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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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Hand, dachte kurz daran, was die eben noch im Gebüsch berührt hatte und beugte sich schnell runter zu ihrem Ruck­sack.
    »Elke, aus Köln«, sagte sie, holte ihre Flasche hervor, ging zum Wasser und füllte nach. »Du kennst dich wohl gut aus. Ich meine, wenn du weißt, wo es die letzten Tropfen gibt, wirst du schon mal hier gewesen sein.«
    Hubert nickte. »Ja, sicher, ich bin jedes Jahr mehrmals da. Im Sommer oder so wie jetzt im Herbst. Ohne ein paar Tage hier oben würde was fehlen. Die Zeit wär nicht recht vollständig für mich.« Er kramte in seinem Rucksack, holte eine Dose aus Aluminium hervor und öffnete sie. »Magst was davon?«
    Elke griff sich einige Nüsse und Rosinen und steckte alles gleichzeitig in den Mund. Beim Kauen fielen ihr wieder seine ungewaschenen Hände ein. Zu spät, dachte sie und würgte hinunter, was sie gerade aß. Mit einem Schluck Wasser spülte sie nach.
    »Na, du langst zu, das gefällt mir.« Hubert hatte sie beobachtet und war etwas näher herangekommen. Elke konnte seinen Schweiß riechen. Super, dachte sie, wir haben noch den ganzen Tag vor uns und der müffelt jetzt schon wie ein Ziegenbock. Sie drehte sich von ihm weg.
    »Eigentlich«, sie verstaute ihre Wasserflasche und setzte den Rucksack auf, »wollte ich allein wandern. Ich finde, dieses Gefühl, als Mensch einsam in der Bergwelt zu stehen, hat etwas sehr Beeindruckendes. Also, ich zieh dann mal weiter.« Hubert zuckte die Schultern und schloss die Aludose.
    »Wennst meinst, bitte schön. Wir sehen uns sowieso auf dem Weg immer wieder und heute spätestens bei der Gundi.«
    »Bei wem?
    »Na bei der Wirtin vom Koglerhaus.« Hubert hatte seinen Ruck­ sack ebenfalls geschnürt und aufgesetzt. Mit einem »Also!«, grüßte er knapp und ging an Elke vorbei den Pfad hinauf. Sie nestelte an ihren Rucksackriemen und wartete einen Augenblick.

    Scheinbar endlos zog sich die sogenannte Saugasse, das sich in Serpentinen schlängelnde Teilstück des Weges, steil nach oben. Monoton, mit gesenktem Blick setzte Elke einen Schritt vor den anderen. Steinbrocken und Unebenheiten forderten Aufmerksamkeit, wollte sie nicht umknicken oder stolpern. Ihr Gepäck kam ihr nun doppelt schwer vor. Was hast du alles dabei, überlegte sie. Sicher wieder was Überflüssiges. Ihr fiel dazu nur das Brot ein, das sie noch in Berchtesgaden gekauft hatte, ein paar Sü ßigkeiten, eine Handvoll Landjäger. Nicht mal einen Slip für je den Tag hatte sie eingepackt. Nein, eigentlich war nichts verzichtbar. Schließlich galt immer, egal wie das Wetter gerade war, sich auf Regen, Kälte und Wind einzustellen. Kein Pardon, du musst einfach weitergehen, ermahnte sie sich.
    Immer wieder unterbrach sie ihren Gang und nippte an der Wasserflasche. Ihr Gesicht war schweißnass. Langsam gewann sie an Höhe, doch der Weg hinauf nahm und nahm kein Ende. An den Felswänden über ihr drohten massige Überhänge. Wie lange die wohl noch halten, fragte sie sich. Irgendwann würden die hausgroßen Brocken hinunterkrachen. Aber nicht heute, bestimmte Elke für sich, das käm jetzt gar nicht gut.
    Sie sah auf die Uhr und auf die Wanderkarte. Nachdem sie abgeschätzt hatte, wo sie sich befand, verzog sie den Mund. Von wegen vier Stunden, dachte sie. Die vom Alpenverein haben ja ei nen Knall. Joggen die den Berg hoch, oder was? Ich bin schon fast drei Stunden unterwegs und hab immer noch nicht die Hälf te erreicht. Frustriert faltete sie die Karte zusammen. Beim Griff zur Wasserflasche merkte sie, dass ihr Trinkvorrat schon wieder zu Ende ging. Auch das noch.
    Dann musst du halt weniger schwitzen, entschied sie.
    Endlich schienen die Serpentinen der Saugasse aufzuhören, und der Pfad zog sich gerade und nicht ganz so steil zwischen zwei Bergen hinauf. Die Sonne hatte ihren Zenit erreicht, es war sehr warm geworden. Elkes Mund begann auszutrocknen. Die am Wegrand stehenden Farne und Alpenrosen nahm sie nicht mehr war, schleppte sich nur noch Fuß vor Fuß setzend weiter.
    »Ah, da bist du ja«, klang ein tiefer Bass an ihre Ohren. Elke sah vom Weg auf. Da, wo sie stand, zweigte ein Pfad ab, der zur Wimbachgrieshütte führte. So stand es auf dem Wegweiser. Sie schwenkte ihren Blick nach oben, in Richtung der Stimme. Auf ei nem Felsen inmitten von Sträuchern, thronte Hubert und lächelte ihr zu. Langsam erhob er sich und stieg zu Elke herunter. »Na, hast an Durst?«, fragte er und hielt ihr seine Flasche hin. Ohne zu antworten griff sie zu und machte einige tiefe Züge.
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