen finden.«
    Dann schob sie Hannah zu Bruder Adilbert hin und winkte sie weiter.
    »Lasst von euch hören!«, sagte sie leise.

N ACHWORT
    Diese Geschichte könnte überall spielen. Ich habe sie nach Augsburg verlegt, weil die Stadt schon vor sechshundert Jahren ein Zentrum des Lebens und des Lasters war.
    Immer wieder werde ich gefragt, was denn »wahr« sei an meinen Romanen. Die Antwort ist einfach: Wahr ist im Grunde nichts, denn es sind Romane. Romane haben es an sich, dass ihre Geschichten erdacht sind.
    Dennoch gibt es historisch verbürgte Ereignisse und Tatsachen, die ich für meine Romane verwende. Ich fantasiere mir die Geschehnisse und Örtlichkeiten nicht zusammen, ich bringe sie zusammen. Oft versuche ich zu historisch nachweisbaren Ereignissen Geschichten zu erfinden, die diese Geschehnisse nachvollziehbar, also wahrscheinlich machen.
    So auch im vorliegenden Fall.
    An der nördlichen Stadtmauer hat es in Augsburg einen »Fledermausturm« gegeben, der um das Jahr 1300 herum niedergebrannt ist und nicht wieder aufgebaut wurde. Schon zuvor war er nicht mehr als Wehrturm benötigt worden und hatte den unterschiedlichsten Personen Unterschlupf gewährt, unter anderem einer als Hexe beschuldigten Frau. Auch die Ruine wurde noch bewohnt und diente den Stadtarmen als Schlafstätte. Erreichen kann man den Ort bis heute vom Pfaffenwinkel aus über die alten »Hennastäpfala«, obwohl diese mittlerweile einem wenig attraktiven Betonweg gewichen sind.
    Ebenso wie den Fledermausturm hat es die Apotheke imnördlichen Stadtteil gegeben. Auch sie wurde etwa zur selben Zeit ein Opfer der Flammen und damit mein Vorbild für das brennende Anwesen der Hannah Meisterin. Der einzige Hinweis auf den Brand der Apotheke ist aber eine kurze Bemerkung in einem städtischen Merkbuch. Wie das Haus wirklich ausgesehen hat und warum es den Flammen zum Opfer gefallen ist, weiß niemand mehr zu sagen.
    Neben der Apotheke gibt es bis heute das »Hurenhäuschen«, eigentlich das »Lusthaus« (gemeint ist damit ein Sommerhaus) des Bischofs. Mittlerweile hat es die Stadt Augsburg an Privatiers verkauft, die es renoviert haben. Zwar ist es nicht mehr das Gebäude, das auf den ältesten Stadtplänen der Stadt Augsburg bereits eingezeichnet ist, aber seine Lage gibt bis heute zu Spekulationen Anlass. So streiten die Archäologen noch immer darüber, ob die Hinweise im Keller und im Vorgarten des Anwesens einen unterirdischen Gang unter der Stadtmauer hinweg belegen oder nicht. Ich habe für mich die Entscheidung getroffen: Der Gang existierte in Vorzeiten, auch wenn die Umbaumaßnahmen des Dreißigjährigen Krieges, durch die die Stadtmauer und Wehranlagen verändert wurden, die Spuren getilgt haben.
    So wie diese beiden Gebäude den historisch nachweisbaren Tatsachen entsprechen, entsprechen alle anderen Gebäude ebenfalls real existierenden Vorlagen. Selbst das Haus des Handwerkers in der Altstadt, in dem Bruder Adilbert Unterschlupf findet, hat solch eine Vorlage, ebenso wie der Wehrgang, das »Lueginsland«, der Weg dorthin, der Garten von der Schwarzen Liss und ihrem Vater, die besondere Form des Stadtgrabens, der
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