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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht
Autoren: Arnaldur Indridason
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Lehrer an dich erinnern?«
    »Hoffentlich nicht«, sagte Sigurður Óli. »In welcher Klasse war er?«
    Erlendur ging in die Küche.
    »Wir müssen wissen, in welche Klasse der Junge gegangen ist«, wandte er sich an die Dolmetscherin.
    Guðný ging ins Wohnzimmer, sprach mit Sunee und kehrte mit den gewünschten Informationen zurück.
    »Hat es hier in diesem Viertel irgendwelche ausländerfeindlichen Ausschreitungen gegeben?«, fragte Erlendur. »Nichts, was bis zu uns im Haus für Internationale Kontakte vorgedrungen wäre«, antwortete Guðný.
    »Aber Vorurteile? Hat die Familie davon etwas zu spüren bekommen?«
    »Das glaube ich kaum, jedenfalls nicht mehr, als es üblich ist.«
    »Wir müssen herauskriegen, ob es hier in diesem Stadtviertel fremdenfeindliche Vorfälle gegeben hat oder unterschwellige Feindseligkeiten«, erklärte Erlendur Sigurður Óli am Telefon und sagte ihm, in welcher Klasse Elías gewesen war. »Auch ob in anderen Vierteln etwas vorgekommen ist. Ich kann mich erinnern, vor nicht allzu langer Zeit von irgendwelchen Zwischenfällen gehört zu haben. Irgendjemand hat zum Messer gegriffen. Wir müssen das mit einbeziehen.«
    Der Tee war jetzt fertig, und Elínborg, Erlendur und die Dolmetscherin gingen zurück ins Wohnzimmer. Der Pastor zog sich zurück, und Guðný setzte sich zu Sunee. Elínborg holte sich einen Stuhl aus der Küche. Guðný redete auf Sunee ein, die zustimmend nickte. Erlendur hoffte, sie würde der Mutter erklären, dass die Ermittlung umso schneller vorankommen würde, je früher die Polizei genaue Informationen darüber bekam, was der Junge im Lauf des Tages unternommen hatte.
    Erlendur hielt immer noch den Apparat in der Hand. Er wollte das Handy in die Tasche stecken, zögerte aber und starrte es eine ganze Weile an. Er musste an den Jungen denken, den Zeugen, der Elías gefunden hatte und bereits ein Handy besaß, weil seine Mutter sich Sorgen um ihn machte, wenn er nach der Schule allein war.
    »Hat ihr Sohn ein Handy besessen?«, fragte er die Dolmetscherin, die seine Worte übersetzte.
    »Nein«, erklärte sie.
    »Und sein Bruder?«
    »Nein«, antwortete Guðný. »Sie besitzen keine Handys. Nicht jeder kann sich so etwas leisten«, ergänzte sie, und Erlendur hatte das Gefühl, als habe sie das aus eigenem Antrieb hinzugefügt.
    »Er geht hier ganz in der Nähe zur Schule«, sagte er.
    »Ja, beide Jungen sind auf derselben Schule.«
    »Wann hat Elías nachmittags frei?«
    »Sein Stundenplan hängt am Kühlschrank«, sagte die Dolmetscherin. »Dienstags ist er gegen zwei Uhr fertig«, fügte sie hinzu und schaute auf die Uhr. »Es ist drei Stunden her, seit er sich auf den Heimweg gemacht hat.«
    »Was hat er normalerweise nach der Schule gemacht? Kam er direkt nach Hause?«
    »Davon geht sie aus«, erklärte die Dolmetscherin, nachdem sie Sunee gefragt hatte. »Sie weiß es aber nicht ganz genau. Manchmal hat er Fußball auf dem Schulhof gespielt, aber meist ist er allein nach Hause gekommen.«
    »Was ist mit dem Vater des Jungen?«
    »Er ist Schreiner und lebt hier in Reykjavík. Sie haben sich voriges Jahr scheiden lassen.«
    »Ja, heißt er nicht Óðinn?«, sagte Erlendur. Er wusste, dass die Polizei versuchte, den Vater des Jungen zu erreichen, der noch nicht über den Tod seines Sohnes in Kenntnis gesetzt worden war.
    »Sunee und er haben kaum noch Verbindung. Elías war aber manchmal übers Wochenende bei ihm.«
    »Ist ein Stiefvater im Spiel?«
    »Nein«, erklärte die Dolmetscherin. »Sunee lebt mit ihren beiden Söhnen allein.«
    »Ist der ältere Sohn unter normalen Umständen um diese Tageszeit schon zu Hause?«, fragte Erlendur.
    »Sie kommen zu unterschiedlichen Zeiten nach Hause«, leitete die Dolmetscherin Sunees Antwort weiter.
    »Es gibt also keine festen Zeiten?«, fragte Elínborg.
    Guðný wandte sich Sunee zu, und sie redeten eine ganze Weile miteinander. Erlendur sah, dass die Dolmetscherin Sunee durch ihre Anwesenheit Halt gab. Guðný hatte ihm und Elínborg gegenüber erklärt, dass Sunee fast alles verstünde, was auf Isländisch zu ihr gesagt werde, und dass sie sich auch ganz gut verständlich machen könne, aber sie war sehr korrekt und gewissenhaft, und wenn es ihr notwendig zu sein schien, nahm sie Guðnýs Hilfe in Anspruch.
    »Sie weiß nicht ganz genau, was die beiden tagsüber machen«, sagte die Dolmetscherin nach einer Weile, indem sie sich Elínborg und Erlendur zuwandte. »Beide haben einen Schlüssel für die Wohnung.
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