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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition)
Autoren: Stephanie Parris
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ausbreitet und die Stirn runzelt. Er umarmt Walsingham kurz, dann fällt sein Blick auf mich, und die Besorgnis in seinen Augen verstärkt sich.
    »Und das ist …?«
    Walsingham legt ihm beschwichtigend eine Hand auf den Arm.
    »Giordano Bruno. Ein äußerst loyaler Diener Ihrer Majestät«, fügt er mit einem viel sagenden Nicken hinzu.
    Der ältere Mann betrachtet mich einen Moment lang, dann erhellt sich seine Miene.
    »Aha. Dein Italiener, Francis? Der abtrünnige Mönch?«
    Ich neige bestätigend den Kopf. Es ist kein Kompliment, aber ein Titel, den ich mit einigem Stolz trage.
    »Als solchen pflegt mich die römische Inquisition zu bezeichnen.«
    »Doktor Bruno ist ein Philosoph , William«, berichtigt Walsingham milde.
    Der ältere Mann streckt mir eine Hand hin.
    »William Cecil, Lord Burghley. Francis hat sich lobend über Eure Talente geäußert, Doktor Bruno. Wie ich hörte, habt Ihr Ihrer Majestät in diesem Frühjahr einen großen Dienst erwiesen.«
    Meine Brust schwillt vor Stolz, und ich spüre, wie mir das Blut in die Wangen steigt. Walsingham geizt für gewöhnlich mit Lob, weswegen man sich nur umso mehr bemüht, es zu erringen, trotzdem hat er wohlwollend mit Lord Burghley über mich gesprochen – dem Schatzmeister der Königin und einem ihrer einflussreichsten Berater. Du Narr, tadele ich mich selbst lächelnd, du bist fünfunddreißig Jahre alt und kein Schuljunge mehr, der für seine Schreibkunst gelobt wird, obwohl ich mir in diesem Augenblick genau so vorkomme. Ich strahle weiter vor mich hin, aber Burghleys Gesicht wird wieder ernst.
    »Hier entlang, Gentlemen. Wir wollen keine Zeit verlieren.«
    Im Palast ist die Furcht nahezu greifbar zu spüren. Halb verdeckte Gesichter spähen ängstlich hinter Türen hervor, als unsere Schritte in den holzgetäfelten Korridoren widerhallen und die Flammen der Kerzen in dem Luftzug flackern, den wir verursachen. Unsere Schatten tanzen über die Wände, während Walsingham und ich Burghley folgen.
    »Fast hätte ich es vergessen, Francis«, sagt er über seine Schulter hinweg. »Wie war die Hochzeit?«
    »Es verlief alles glatt, danke. Ich habe das Fest verlassen, als es gerade in vollem Gange war. Der Himmel mag wissen, was von meinem Haus noch übrig ist, wenn Sidney und seine jungen Heißsporne ihr Trinkgelage beendet haben.«
    »Es tut mir wirklich leid, dass ich nach dir schicken lassen musste«, erwidert Burghley mit gedämpfter Stimme. »Wären die Umstände nicht so … nun, du wirst es ja sehen. Ihre Majestät hat ausdrücklich nach dir verlangt, Francis.« Er zögert. »Na ja – offen gestanden hat sie erst Leicester rufen lassen wollen. Aber ich dachte, dass der Earl nach einem Tag auf der Hochzeit seines Neffen …«
    Walsingham nickt.
    »Ich fand, du wärst der richtige Mann, um die Dinge in die Hand zu nehmen, Francis. Die Königin macht sich große Sorgen. Diese Sache hat sich innerhalb ihrer eigenen vier Wände ereignet, und die Auswirkungen …« Die Worte ersterben ihm auf den Lippen.
    »Ich verstehe. Zeig mir den Ort des Geschehens, William, und bring mich dann zur Königin.«
    Burghley führt uns zwei Treppenfluchten empor, deren Täfelung rot, grün und golden verziert ist, und dann einen aufwändig möblierten und merklich wärmeren Korridor entlang, an dessen Wänden Gobelins und Damasttücher hängen – vermutlich nähern wir uns den Privatgemächern der Königin. Auf dem Weg kommen wir an drei weiteren bewaffneten Männern in königlicher Livree vorbei. Burghley bleibt vor einer niedrigen Holztür stehen, vor der ein stämmiger Mann mit einem Schwert am Gürtel Wache hält. Der Schatzmeister nickt ihm zu, woraufhin dieser zurückweicht. Burghley legt die Hand auf den Riegel. Seine Schultern zucken.
    »Bitte, Gentlemen.«
    Die Tür schwingt auf, und ich folge Walsingham in eine kleine, von guten Wachskerzen erleuchtete Kammer, in der eine Gestalt reglos auf einem Bett liegt, dessen Vorhänge zurückgezogen wurden. Zuerst halte ich sie für einen jungen Mann; die Hosen und das Hemd deuten darauf hin, aber als wir näher treten, sehe ich das lange helle Haar, das über das Kissen flutet wie im Kerzenschein schimmernde Goldfäden. Das Gesicht der Frau ist geschwollen und violett angelaufen, die hervorquellenden Augen und die aus dem Mund ragende Zunge weisen darauf hin, dass sie erdrosselt wurde. Das weiße Leinenhemd, das sie trägt, ist vorne aufgerissen, aber die beiden Hälften sind so zurechtgezogen worden, dass die
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