Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fuego, Andréa de

Fuego, Andréa de

Titel: Fuego, Andréa de
Autoren: Geschwister des Wassers
Vom Netzwerk:
aneinandergekuschelt. Er fuhr der Jüngeren mit den Fingern zwischen die kleinen Schenkel, legte sie auf das dampfende Geschlecht. Niemand bemerkte es, nicht einmal sie selbst spürte es in einer Weise, dass sie davon aufgewacht wäre.
    Als Geraldo auf die Fazenda zurückkam, versteckte er ein in ein Höschen gewickeltes Medaillon unter seiner Matratze. Die Frau trank in ihrem Zuhause, das sie mit anderen Mädchen teilte, ein Glas Milch und weichte das mit Geraldos Säften gestärkte Kleid in Seifenlauge ein.

8. Kapitel
    GERALDO WAR NICHT der einzige Großgrundbesitzer, es gab andere, in ziemlicher Entfernung, weil die eigenen Ländereien schon so weitläufig waren. Er hatte nicht geheiratet, wegen seiner Mutter, hatte sie bis zu ihrem Tod gepflegt. Nach Geraldos Geburt befiel Geraldina eine unerklärliche Krankheit. Sie hatte keine Schmerzen, doch ihre Augen tränten unaufhörlich, ein gelblicher Saft umgab die schwarze Iris. Sie wurde nach Geraldo noch dreimal geschwängert. Dreimal erlitt sie klumpige Blutungen, ihre Gebärmutter hielt kein Leben mehr. Die Kinder, die sie verlor, stets im vierten Schwangerschaftsmonat, begrub sie in der Nähe des Flusses. Sie schnürte aus den blutigen Fleischklumpen ein Bündel, band den Stoff mit einem getrockneten Strohhalm zu und betete für die Seelen dieser Wesen, die sie nicht hatte zur Welt bringen können.
    Geraldos Vater starb nach der dritten Totgeburt. Die Fehlgeburt hatte ihn impotent gemacht, er verlor die Kraft in den Beinen, seine Nieren wurden träge, der Geist schwach. Die Matriarchin zog Geraldo alleine auf. Ohne Angst, ohne Mäßigung nahm der Junge von allem Besitz. Seine Stimme tönte voll, wie ein Horn, nur weniger langgezogen.
    Geraldina Passos starb zu Beginn eines Sommers, doch die Bestattung ihres Leichnams löschte ihre Person nicht aus. Zurück blieb eine Art Rest, der, wenngleich winzig und durchscheinend, doch über eine zusammenhängende materielle Struktur verfügte. Sie lag in der Luft wie Staub auf einer nicht gewachsten Frisierkommode, ein bloßer Atem konnte ihn aufwirbeln.
    In den ersten Monaten blieb sie zu Hause, in einem Winkel ihres Schlafzimmers. Tizica bekreuzigte sich, wenn sie den Raum fegte, den Geraldo verschlossen halten wollte. Am ersten Weihnachten ohne Geraldina setzte Tizica Milch auf, und die Milch erhitzte sich nicht. Träge und reglos verharrte sie in dem Emaillekännchen, fett von dem Gras, das sie hervorgebracht hatte, kein Molekül wurde von der Temperatur in Bewegung gesetzt. Kein einziges Bläschen stieg auf, die Oberfläche unverändert glatt.
    Tizica berichtete in der Nachbarschaft von diesem Phänomen und erntete Widerworte.
    »Wenn du nicht aufhörst, lockst du die Tote nur an.«
    »Mach dir keine Sorgen, was tot ist, ist unter der Erde.«

9. Kapitel
    JÚLIA BEWOHNTE IHR Zimmerchen im Nebengelass mit demselben Widerstand, mit dem sie auch das Waisenhaus bewohnt hatte. Das Gesicht lag nie ganz auf dem Kissen auf, zwischen ihr und der Umwelt stets eine kleine Lücke. Sie durfte sich im Haus nur mit Erlaubnis von Leila, ihrer Adoptivmutter, bewegen. Sie aß in der Küche und musste sich abends auf ihr Zimmer zurückziehen. Sonntags brachte Leila Júlia in die Küche, damit sie Dolfina half, der Frau, die sich seit Jahren um die Villa kümmerte und ebenfalls im Nebengelass schlief.
    »Wie lange wohnen Sie schon hier?«
    Dolfina schnippelte das Gemüse, das das Mädchen nach und nach aus dem Kühlschrank holte.
    »Das weiß ich schon gar nicht mehr, Leilas Mutter hat mich hergeholt, ich war schon recht groß.«
    Leila empfing so wichtige Besucher, dass weder Júlia noch Dolfina sich ins Wohnzimmer trauten. Wenn die Speisen serviert waren, hörten sie Radio. Manchmal durfte Júlia auch in Dolfinas Zimmer schlafen, sie legte dann ihre Matratze neben die Tür.
    Die angenehmste Arbeit war das Zusammenlegen der Kissenbezüge und Handtücher. Bei den Hemden und anderen Textilien musste man aufpassen, dass sie nicht knitterten, und Júlias Hände waren nicht besonders geschickt. Kissenbezüge und kleine Handtücher hingegen ließen sich leicht und angenehm falten, der weiche, duftende Baumwollstoff parfümierte die Hände. Sie schaffte es nur nicht, sie aufzuräumen, die Regale waren zu hoch. Júlia aß, was man ihr vorsetzte, Brühe mit Hühnerklein, Hefezopf mit Anis. Am liebsten mochte sie erdig Schmeckendes, oder zumindest rostrot Gefärbtes. Honig, ganz gleich welcher Blüte, aß sie wie einen Kanten Brot, langsam
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher