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Frozen Time (German Edition)

Frozen Time (German Edition)

Titel: Frozen Time (German Edition)
Autoren: Katrin Lankers
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aufzurichten, und setzt mir das Glas an die Lippen. Mit wenigen gierigen Schlucken trinke ich es leer. Die kalte Flüssigkeit hat eine beruhigende Wirkung auf mich.
    »Ruh dich noch etwas aus.« Sie stellt das Glas zurück, dann geht sie zur linken Seitenwand, die aus schwarzem Glas besteht, wie ein Fenster, dessen Scheibe dunkel ist. Mit einer wischenden Handbewegung öffnet sie eine Schiebetür in der Glaswand und verlässt den Raum. Die Tür gleitet lautlos hinter ihr zu.
    Ich bin allein.
    Ich starre auf die Wand mir gegenüber. Sie ist weiß und leer. Leer wie ich. Und weiß wie der Nebel, der mich ausfüllt.
    Wie ferngesteuert bewegt sich meine Hand hoch zu meinem Gesicht. Die Muskeln ziehen, fast scheint mir der Arm zu schwer, doch dann gelingt diese einfache Bewegung, und vorsichtig ertasten meine Finger mir unbekannte Züge. Eine schmale Nase, trockene Lippen, ein spitzes Kinn und breite Wangenknochen,lange Wimpern, eine glatte Stirn, und dann, dort wo der Haaransatz sein sollte: nichts.
    Meine Hand zittert leicht, als ich mich zwinge, sie über meinen Kopf fahren zu lassen. Mein Verdacht bestätigt sich. Mein Schädel ist kahl. Meine Hand zittert stärker. Oben auf dem Kopf erspüre ich eine Vielzahl kleiner Knöpfe, die durch die Haut im Knochen befestigt zu sein scheinen.
    Was ist das?
    Im selben Moment weiß ich schon die Antwort: Hirnscanner-Elektroden.
    Warum habe ich Elektroden am Kopf?
    Vorsichtig versuche ich, einen der Stecker mit meinem Finger zu bewegen. Meine Nackenmuskulatur verspannt sich in Erwartung rasender Schmerzen. Doch die Elektrode lässt sich nicht verschieben – und der Schmerz bleibt aus.
    Erschöpft wie von schwerster körperlicher Anstrengung, lasse ich meinen Arm wieder neben meinen Körper auf das Bett sinken. Ich schließe die Augen.
    Mein Herz klopft schmerzhaft gegen das Band um meine Brust, ich spüre seine heftig pochenden Stöße. Ich erkenne das Gefühl. Mein Herz hat Angst.
    Du musst keine Angst haben,
sagt eine Stimme in meinem Kopf.
    Ich lausche auf die Stimme. Wem gehört sie?
    Du darfst keine Angst haben,
wiederholt sie eindringlich.
    Ich starre nach innen. Aber die Stimme ist verschwunden. Mein Kopf ist erfüllt von weißem Nebel, so dicht, dass ich nicht durch ihn hindurchsehen kann. Da ist nichts als wabernde Masse ohne Substanz, die mir immer wieder entgleitet.
    Tessa.
    So hat die Medi mich genannt.
    Leise murmele ich den Namen vor mich hin.
    Tessa. Tessa. Tessa.
    Er hat keine Bedeutung.
    Die Angst breitet sich vom Herzen aus, durchströmt meinen ganzen Körper. Ich versuche, sie niederzuringen, doch sie fährt mir in die Arme und Beine, liegt wie ein schwerer Stein in meinem Magen, sodass mir übel wird, droht mich fast zu ersticken. Meine Füße beginnen unkontrolliert zu zucken.
    Das Piepen wird schneller, ein summender Gong ertönt.
    Augenblicklich schiebt sich die Glaswand ein Stück zur Seite und eine junge Medi betritt den Raum. Außer ihren Augen kann ich von ihrem Gesicht nichts erkennen, dennoch weiß ich, dass sie jung sein muss, denn sie trägt einen blauen Kittel. Blaue Kittel tragen die Medis, die sich noch in der Ausbildung befinden, grüne Kittel dürfen nur die fertigen Medis tragen.
    Woher weiß ich das?
    Und warum kann ich darüber nachdenken, während gleichzeitig die Angst meinen Körper schüttelt? Nun zucken auch meine Arme und Beine so heftig, dass es wehtut.
    Die Medi geht um mein Bett herum, kontrolliert den Monitor, über den neue Zahlen flackern, und greift nach meiner rechten Hand. Aus ihrem Kittel holt sie einen kleinen MediConverter. Die Oberfläche des Converters besteht aus einem TouchPad, an einer Seite ragt ein durchsichtiger Schlauch heraus, der in einer schmalen Nadel mündet. Die Medi tippt auf das Pad, dann sticht sie die Nadel in ein Gelpolster auf der Oberseite meines Handschuhs. Durch den durchsichtigen Schlauch läuft eine hellgelbe Flüssigkeit in meine Hand.
    »Das wird dich beruhigen«, sagt sie und ihre Augen lächeln mir zu.
    Das Zucken lässt nach. Und auch die Angst verschwindet. Ich fühle mich wieder wie in Nebel gehüllt, beruhigenden Nebel, der alle Fragen, die auf mich eindringen, ausschließt. Als hätte es die Angst nie gegeben.
    Sechzehn.
Das ist mein Alter.
    Tessa Morten.
So lautet mein vollständiger Name, den der Namensgenerator nach meiner Geburt für mich ermittelt hat.
    Die Medis füllen mein leeres Hirn mit Informationen. Meinem Körper geht es besser. Schon am zweiten Tag nach meinem Erwachen schob
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