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Für hier oder zum Mitnehmen?

Für hier oder zum Mitnehmen?

Titel: Für hier oder zum Mitnehmen?
Autoren: Ansgar Oberholz
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Energetisch läuft hier fast alles richtig. Mit Milena verstehe ich mich ziemlich gut, und wir sind alle ganz chillig drauf. Das spüren auch die Gäste.«
    »Ich bin wirklich erleichtert, dass ihr euch nun besser versteht. Aber manchmal wünschte ich, wir hätten keine Zeit, chillig drauf zu sein, weil wir richtig Stress haben.«
    Shanti unterliegt einem ausgesprochenen Hang zum Spirituellen, interessiert sich allerdings weniger für die Veden denn für den Mayakult.
    »Man sollte immer die Ruhe bewahren und in seiner Mitte bleiben. Und bis zum kommenden Ton 3 des 17. Siegels des Uinals, der für den Weg in die Einheit der Liebe steht, werden wir vielleicht auch erfahren, zu wem aus dem Team du dich so hingezogen fühlst.«
    »Zu wem sollte ich mich denn hingezogen fühlen, außer zu dir?« Ich lache und versuche die Bemerkung zu überspielen.
    »Nein, nein, du bist doch nicht schwul, oder? Das hätte ich gemerkt. Alle Kollegen reden darüber, aber keiner sagt, mit wem du eine Affäre hast.«
    »Affäre? Ich dachte, ich fühle mich nur zu jemandem hingezogen? Na, dann will ich mal herausbekommen, mit wem ich was am Laufen habe!« Ich klopfe Shanti auf die Schulter, er lächelt selig und nickt.
    Von der Küche führt eine schmale, alte Versorgungstreppe in den Keller hinab. Man muss den Kopf einziehen, wenn man sie nutzt. Kisten sind mit der kurzen Seite zum Körper zu tragen, um nicht steckenzubleiben. Im Backstagebereich hatten die Aschingers enorm gespart, an Raum und an Komfort. Für damalige Verhältnisse war das vermutlich eine riesige Gangway, auf der sich zwei Mitarbeiter fröhlich im Vorbeitraben abklatschten.
    Unten, gegenüber der Treppe, liegt ein Durchgang ohne Tür, der in einen Raum mit Kühlhaus und Vorbereitungsküche führt. Rechts von der Treppe ist die Garderobe für die Mitarbeiter, sie ist nicht sehr groß, wie alle Räume im Keller, erfüllt aber ihren Zweck. Der Flur linker Hand mündet im Trockenlager. Dort befindet sich ein zugemauerter Gang, der zum Nachbarhaus führt. Die Aschingers hatten den angrenzenden Bau in den zwanziger Jahren an das Stammhaus angeschlossen. Bis zum Ende der Burger-King-Zeit waren die Häuser miteinander verbunden gewesen, dieser Gang war ein wichtiger Verkehrsweg. Die ehemalige Küche des amerikanischen Schnellrestaurants befindet sich immer noch im Nebengebäude, sie steht leer.
    In den frühen Nuller Jahren gab es dort für kurze Zeit eine illegale Bar, sie war nur an einem bestimmten Wochentag geöffnet, und offiziell fand stets eine Vernissage statt, auch wenn nicht wirklich Kunst gezeigt wurde.
    Im Getränkelager stelle ich fest, dass ich einige Sorten der Erfrischungsbrausen der kleinen regionalen Hersteller beim großen regionalen Getränkehändler nachbestellen muss. Dass der mit seinem Sattelschlepper nicht für vier Kisten einen Halt einlegt, ist verständlich. Ich werde nachfragen, was der Mindestbestellwert ist, und hoffen, dass sie nicht auf Barzahlung bestehen.
    Hatte ich einmal richtig nachgedacht und mir das Risiko, das ich mit dem Café eingehen würde, bewusst gemacht? Die Bank wollte Sicherheiten für das Darlehen. Glücklicherweise bekam ich die von nahen Anverwandten gestellt. Zusätzlich wurde noch eine Ausfallgarantie der Berliner Bürgschaftsbank verlangt. Doppelte Absicherung. Spätestens an der Stelle hätte ich mir des vollen Risikos gewahr werden können. Aber wie können Banken ein Maßstab für Risiko sein?
    Zwischenzeitlich sah es nicht danach aus, dass das Vorhaben trotz meiner Mühen realisierbar war. Ich rechnete damit, dass es an einer der großen finanziellen und rechtlichen Hürden scheitern würde. Als mich gerade die Hoffnung und die Kraft verließen, bekam ich aber von den einzelnen Institutionen, wie durch ein Wunder, eine Zusage nach der anderen. Ich konnte nicht mehr nein sagen.
    Warum habe ich mit der Restaurantgründung nicht, wie geplant, bis zu meinem fünfzigsten Lebensjahr gewartet? Dann hätte ich vielleicht ein gesundes finanzielles Polster gehabt. Andererseits sahen keine meiner bisherigen Unternehmungen und Vorhaben so aus, als könnte ich mit ihnen bis dahin den abgesicherten Zustand erzielen, nach dem ich mich nun sehne.
    Den Verkaufspreis meiner Werbeagenturanteile hatte ich in eine Straßenbahnfahrt investiert, und mit meinen abgebrochenen Studiengängen würde ich keine Festanstellung erlangen, die mir derartige Spielräume eröffnen würde. Worauf hätte ich warten sollen?
    Eines unserer letzten Projekte
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