Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fünf

Fünf

Titel: Fünf
Autoren: Ursula Poznanski
Vom Netzwerk:
und bei der Textstelle
diamond in the sky
waren seine Augen jedes Mal groß und rund geworden und …
    Weinte sie jetzt doch? Ihre Augen brannten, und ihre Nase fühlte sich zugeschwollen an. Das Summen steckte ihr in der Kehle wie ein halbgekauter Bissen.
    Eins. Zwei. Drei. Vier. Fünf. Sechs. Sieben. Acht.
    Eins. Zwei …
    Mina schlägt ein Rad auf dem Wohnzimmerteppich. «Schau her, schau doch her!»
    Hinter seinem Rücken holt Jakob drei zerquetschte Löwenzahnblüten hervor. «Hab ich für dich gepflückt.»
    «Halt die Ohren steif, Hase», lacht Evelyn, und Achim sagt, «Keine war so schön wie Sie in Ihrer Uniform.»
    Fünf. Sechs.
    Ein Croissant ohne Marmelade. Gekrümmte Finger. «Tu nichts, was ich nicht auch tun würde», ruft Evelyn fröhlich. «Kopf hoch, mein Mädchen. Auch wenn der Hals dreckig ist.»
    Kopf. Hoch. Kalt, ganz kalt.
    Eine Tasse mit duftendem Kaffee, der Milchschaum knistert. Florin legt seine Hand auf ihre, eine dunkle Haarsträhne hängt ihm in die Stirn, schließt an den Bogen einer Augenbraue an. «Beatrice.»
    «Ja.» Sagt sie. Denkt sie. Hat er sie gehört?
    Jakob schlingt ihr die Arme um den Hals. «Die Frau Sieber hat mir ein Sternchen gegeben.»
    Richtig, Beatrice kann es leuchten sehen.
Twinkle, twinkle
.
    Jetzt stürzt etwas ein. So laut.
    You’re indestructible, always believe in, because you are gold
. Evelyn singt so schön wie niemand sonst.
    Bea. Sieh mich an.
    David ist auch hier. Was will er? Er reißt und zerrt an ihr, es tut weh. Wenn sie sprechen könnte, würde sie ihm sagen, dass sie ihn nicht mehr sehen möchte. Darf.
    Es reißt, und sie kann fliegen.
    «Wir haben sie!»
    «Bea!»
    Nicht stören. Nicht jetzt.
    «Wir müssen sie wach bekommen. Bea!»
    Rütteln. Druck auf ihrem Gesicht. Licht.
    «Sie hat die Augen offen. Gott sei Dank. Es ist alles in Ordnung, hörst du mich, Bea?»
    Ja. Nein.
Langsam
.
    Dann kehren die Dinge zurück, die Formen, die Namen. Florin.
    Die Kälte.
     
    Unter ihrem Körper spürte Beatrice festen Boden. Scheinwerfer schnitten durch das Dunkelgrau eines frühen Morgens. Menschen liefen dicht an ihr vorbei, viele Menschen. «Wa-w-w–» Ihr Mund gehorchte ihr nicht.
    Jemand hob ihren Oberkörper an und schälte sie aus ihrem Shirt. «Wo sind die Decken? Wieso dauert das so lange? Stefan, deine Jacke.»
    Kaugummigeruch.
    Neben ihr kniete Florin, triefend nass. Bechner reichte ihm eine Wolldecke, und er schlug sie um ihre Schultern, wickelte sie so eng darin ein, dass sie ihre Arme nicht bewegen konnte. Dann schlüpfte er aus seinem eigenen nassen Hemd.
    «Der Krankenwagen ist unterwegs. Es kann nicht mehr lange dauern.» Florin zog sie an sich, hielt sie gegen seine Brust gedrückt. «Du musst wach bleiben, hörst du? Du bist unterkühlt.»
    «W-w-wie ha–»
    Er drückte sie fester. «Deine SMS war merkwürdig. Ich habe fünf Minuten darüber gegrübelt und dich dann angerufen, doch dein Handy war abgeschaltet. Ans Festnetz bist du nicht gegangen, aber ich weiß ja, dass Achim …» Er ließ den Satz unbeendet. «Erst einmal mussten wir nach Sigart suchen, und ich hatte ein merkwürdiges Gefühl dabei. Wer hätte ihn aus dem Krankenhaus entführen können, ungestört und ungesehen? Also habe ich noch einmal mit seinem Arzt telefoniert und ihn genau nach seinem Zustand befragt. ‹Gar nicht so schlecht›, meinte der Arzt. Der Patient habe sich schnell erholt, nun seien die Amputationswunden nachoperiert, und wenn keine Infektion dazukomme, könne er in zwei oder drei Tagen entlassen werden. Ich fragte nach dem Blutverlust. Der sei nicht tragisch. Aber die Halswunde? Die sei nicht tief, da seien keine wichtigen Blutgefäße verletzt worden.» Beatrice konnte spüren, wie er den Kopf schüttelte. «Damit war vieles klar. Ich setzte mich ins Auto und fuhr zu Sigarts Wohnung, doch da war niemand. Dann fuhr ich weiter zu dir nach Hause. Ich weiß nicht genau, warum.»
    Florins Brust hob und senkte sich langsam und ruhig. Beatrice passte ihren eigenen Atemrhythmus an seinen an. Überall liefen Einsatzkräfte über die Wiese, sie schnappte Satzfetzen auf und wusste, sie suchten nach Sigart.
    «Ich hielt Ausschau nach deinem Auto, doch das war nirgendwo zu sehen, obwohl genug Parkplätze vor dem Haus frei waren. Also habe ich bei dir geklingelt. Es noch einmal auf dem Handy versucht. Dann bin ich zu Sigarts Wohnung zurückgefahren. Habe die Gegend genauer abgesucht. Und dein Auto gefunden.»
    Und gleich die richtigen Schlüsse gezogen?
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher