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Frozen Time (German Edition)

Frozen Time (German Edition)

Titel: Frozen Time (German Edition)
Autoren: Katrin Lankers
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eine der Medis einen PhysioRob neben mein Bett. Jeden Tag macht er seine Übungen mit mir, seine Greifarme umschließen meine Beine, beugen und strecken sie, dann sind die Arme dran. Ich kämpfe gegen die Gewichte, bis meine Muskeln schmerzen.
    Jeden Tag wird mein Körper stärker, doch mein Kopf verweigert sich mir. Wenn ich ihn nach den Erinnerungen durchforste, die er vor mir verbirgt, dann stoße ich auf nichts als soliden Nebel.
    Ich versuche, mir alles zu merken, was die Medis mir erzählen, versuche, mir aus ihrem Wissen über mich eine eigene Erinnerung zu bauen. Ein eigenes
Ich
.
    Bis zu meiner Erkrankung lebte ich im JuniorCenter B-VI-7, sagen sie. Ich sei eine gute und eifrige Schülerin gewesen, sagen sie. Meine Begabungstests waren gerade abgeschlossen, meine Spezifizierung sollte im Bereich Medizin stattfinden. Ich empfinde Stolz, als ich das höre. Medizin ist einer der wichtigsten,aber auch einer der schwierigsten Bereiche. Meine Tests müssen sehr gut gewesen sein.
    Die Medi freut sich, als sie bemerkt, dass ich stolz über diese Information bin. Sie sagt: »Deine Erinnerung kommt zurück.«
    Aber das, woran ich mich erinnere, hat nichts mit mir zu tun. Es ist Wissen, das irgendwo in meinem Körper abgespeichert ist. So wie ich weiß, dass ich Wasser trinken muss, um gesund zu bleiben.
    Wasser ist gesund. Es geht uns gut.
    Die Medi, die mich nach meinem Erwachen befragt hat, kommt am häufigsten. Sie heißt Mitra Thoren und ich schätze sie auf etwa achtzig.
    »Warum bin ich krank geworden?«, frage ich sie.
    Wieder werden ihre Augen ein winziges Stück schmaler.
    »Ein Virus«, erklärt sie mir. »Ein sehr seltenes Virus. Mutiert. Gefährlich.«
    »Wie habe ich mich infiziert?«
    »Das wissen wir noch nicht.«
    »Werde ich wieder gesund?«
    »Natürlich.«
    Das Virus hat mein Gehirn befallen, so erklären sie es mir. Es hat einige Nervenverbindungen zerstört, deshalb kann ich mich an nichts erinnern. Das Wissen ist in meinem Kopf, aber es ist eingeschlossen in einen geheimen Raum, zu dem nur ich den Schlüssel besitze.
    Wenn ich versuche, den Raum mit Gewalt zu öffnen, dröhnt das Piepen, von dem mir inzwischen klar ist, dass es mein eigener Herzschlag sein muss, wieder laut in meinem Kopf und der pochende Schmerz in den Schläfen kehrt zurück.
    Die junge Medi   – Sara – injiziert gelbe Flüssigkeit aus ihrem MediConverter in meine Hand und der Schmerz lässt nach. Auch die Angst hat Sara mit dieser Flüssigkeit fest im Griff. Sie kommt nicht zurück.
    Danach bin ich zu müde, um weiterzugrübeln.
    »Die Erinnerung kommt im Schlaf«, versucht Sara mich zu trösten.
    Aber wenn sie mir die gelbe Flüssigkeit spritzt, schlafe ich fest und ohne zu träumen.
    Mitra hat mir ein Holo mitgebracht, nicht größer als meine Hand. »Das bist du«, sagt sie.
    Ich drehe meine geöffnete Hand hin und her, und das Bild dreht sich mit. Es wirkt ein bisschen verschwommen, dennoch sehe ich jedes Detail überscharf. Mein Atem geht schneller vor Aufregung.
    Ein Mädchen schaut mich aus hellgrünen Augen aufmerksam an. Die etwas zu vollen Lippen sind zu einem vorsichtigen Lächeln hochgezogen. Um das herzförmige Gesicht fallen lange blonde Haare, die die durchscheinende Blässe der Haut betonen. Ich schlucke trocken. Das Mädchen ist eine Fremde.
    »Und?«, fragt Mitra.
    Ich schließe die Hand zur Faust. Das Holo verschwindet.
    Dreimal am Tag bringt Sara mir etwas zu essen. Sie setzt sich neben mich auf den Hocker, den sie aus meinem Bett herausfährt, und wacht darüber, dass ich alles aufesse. Der Brei, den sie mir gibt, ist beige und schmeckt süßlich, aber ich kann nicht sagen, wonach genau.
    »Da ist alles drin, was dein Körper braucht«, versichert Sara mir.
    Sara ist immer gut gelaunt und sie redet ununterbrochen. Sie ist zwanzig Jahre alt und wird in sechs Monaten planmäßig ihre Grundausbildung als Medi abschließen. Ihr Lebenspartner heißt Iden, er befindet sich in der Ausbildung zum Robotechniker. Mit einundzwanzig Jahren werden sie ihren Juniorstatus abgeben, wie alle in unserer Gesellschaft, dann beginnt für sie das eigentliche Arbeitsleben und sie erhalten den Status eines Adults.
    Ich kenne die Regeln unserer Gesellschaft – dabei kenne ich nicht einmal meinen eigenen Namen!
    »Ich habe Iden bei einem DatingDay kennengelernt, ist das nicht großartig? Er ist der perfekte Partner für mich. Wir ergänzen uns hervorragend. Ich bin so glücklich mit ihm, genau wie es die verehrte Regierung
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