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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht!
Autoren: Susanne Fröhlich
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aus dem Nebenraum Anweisungen zu. Ein »bitte« wäre nicht schlecht gewesen. Hätte mir gut getan. Macht es doch jeden Satz irgendwie gefälliger. Aber bitte und danke sind leider für die meisten
meiner Kollegen Fremdworte. Selbst meine Tochter benutzt diese Worte häufiger als meine Redaktion. Und das will was heißen. Tim, ein Redakteur der ersten Stunde, seit Jahren bei diesem Sender, mittlerweile Redaktionsleiter, findet meine Ansprüche in dieser Hinsicht Zeitverschwendung. »Hier muss es zackig gehen, da kann man doch mal auf Formalitäten der spießigen Art verzichten«, hat er mir mal lang und breit erklärt, als ich mutig nach einem Hauch von »bitte« verlangt habe. Würden wir Herzen transplantieren und ich wäre die OP -Schwester, die das Besteck reicht, würde ich seinen Einwand durchaus verstehen. Da muss es auch mal ohne bitte und danke gehen. Aber wir hier machen schließlich nur Fernsehen. Tim hält Fernsehen aber für mindestens ebenso wichtig. »Wir berühren die Herzen unserer Zuschauer, sorgen für Emotionalität und erretten einsame Menschen«, hat er doch glatt mal in einem Gespräch gesagt. In einem Ton, dass man gedacht hat, er wäre der Entdecker der Relativitätstheorie. Mindestens. Dazu ist mir dann echt nichts mehr eingefallen.
     
    Also rufe ich die Mock an. Auch ohne bitte. Anett Mock ist Moderatorin. Beim Privatfernsehen. Ihre Sendung »Sonnenschein mit Mock allein« ein Renner. Deshalb kann man Anett Mock auch nicht einfach so anrufen. Anett Mock hat, wie alle wichtigen Menschen, eine Agentin. Eine richtige Superzicke. Kerstin Tritsch. Kerstin Tritsch vertritt einen Haufen Prominente, und deshalb muss eine niedere Senderangestellte wie ich sich mit Menschen wie Kerstin Tritsch gut stellen. Sonst kommen die großen Promis nicht zum kleinen Will. Und am kommenden Samstag ist die Mock unsere Studiokandidatin. Ich flöte ins Telefon: »Einen
herrlichen guten Morgen, Frau Tritsch, Schnidt hier, Andrea Schnidt von RMRT , grüße Sie«, eröffne ich das Gespräch. »Ach, Frau Schnidt, wurde ja mal Zeit, dass Sie sich melden«, kommt die knappe Antwort von der Tritsch. Kein »Guten Morgen« oder was Vergleichbares. Jetzt hätte ich Lust, einfach aufzulegen. Ich unterdrücke den Impuls und frage, wie die Quotenqueen Anett Mock zu uns anreisen möchte. »Anett fährt, wie Sie sicher wissen, nicht mit der Bahn.« Interessant. Wie will die denn dann von Köln nach Frankfurt kommen? Zu Fuß? Die Tritsch kann Gedanken lesen. »Anett wird selbstverständlich fliegen.« Von Köln nach Frankfurt. Ökologisch und ökonomisch ein Knaller. Aber Studiogäste sind die Könige. Wenn die Mock fliegen will, bitte sehr. Wir würden sie auch per Bobbycar abholen oder per Sänfte nach Frankfurt tragen, wenn die Dame es wünscht. »Kein Problem, Frau Tritsch, ich buche für Frau Mock Köln–Frankfurt und retour.« »Fein, Frau Schnidt, aber denken Sie dran, Frau Mock reist nur Business Class.« Selbstverständlich. So dürr wie die Mock ist, kann die ohne das Sandwich aus der Business Class den Tag wahrscheinlich nicht überstehen. Würde mit Hungerödemen in unserer Sendung auflaufen. Der Unterschied zwischen Holzklasse und Business Class ist nämlich das Sandwich. Und dass man seinen Mantel aufhängen kann. Und es gibt Zeitschriften. Serviceparadies Lufthansa. Wahnsinn. Das Zeitschriften-, Mantelaufhängen- und Sandwich-Programm kostet dann nahezu das Doppelte, aber wenn Frau Mock dadurch bei Laune gehalten wird, buchen wir ihr eben Business Class. In Wahrheit geht’s der sowieso nur um ihre Freimeilen. Fliegt man Business, bekommt man die doppelte Meilenzahl gutgeschrieben, und wenn’s um so was
geht, sind die meisten Promis Fachleute. Da staunt unsereins.
     
    Frau Tritsch reißt mich aus meinen Neidgedanken. »Denken Sie bitte daran, ein ordentliches Hotel zu buchen. Frau Mock ist zu bekannt, um in irgendeiner Klitsche zu übernachten.« Aha. Zu bekannt. Die tut grad so, als hätte ich die Mock in der Jugendherberge unterbringen wollen. Doppelstockbetten mit pickeligen Teenies aus mehreren Nationen, die dann nachts promigeil über sie herfallen würden. »Frau Mock mag den Frankfurter Hof recht gern«, lässt sie mich noch wissen. Prima, das Hotel mag unsere Honorarabteilung auch besonders gern. Da kriegen die sofort anfallartigen Schaum vorm Mund, schließlich kostet das Frühstück im Frankfurter Hof so viel wie anderswo die gesamte Übernachtung. »Ich tu, was ich kann, Frau Tritsch«, beende ich das
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