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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs
Autoren: Mary Scott
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auch Julian wiedergekommen und hatte sich
redlich für die beiden ins Zeug gelegt. Die Gesellschaft dieses vernünftigen
jungen Mannes hatte den alten Herrn erheblich ruhiger gestimmt, doch selbst
Julian vermochte nicht, ihn zu einem freundlichen Empfang seiner heimkehrenden
Tochter zu überreden. Er hatte auf keinen der Briefe geantwortet, die sie ihm
seit der Heirat fast täglich schrieb, und sobald sie ihm das Datum ihrer
Heimkehr mitteilte, fuhr er unter dem Vorwand wichtiger Geschäfte zur Stadt und
nahm Logis in seinem gewohnten Hotel. Sein falscher Stolz hinderte ihn sogar,
für Anne ein paar schriftliche Worte von Liebe und Verzeihung zu hinterlassen.
    Zurück aber kam die Anne von
früher, nicht die leidenschaftliche junge Frau, die sich mit ihm so wild
gestritten hatte. Das Glück hatte ihm seine geliebte kleine Tochter
wiedergegeben, die nichts verlangte als seine väterliche Liebe und Güte.
Nachdem sie in der alten Wohnung alles mit Julian besprochen hatte, fuhr sie
schon zwei Tage später ihrem Vater nach. Wie es ihr mit ihm erging, wußte
keiner von uns, doch ich glaube kaum, daß sie es sonderlich schwer gehabt hat,
ihn zu versöhnen. Allein, daß sie sogleich aus ihrem neuen Heim und von ihrem Mann
zu ihm gefahren war, mußte doch tröstlich für ihn gewesen sein. Drei Tage
darauf kamen sie zusammen zurück. Anne war wieder das lachende, strahlende
junge Mädchen wie bei unserer ersten Begegnung.
    Colonel Gerard bewies erneut,
daß er nichts halb tat, wenn er sich zu einem Entschluß durchgerungen hatte. Er
fuhr sofort zu dem kleinen Haus, das Tim bewohnte, und fand seinen
Schwiegersohn im Gemüsegarten. Etwas krampfhaft lächelnd deutete er auf Anne,
die eben aus dem Auto stieg. Mit den Worten: »Ich bringe dir zurück, was dir
gehört — und vielen Dank für die Leihgabe«, hielt er ihm die Hand hin.
    Dem stets großzügigen Tim
genügte das glückliche Lächeln seiner kleinen Frau, um dem Panjandrum die Hand
zu schütteln. Larry aber meinte, die Szene sei wie aus einem altmodischen
Theaterstück gewesen, als die Menschen sich noch nicht um Komplexe und dergleichen kümmerten.
    Die neue Freundschaft zwischen
Vater und Tochter kam zwar nicht sofort zu voller Blüte, doch der Colonel
annullierte den Verkaufsvertrag für seine Farm, während Anne unbedingt darauf
hielt, ihren Vater täglich zu besuchen. Und schon sehr bald erschien er häufig
und lange in dem Häuschen am Berghang, das so viel kleiner als seins. Zu mir
sagte er eines Tages, indem er absichtlich eine bärbeißige Miene aufsetzte:
»Wenn Sie in Ihrem Leben jemals recht gehabt haben, verehrte junge Dame, dann
mit Ihrer Behauptung, daß Tim ein prächtiger Mensch ist! Wir stehen, seitdem
ich einmal gleichsam an seiner Schulter geweint hatte, viel vertrauter
miteinander. Die steife Förmlichkeit mir gegenüber hat er inzwischen
aufgegeben.«
    Larry war recht betrübt, daß
die Fehde einen so zahmen Abschluß fand. Sie brachte es noch immer nicht über
sich, an ihrem alten Feind gute Eigenschaften zu entdecken.
    »Richtig zu sich gekommen ist
er erst«, sagte sie orakelhaft, »als ihm die Fotografie des bewußten alten
Bischofs in die Hände fiel und er feststellte, daß es sich um einen Onkel von
Tim handelte. Das tröstete ihn gewaltig, aber noch längst nicht so wie die
wunderbare Enthüllung, daß Tims Mutter eine hochwohlgeborene Soundso aus
Leicester war. Ihr müßt doch direkt hören können, wie er bei seinen Kumpanen
angibt: >Mein Schwiegersohn, natürlich Frontsoldat gewesen, seine Mutter war
eine geborene Soundso aus Leicester — Sie wissen ja, große Jäger vor dem
Herrn...<«
    Das war entschieden stark
übertrieben, und ich wollte nichts davon hören. Von jetzt an stand ich ganz auf
der Seite der Eltern. Eltern müssen zusammenhalten!
    Tantchen, die mit Larry niemals
über die Störung der Telefonleitung sprach, sagte einmal mit wohleinstudierter
Gleichgültigkeit zu mir: »Mick O’Connor ist ein mißtrauischer Mensch, ihm hat
die Sache mit der Telefonleitung keine Ruhe gelassen. Neulich sagte er zu mir:
>Da war ja gar kein Draht gerissen. So ein verflixter Ast ist nämlich
draufgefallen und — zack, war der Draht durch, als hätte ihn der Erzengel
Michael persönlich mit seinem goldenen Schwert durchgehauen!< Aber dann
fügte er unzweideutig hinzu, es würde ihn nicht überraschen, wenn sich
herausstellte, daß in jener dunklen Nacht eine finstere Tat begangen worden
wäre.«
    Mein Herz wollte aussetzen, mit
unsicherer
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